Finanzplatz Hamburg

Bankenstandort mit Tradition und Potenzial

Kurze Wege in die Welt: Fünf Aspekte unterstreichen Hamburgs führende Rolle in der Bankenlandschaft.

Bankenstandort mit Tradition und Potenzial

Hamburg ist nicht nur eine wunderschöne Stadt, sondern für die Finanzwirtschaft auch von besonderer Bedeutung. Als zweitgrößter Bankenstandort Deutschlands beherbergt Hamburg die meisten Privatbanken. Und die Hamburger Börse ist immerhin die älteste Börse Deutschlands – auch wenn sie heute nach Frankfurt und Stuttgart nur Platz 3 im bundesweiten Ranking belegt. Aber genau diese Geschichte der Hamburger Börse ist es, die verdeutlicht, wie wichtig der Blick nach vorne ist, wenn man Tradition erhalten möchte.

Mit Gründung der BÖAG Börsen AG im Jahre 1999 als Trägergesellschaft der Wertpapierbörsen Hamburg und Hannover wurde ein starker, gemeinschaftlicher Handelsplatz geschaffen, der sich im hart umkämpften Finanzmarktumfeld behauptet. 2017 kam außerdem die Börse Düsseldorf hinzu. Durch diese Bündelung des Know-how der drei Börsen profitieren alle von den Synergien unter dem Dach der BÖAG – mit dem Ziel, die Wettbewerbsposition mit attraktiven Angeboten für den Handel von Finanzprodukten zu stärken und auszubauen.

Viele Superlative

Doch noch einmal zurück zu Hamburg an sich: Superlative bietet die Hansestadt im Allgemeinen sehr viele. Hier gibt es den größten Parkfriedhof und die älteste Polizeistation der Welt, hier werden die meisten Sozialwohnungen im Landesvergleich gebaut, nirgends in ganz Europa gibt es mehr Wochenmärkte als zwischen Elbe und Alster. Weniger bekannt aber dürfte sein, dass in Hamburg deutlich mehr Beschäftigte in der Finanzwirtschaft tätig sind (4,15%) im Vergleich zum Bundesdurchschnitt (2,7 %).

Auch die Bruttowertschöpfung wird in Hamburg mit 5,5 % sehr viel höher durch die Finanzbranche erwirtschaftet als im Bundesgebiet (3,9 %). Um noch ein paar absolute Zahlen hinzuzufügen: Mit rund 7 000 Unternehmen und mehr als 50 000 Beschäftigten ist die Finanzwirtschaft in der Metropolregion Hamburg beeindruckend groß. Im Einzugsgebiet des Norddeutschen Bankenverbandes, also in Hamburg, Bremen und Niedersachsen, arbeiten allein im privaten Bankensektor mehr als 17 000 Menschen. Da steckt eine Menge Potenzial. Fünf Thesen für eine führende Rolle Hamburgs als Bankenstandort zeigen, worin dieses Potenzial besteht, wie es sich heben lässt und welche Chancen noch nicht genutzt werden.

Als Stadtstaat sind die Wege in Hamburg kurz. Senat, Rathaus, Handelskammer und Börse liegen in unmittelbarer Nachbarschaft, Entscheidungen können nicht nur kurzfristig getroffen, sondern unmittelbar umgesetzt und validiert werden. Enge Partnerschaften und Netzwerke sowohl innerhalb der Stadt als auch über nationale und internationale Landesgrenzen hinaus sorgen für Handlungsfähigkeit. Der Handel hat mit der hanseatischen Kaufmannstradition in Hamburg eine lange Geschichte. Hier zählen noch heute der Handschlag und das gesprochene Wort. Ehrbare Tugenden wie Bescheidenheit, Bedachtsamkeit, Weitsicht, Verlässlichkeit und Offenheit prägen das wirtschaftliche Leben der Stadt und machen Hamburg zu einem einzig­artigen Wirtschaftsstandort.

Zu den Stärken Hamburgs gehört die Vielzahl etablierter Traditionsbanken und Kapitalan­lagegesellschaften, die über Jahrhunderte hinweg die Stadt als Handels- und Wirtschaftsstandort getragen haben – sowie die sehr erfolgreich agierende Hamburger Börse. Als Handelsplatz bietet sie nicht nur das notwendige, geregelte Marktumfeld, um Wertpapiere zu tauschen – in einer Stadt wie Hamburg dient sie auch als wichtiger Anker für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit, die trotz Globalisierung und Digitalisierung nicht zu ersetzen ist. In enger Zusammenarbeit mit der Handelskammer bietet die Börse in Hamburg ein gemeinsames Dach für junge und aktive Unternehmen und geht als gutes Beispiel voran – schließlich ist die erwähnte Bündelung der Börsenstandorte nicht aus einer Not heraus entstanden oder als Bedrohung gesehen worden, sondern stets als Chance­.

