Cum-ex

Wo ist das Problem?

Gastautor Thomas Fischer ist Verteidiger im ersten Cum-ex-Prozess, der mit einer Freiheitsstrafe endete. Für die Börsen-Zeitung kommentiert er die gesellschaftliche Debatte zum Thema.

Wo ist das Problem?

Das zuletzt in der ARD-Produktion „Der Milliardenraub“ verbreitete Narrativ einer Staatsanwältin aus Köln, die im Cum-ex-Komplex eine internationale Finanzmafia jagt, unterliegt einem Rückschaufehler.

Auf der Hand liegt: Eine „Erstattung“, von was auch immer, ist der Rückfluss einer zuvor hingeflossenen Leistung. Wenn eine Geldsumme einmal gezahlt, aber zweimal erstattet wird, kann etwas nicht stimmen. Bezogen auf „Cum-ex“: Niemand darf sich eine Steuer zweimal erstatten lassen, die er nur einmal bezahlt hat.

Ganz so einfach wie die Hinterziehung von Einkommen- und Umsatzsteuer, die von vielen Millionen braver Bürger als eine Art Freiheitskampf verstanden wird, ist die Steuerhinterziehung mittels Cum-ex-Geschäften aber nicht. Es gibt da niemand, der „sich“ zweimal Steuer erstatten lässt, und die Behauptung, die Tat bestehe darin, Aktien so oft hin und her zu verkaufen, bis die Finanzämter die Übersicht verlieren, ist zwar dem Hütchenspieler vertraut, aber trotzdem nicht wahr.

Ein Problem ist: Die „Mafia“ muss in der Logik der „Jäger“ immer schon vorausgesetzt werden, um die Taten identifizieren zu können, deren Begehung ihre Existenz angeblich erst beweist. Es geht bei den „Anklagen am Fließband“, die der Justizminister angekündigt hat, daher stets ums „System“. Verfolgt werden nicht Individuen, sondern „Cum-ex“ oder die „organisierte Kriminalität“, so dass ein persönlicher Tatvorsatz gar nicht mehr in Frage steht: Wer ins Visier der „jagenden“ Staatsanwaltschaft gerät, kann nur noch „Kronzeuge“ oder verstockter Verbrecher sein; Unschuldige kommen nicht mehr vor.

In der ARD-Reality-Show drängte sich der Eindruck eines quasireligiösen Moralfeldzugs auf. Die Erfahrung zeigt, dass es gefährlich ist, wenn Moralschlachten mit Mitteln des Strafrechts und dem Anspruch auf Unfehlbarkeit geführt werden. Es entspricht der Empörungskultur, ist aber wenig förderlich für die Rechtskultur. Daher ist es auch im allgemeinen Interesse zu kritisieren.

Den vollständigen Gastbeitrag lesen Sie in der morgigen Ausgabe der Börsen-Zeitung.

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