Drogenpolitik

Cannabis-Legalisierung in Deutschland und Luxemburg

Gesetzesvorhaben sollten nicht nur in den Nachbarländern synchron verlaufen.

Cannabis-Legalisierung in Deutschland und Luxemburg

Die deutsche Ampel-Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten, die Drogen- und Suchtpolitik neu auszurichten, und plant, die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in lizenzierten Geschäften einzuführen. Auch in Luxemburg gibt es seit 2018 auf Regierungsebene die Überlegung, Cannabis zu legalisieren. Auch wenn diese Pläne weder in Luxemburg noch in Deutschland derzeit als weit fortgeschritten bezeichnet werden können, ist eine zumindest teilweise Legalisierung in absehbarer Zukunft in beiden Ländern doch sehr wahrscheinlich geworden. Während die Diskussionen über gesundheitliche und gesellschaftliche Chancen und Risiken auf nationaler Ebene in vollem Gange sind, finden Überlegungen, wie sich eine Legalisierung auf die grenzüberschreitende Finanzwirtschaft auswirken könnte, noch kaum statt.

Bedeutung der Legalisierung

Doch was bedeutet „Legalisierung von Cannabis“ eigentlich? Bei dem Begriff „Cannabis“, sind folgende grundsätzliche Unterscheidungen vorzunehmen: Produkte der Cannabis-Pflanze, die kein Tetrahydrocannabinol (THC) enthalten und deshalb nicht als Betäubungsmittel taugen, sind von Produkten mit einem THC-Gehalt abzugrenzen. Letztere sind wiederum hinsichtlich ihrer Verwendung zu unterscheiden. THC-haltige Produkte sind bereits als Medizinalhanf, seit März 2017 in Deutschland und auch seit Juli 2018 in Luxemburg, zum medizinischen Gebrauch erhältlich.

Luxemburg hat beispielsweise im Jahr 2021 von der deutschen Tochtergesellschaft der kanadischen Firma Tilray Medizinalhanf bestellt. In Deutschland wird medizinisches Cannabis durch die Cannabisagentur beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bezogen. In diesem Sektor hat somit eine Legalisierung, eingebettet in eine strenge Regulierung, die alle arzneimittel- und betäubungsmittelrechtlichen Vorgaben berücksichtigt, bereits stattgefunden. Die aktuelle Diskussion betrifft deshalb auch nur THC-haltige Produkte für den Freizeitgebrauch, also als Rauschmittel.

Ebenso muss man den Begriff „Legalisierung“ genauer unter die Lupe nehmen. Was bedeutet Legalisierung eigentlich, und würde sie letztlich auch alle Teile einer zukünftigen Cannabis-Absatzkette, die sich aus Kultivierung, Verarbeitung, Werbung, Vertrieb, Besitz und Konsum zusammensetzt, erfassen? Rechtsfolgen reichen von legal über ordnungswidrig, illegal – aber geduldet bis hin zu mit Geld- und Haftstrafen streng sanktioniert. Diese Rechtsfolgen werden zurzeit in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich auf die verschiedenen Glieder der Cannabis-Absatzkette angewendet.

Meist ist der nichtöffentliche Konsum von Marihuana legal, der Besitz für den Eigengebrauch nur entkriminalisiert, weil entweder keine Geld- oder Haftstrafen mehr drohen oder die Strafverfolgungsbehörden von einer Verfolgung absehen. In den Niederlanden ist ebenfalls, entgegen landläufiger Auffassung, nur der Verkauf in Coffeeshops legal, nicht aber der vorgeschaltete Teil der Absatzkette. Nur in Kanada ist nicht nur der Konsum, sondern auch die Produktion, der Besitz und Verkauf seit 2018 legalisiert und reguliert. In den USA ist dagegen nur in einigen Bundesstaaten der Konsum, Besitz und der Eigenanbau legal.

Diese sehr uneinheitliche Situation zeigt, dass eine zukünftige Legalisierung nicht nur im Interesse der Hersteller, Vertreiber und Konsumenten von Cannabis, sondern vielmehr auch im Interesse der Finanzwirtschaft und der Investoren eine vollkommene Legalität der gesamten Absatzkette zum Ziel haben sollte und nicht nur ein Absehen von Strafverfolgung. Ansonsten kann keine Rechts- und Investitionssicherheit erzeugt werden. Ein multinationaler Ansatz wäre zudem gegenüber einem rein nationalen Lösungsansatz mit Blick auf grenzüberschreitende Finanzströme und -transaktionen klar vorzugswürdig, wenngleich dies derzeit wenig realistisch ist.

Stand der Gesetzesvorhaben

In Deutschland liegt derzeit noch kein Gesetzesentwurf vor. Dem Koalitionsvertrag ist lediglich zu entnehmen, dass neben der bereits bestehenden Legalität des Konsums auch die „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in lizenzierten Geschäften“ erlaubt werden soll. Dies würde bedeuten, dass im Falle einer gesetzlichen Umsetzung auch der Besitz und der Vertrieb legal werden würden. Zu der Produktion und anderen Aspekten findet sich noch keine Aussage, womit ein wesentlicher Teil der Vertriebskette derzeit unberücksichtigt erscheint.