Bei jungen Menschen beliebt

Derzeit ist Hamburg der viertgrößte Start-up-Standort Deutschlands, im Bereich der Jungunternehmen, die mit neuen Technologien die Finanzwirtschaft verändern wollen, ist die Tendenz stark steigend. Die Hansestadt ist dank ihrer hohen Lebensqualität bei jungen Menschen sehr beliebt und bietet durch ihre Vielzahl an etablierten Unternehmen nicht nur zahlreiche Ausbildungsangebote, sondern auch starke Netzwerke und erfahrene Partner, um eigene Geschäftsideen umzusetzen. Eine Stadt wie Hamburg ist der ideale Standort, um qualifizierte Arbeitskräfte zu binden.

Der Klimawandel, eine der drängendsten Herausforderungen der Menschheit, hat für viele sogar existenzielle Bedeutung, aus der massive Fluchtbewegungen resultieren können. Auch volkswirtschaftlich, gesellschaftlich und für Unternehmen ergeben sich enorme Implikationen, wenn man allein an die immer gravierenderen Schäden durch Ex­tremwetterereignisse denkt. Am Gelingen der Energiewende ist der Finanzsektor als Geldgeber maßgeblich beteiligt. Die Abwendung von klimaschädlichen Investitionen – etwa im fossilen Energiesektor – und die gezielte Förderung von Projekten, die einen klimafreundlichen Ansatz verfolgen, sind nicht nur eine Frage der Haltung, sondern wichtiger Baustein auf dem Weg zur Erreichung der globalen und nationalen Klimaziele.

Der Finanzsektor ist bereit, einen wichtigen Beitrag zu leisten. Schon heute richten sich Anleger, Vermögensverwalter und Banken bei der Kapitalanlage nach ESG-Kriterien (ESG steht für Environment, Social, Governance). Bei der Kreditvergabe und bei Versicherungen werden Umweltrisiken gesondert bewertet und entsprechend in Risikokalkulationen und Konditionengestaltung einbezogen. Die EZB-Bankenaufsicht startet Anfang 2022 ihren Stresstest zu Klimarisiken. Alle Maßnahmen sorgen für die zielgerichtete Allokation von Kapital zur Unterstützung der notwendigen Transformation der Wirtschaft.

Enger Schulterschluss nötig

Was Hamburg jetzt braucht, um seine führende Rolle als Bankenstandort in einer attraktiven Metropolregion nicht nur zu stärken, sondern visionär auszubauen, ist also ein enger Schulterschluss zwischen der Finanzwirtschaft, der Handelskammer, dem Hamburger Senat und der Universität – so wie es im Masterplan des Finanzplatzes Hamburg e.V. formuliert ist. Es geht darum, Start-ups mit dem notwendigen Risikokapital auszustatten, Nachwuchs zu fördern und innovative Ideen hereinzulassen. Die Digitalisierung, insbesondere die Entwicklungen der Blockchain-Technologie, werden auch in der Finanzbranche eine revolutionäre Rolle spielen – die stetig wachsende Zahl junger Fintech-Unternehmen ist der lebende Beweis.

Wenn es dann noch gelingt, den Nachwuchs nicht erst dann zu erreichen, wenn er in der Gründungsphase seines Jungunternehmens steckt, sondern schon viel früher (Stichwort Finanzbildung), dann ist nicht nur dem Standort Hamburg geholfen, sondern einer ganzen Generation – und den nachfolgenden. Eine Vision könnte sein, dass wir in 30 Jahren, zum 100-jährigen Jubiläum der Börsen-Zeitung, von einer Generation lesen, die dank klugem und frühzeitigem Vermögensaufbau eltern- und staatsunabhängig aus den besten Ausbildungsangeboten wählen kann und die dann mit sinnvollen und verantwortungsbewussten Investitionen be­ziehungsweise mithilfe des Finanzsektors zu einer besseren, klimaneutralen und zufriedenen Welt beiträgt. Denn eines ist klar: Ohne Innovationen, ohne die künftigen Fortschritte bei der effizienten Nutzung vorhandener Ressourcen wird der Kampf gegen den Klimawandel nicht erfolgreich sein.

Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass die Politik auf den gesellschaftlichen Wertewandel der vergangenen Jahre reagiert. Die Menschen erwarten zielgerichtete, konkrete und schnelle Umsetzungsschritte auf dem Weg in die dekarbonisierte Zukunft der Produktion, der Mobilität und der Wärme- sowie Stromerzeugung.

Die Aufgabe der Politik ist es, die notwendigen verlässlichen Rahmenbedingungen und Anreizsysteme zu schaffen, damit individuell erarbeitete Lösungsansätze von Unternehmen und jedem von uns, viele kleine Schritte also, sich zu einem großen entscheidenden Fortschritt in Richtung einer sicheren Zukunft für kommende Generationen entwickeln. Die Finanzwirtschaft in Deutschland – insbesondere auch in Hamburg, einer Region, die aufgrund ihrer geografischen Lage von den Auswirkungen des Klimawandels in besonderem Maße betroffen wäre – steht bereit, ihren Beitrag zu leisten.