Greenwashing

BaFin-Vorschläge bereiten Immobilienfonds-Anbietern Verdruss

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht will mit der in Arbeit befindlichen Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen den Gefahren des Greenwashings begegnen. Für Kapitalverwaltungsgesellschaften und Vertriebe von Immobilien-Investmentvermögen verbleiben bislang mehr Fragen als Antworten.

BaFin-Vorschläge bereiten Immobilienfonds-Anbietern Verdruss

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) will mit der in Arbeit befindlichen Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen den Gefahren des Greenwashings begegnen. Gerade für Kapitalverwaltungsgesellschaften und Vertriebe von Immobilien-Investmentvermögen verbleiben bislang mehr Fragen als Antworten.

 Das Ansinnen der  BaFin ist löblich. Privatanleger müssen sich darauf verlassen können, dass ein von ihr genehmigtes Investmentvermögen sich nicht grüner vermarktet, als es ist. Die Bezeichnung, die Anlagebedingungen und alle Verkaufsunterlagen müssen eine eindeutige, faktenbasierte Anlageentscheidung ermöglichen. Kein professionell aufgestelltes Unternehmen am Markt wird das bestreiten.

Dass die BaFin dies zum Anlass nimmt, ihre Verwaltungspraxis zu konkretisieren, und dabei den Rat von Experten einholt, ist richtig. Noch mehr: Intelligente Verwaltungspraxis sollte sogar die Chance ergreifen, dem höheren politischen Ziel der Bekämpfung des Klimawandels einen Dienst zu erweisen.

 Inzwischen liegt ein neuer Entwurf vor, und die Auswertung ist abgeschlossen. Weiterhin bestehen starke Zweifel am jetzt eingeschlagenen Weg. Im Vergleich zu den im Frühjahr vorkonsultierten Entwürfen hat es zwar deutliche Verbesserungen gegeben. Die BaFin hat zugehört und Input aus der Praxis berücksichtigt. Insbesondere wurde nun von eigenständigen und unklaren Kriterien für Immobilienfonds Ab­stand genommen. Diese hatten unberücksichtigt gelassen, welche Differenzierungen und Kompromisse die EU-Sustainable-Finance-Technical-Expert-Group über Monate hinweg in Brüssel herausgearbeitet hatte. Die Kritik von allen Seiten ließ nicht lange auf sich warten.

Kritisch bleibt aber weiterhin das Zusammenspiel zur EU-Gesetzgebung. Mit der Taxonomie- und der Offenlegungsverordnung sowie  der Mifid-Anlageberatung sind bereits auf der EU-Ebene vielschichtige Anforderungen eingeführt worden, auf deren Umsetzung sich die deutsche Kapitalverwaltungsgesellschaften intensiv vorbereiten. Teile davon sind indes auch noch im Fluss und werden sich erst in den nächsten Monaten konkretisieren, insbesondere die weiteren Produktkriterien der Investmentvermögen nach Artikel 8 und 9 der Offenlegungsverordnung.

Hervorzuheben ist insbesondere der fehlende Einklang zur ESG-Präferenz des Anlegers, dessen Ermittlung bereits durch die Vorgaben der EU-Finanzmarktrichtlinie­ (Mifid) ab dem 2. August 2022 gelten wird. Mit der nun von der BaFin vorgelegten Mindestinvestitionsquote von 75% in nachhaltige Vermögensgegenstände geht die deutsche Verwaltungspraxis weiter, als dies von der Mifid vorgesehen ist – ohne eine tie­fergehende Begründung zu liefern. Dies ist fraglich, denn die Mifid könnte man als das Herzstück des europäischen Anlegerschutzrechts hier auch als abschließend betrachtet haben – vor allem, wenn dieses Regelungsregime als solches keine Produktvorgaben macht.

Ohnehin ist die genannte Höhe von 75% so ambitioniert, dass Zweifel bestehen, ob sie den Markt tatsächlich anspornen oder eher ausbremsen werden. Zwar ist verständlich, dass man dem Vorwurf des Greenwashings auch mit harten Kriterien begegnen will. Neu geplante Investmentvermögen werden diese Quote auch mit einigen Anstrengungen erreichen können. Aber was machen wir mit den Bestandsfonds, die vor der Entscheidung stehen, in ihre Portfolien zu investieren? Eine starre Quote berücksichtigt nicht, dass gerade diese Investmentvermögen den höchsten Kapitalbedarf haben, um die ökologische Transformation des Gebäudebestands zu stemmen.

Und auf den Gebäudebestand kommt es ganz überwiegend an, wenn die Klimaziele der EU und Deutschlands erreicht werden wollen. EU-weit und höchst kontrovers diskutiert sind dabei die Anhebung von Sanierungsquoten, strengere Neubaustandards und insgesamt der bessere Einsatz von CO2-neutralen Energiequellen.

Wenn man schon auf der Ebene des Finanzaufsichtsrechts weitere Verwaltungsrichtlinien einführen wollte, müssten diese doch besser Perspektiven eröffnen und Investitionen anreizen, statt sie de facto zu erschweren. Dabei hilft eine nunmehr aufgenommene Bestandsschutzregel für bereits genehmigte Investmentvermögen nur bedingt weiter. Diese ist als Fixpunkt für alle neuen Investmentvermögen grundsätzlich richtig und sollte auch – allerdings ab dem Zeitpunkt der finalen Veröffentlichung der Richtlinie – gelten. Die kritische Frage bleibt aber, welche Regeln für die weiterhin im Vertrieb befindlichen be­stehenden Investmentvermögen gelten und welches Signal eine unterschiedliche Behandlung an den Wettbewerb sendet.

Mit einer von EU-Vorgaben abweichenden Verwaltungspraxis verbaut sich Deutschland die Chance, den Finanzplatz als Treiber für nachhaltige Investitionen auszurichten. In den meisten Fällen wird das Wort Goldplating – üblicherweise für überschießende nationale Gesetzgebung verwendet – zu schnell ge­wählt. Hier passt es aber. Ein nationales Parallelregime, das nicht nur konkretisiert, sondern verschärft, muss sich diesen Vorwurf gefallen lassen.

Mehr Schaden als Nutzen

Insgesamt entsteht damit der Eindruck, dass die fragmentierende Wirkung der Richtlinie weniger nützt als schadet und damit das Vorhaben insgesamt nochmals sehr kritisch hinterfragt werden sollte. Damit sei nicht gesagt, dass eigene Ideen der deutschen Verwaltungspraxis künftig nicht mehr auf den Tisch kommen sollten. In Anbetracht des bereits hohen Detailgrades der europäischen Regelungen muss sich Deutschland umso mehr in Brüssel und Paris positionieren und dort vor Ort einbringen. Nur dann gelingt die EU-weite Harmonisierung des Finanzaufsichtsrechts im Interesse einer starken Nachhaltigkeitspolitik.