Auch in Luxemburg ist das ursprünglich angekündigte Gesetzesvorhaben zur Legalisierung nicht wirklich vorangeschritten, was unter anderem mit der Pandemiebekämpfung zusammenhängt. Nach dem letzten Stand soll es zuerst einmal nicht zu einer völligen Legalisierung, sondern nur zu einer erweiterten Eigengebrauchslegalisierung kommen. Haushalten soll es demnach erlaubt sein, in begrenztem Umfang Cannabispflanzen zum privaten Gebrauch anzubauen. Hierfür ist beabsichtigt, die Produktion und den Handel von Saatgut weitestgehend unbeschränkt zuzulassen. Auch der Erwerb und Besitz von geringen Mengen soll nur noch als Ordnungswidrigkeit angesehen und Geldstrafen sollen stark herabgesetzt werden.

Folgen fehlender Legalität

Derzeit sind Investments mit Bezug zu Cannabis, aufgrund der fehlenden Legalität in Deutschland und Luxemburg, nur sehr eingeschränkt möglich. Im September 2018 hatte die luxemburgische Fi­nanzaufsicht CSSF den Handel und die Abwicklung von Cannabis-Wertpapieren als illegal eingestuft, woraufhin die Deutsche Börse den Handel mit 145 Cannabis-Unternehmen einstellen musste, da sie ausländische Wertpapiere bei ihrer luxemburgischen Tochter, der Clearstream Banking Luxemburg, verwahrt. Noch bis heute können nicht alle Wertpapiere, die von Cannabis-Firmen begeben wurden, auch von Clear­stream als zugelassen eingestuft und abgewickelt werden.

Wichtigstes Merkmal für die Einstufung ist, ob der Hauptgeschäftszweck bei Medizinalhanf oder illegalem Cannabis liegt. Clearstream hat eine Liste mit derzeit 23 zugelassenen kanadischen und amerikanischen Wertpapieren veröffentlicht, die einem nur eingeschränkten Asset Servicing unterliegen. Wertpapiere, die sich nicht auf dieser Liste finden, sind nicht zugelassen. Eine umfassende Legalisierung von Cannabis in Luxemburg und Deutschland würde diese Einschränkung aufheben und den Wertpapierhandel an der Frankfurter oder Luxemburger Börse sowie die Wertpapierabwicklung über ­Clearstream mit Bezug auf diese Assetklasse vollständig ermöglichen. Aufgrund von Nachholeffekten wäre, zumindest anfänglich, mit erheblichen Handelsvolumina und Neuemissionen auch von derivativen Finanzprodukten zu rechnen.

Ähnliche Einschränkungen

Ähnliche Einschränkungen gelten für nicht börsennotierte Wertpapiere und andere Investitionen in Cannabis-Unternehmen. Gleichwohl es keine offizielle Stellungnahme der CSSF zu Fondsinvestments in Cannabis-Produkte gibt, ist die Einschätzung am Ende doch die gleiche. Investmentfonds in Luxemburg können aufgrund der derzeitigen Rechtslage rechtssicher nur in Unternehmen (im Fall alternativer Investmentfonds) beziehungsweise in Wertpapiere von Unternehmen (bei OGAW-Fonds – OGAW steht für Or­ganismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren), mit eindeutigem Bezug zu medizinischem Cannabis investieren, vorausgesetzt, die Anlagepolitik und das Risikoprofil des Fonds lassen ein solches Investment überhaupt zu.

Auch für Finanzinstitute dürfte erst nach einer völligen Legalisierung der Punkt gekommen sein, Ge­schäftsfelder auf diese Assetklasse auszurichten. Eine teilweise oder nur nationale Legalisierung bei grenzüberschreitenden Strukturen würde im Prüfungsprozess ansonsten nur „red flags“ erzeugen.

Für die Verwendung luxemburgischer Holdingstrukturen bleibt einstweilen der genaue Gesetzestext der luxemburgischen Regierung und der Umfang der Legalisierung abzuwarten, um entscheiden zu können, inwieweit eine Holding für ausländische Beteiligungen als nicht illegal einzustufen ist. Bis dahin gilt auch hier die Beschränkung auf Medizinalhanf-Unternehmen.

Fazit – Zur möglichen kontrollierten Abgabe von Cannabis zum „Freizeitgebrauch“ kann und darf man unterschiedlicher Meinung sein. Der kanadische Legalisierungsprozess ist eben auch ein gutes Lehrbeispiel für überzogene Erwartungen, Börsen­hype und anfängliche Infrastrukturschwächen. Zudem darf man nicht vergessen, dass ein zukünftiger Regulierungsrahmen einen etablierten, kriminellen Schwarzmarkt er­setzen soll.

Die Legislative ist deshalb nicht zu beneiden, in diesem Fall Chancen und Risiken abzuwägen und ein durchdachtes Gesetz zu beschließen. Denn es ist jetzt schon absehbar, dass ein Gesetzesvorhaben, das eine vollkommene Legalisierung zum Ziel hat, sich als äußerst komplex darstellen wird. Seine Auswirkungen lassen sich zudem nicht auf den einzelnen EU-Mitgliedstaat be­schränken. Deshalb wäre es wünschenswert, wenn die Gesetzesvorhaben in den nicht nur über Clear­stream eng verbundenen Nachbarländern Deutschland und Luxemburg synchron verliefen. Denn sollte es tatsächlich zu einer Legalisierung von Cannabis kommen, würde diese ein erhebliches Potenzial für die Finanzindustrie in beiden Ländern in sich bergen.