Bundesbank lotet Entschlackung von Regulierung aus
Bundesbank lotet Entschlackung von Regulierung aus
Vorstand Michael Theurer setzt auf deutsche und europäische Vorstöße – Großbritannien oder Schweiz als mögliche Modelle für Vereinfachungen
Gerade kleinere Banken sollen von Vereinfachungen in der Regulierung und weniger bürokratischem Aufwand profitieren, sagt Michael Theurer. Vorstöße für entsprechende Verschlankungen seien bereits im Gange oder würden eruiert. Er machte aber auch klar: An Mindeststandards wird nicht gerüttelt.
Von Tobias Fischer, Frankfurt
Die Deutsche Bundesbank will Bankenregulierung vereinfachen, dabei aber keine Abstriche bei Mindeststandards machen. Im Zuge einer selbstkritischen Auseinandersetzung mit Regeln und Verfahren seien mehrere Ansatzpunkte ausgemacht worden, führte Michael Theurer, in der Deutschen Bundesbank für Bankenaufsicht zuständig, am Donnerstag beim Retail-Bankentag der Börsen-Zeitung aus.
So würden die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) gemeinsam mit der Finanzaufsicht unter die Lupe genommen, um Möglichkeiten der Verschlankung auszuloten. Das Regelwerk sei in den vergangenen Jahren stark gewachsen. „Ziel der Überprüfung ist eine Vereinfachung sowie eine noch stärkere Proportionalität und Risikoorientierung", sagte Theurer. Hier bestehe großes Potenzial, doch stehe der Prozess am Anfang.
Weitere Reformen möglich
Weitere Reformmöglichkeiten gibt es ihm zufolge im Reporting und bei aufsichtlichen Stresstests, außerdem arbeite die Bundesbank an der Vereinfachung verschiedener Richtlinien der europäischen Bankenregulierungsbehörde EBA mit. Zuvorderst kleinere Institute könnten von den Maßnahmen profitieren, sagte er.
Theurer blickte auch auf Länder wie die Schweiz, Großbritannien und die USA, in denen weitergehende Erleichterungen als in der EU eingeführt wurden. Sie seien gekennzeichnet durch geringe Bilanzsummen, die zudem nicht komplex seien und nicht über riskante Geschäftsmodelle verfügten.
Beispiel Großbritannien
So solle etwa in Großbritannien ein Schwellenwert von 20 Mrd. Pfund angesetzt werden, unterhalb dessen Erleichterungen gelten sollen oder sogar schon gelten wie im Berichtswesen. In Erwägung stünden Vereinfachungen für Kapitalanforderungen wie beispielsweise ein einziger Eigenkapitalpuffer und die Berechnung der Risikogewichte anhand vereinfachter Basel-Regeln.
„Im Ergebnis werden die Anforderungen also deutlich einfacher, damit aber auch weniger risikosensitiv und weniger individuell ausgestaltet“, so Theurer. Die Stabilität des Bankensystems werde ohne Abstriche beibehalten. Von Kapitalerleichterungen ist demnach insgesamt nicht auszugehen.
Basel III hat sich bewährt
Die bislang umgesetzten Basel-III-Regulierungen hätten sich bewährt. Theurer sprach sich für eine vollumfängliche Umsetzung des Bankenpakets durch die Europäische Union aus. „Von der vollständigen Umsetzung wollen und werden wir nicht abweichen – denn es handelt sich um einen umsichtig austarierten Kompromiss“, erklärte er. Der Regulierung sei es zu verdanken, dass das europäische Finanzsystem die Folgen der Corona-Pandemie und der Ausfälle der Silicon Valley Bank, der Credit Suisse und anderer ohne größere Schäden überstanden habe.
Die Effekte der Regulierung bezeichnete er unter dem Strich als positiv. Weder seien signifikant negative Einflüsse auf das Wirtschaftswachstum noch auf die Kreditvergabe zu erkennen. Zu den positiven Folgen der Regulierung zählten geringere Volatilität, Banken mit höheren Kapitalpuffern seien resilienter und erwiesen sich als zuverlässigere Kreditversorger der Realwirtschaft, vor allem in Krisenzeiten, hob der Bankenaufseher hervor.