Finanzstabilitätsbericht

Bundesbank warnt vor wachsenden Kreditrisiken

Die Bundesbank erwartet aufgrund der schwachen Konjunktur in Deutschland einen weiteren Anstieg von notleidenden Krediten in den Bankbilanzen. Die Notenbank sieht noch weitere Risiken für die Finanzstabilität und fordert zudem eine Vereinfachung der Regulierung.

Bundesbank warnt vor wachsenden Kreditrisiken

Bundesbank warnt vor wachsenden Kreditrisiken

Fragile Lage bei Gewerbeimmobilien – Drohender Kursrutsch an den Börsen – Forderung nach Vereinfachung der Regulierung

mpi Frankfurt

Die Bundesbank stellt wachsende Risiken für den Finanzsektor in Deutschland fest. So warnte die Notenbank am Donnerstag in ihrem Finanzstabilitätsbericht unter anderem vor einem Anstieg der Quote notleidender Kredite (NPL) in den Bilanzen der Banken. Bereits seit Ende 2022 gibt es eine Zunahme der NPL. „Diese Entwicklung scheint sich nunmehr zu verfestigen“, sagte Bundesbankvorstandsmitglied Michael Theurer. Zunächst hatte es notleidende Kredite vor allem im Bereich der Gewerbeimmobilienfinanzierung gegeben. Theurer beobachtet, dass die lang anhaltende konjunkturelle Schwäche Deutschlands inzwischen dazu geführt hat, dass der Anstieg der NPL-Quote zunehmend weitere Sektoren erfasst, etwa die Industrie.

Die Lage bei Gewerbeimmobilien bewertet die Bundesbank als „weiter fragil“. Die Preisentwicklung bei Wohnimmobilien deute dagegen auf eine Erholung hin. Wie angespannt die Lage im Gewerbeimmobilienbereich derzeit ist, verdeutlicht ein plötzlicher Kurseinbruch der Deutschen Pfandbriefbank vor wenigen Tagen. Am Montag war der Kurs ohne offensichtlichen Grund zeitweise um 17% eingebrochen. Analysten rätseln über die genauen Hintergründe, führen aber die Sorge vor schlechten Zahlen als mögliche Ursache an.

Drohende Verluste

Den Fall kommentiert die Bundesbank nicht. Sie äußert aber bezogen auf den Aktien- und Anleihemarkt allgemein die Sorge vor größeren und plötzlichen Marktkorrekturen. „Sorgen bereiten mir die hohen Bewertungen an den Finanzmärkten“, sagte Theurer. „Die Risikoprämien an den Aktienmärkten liegen unter ihren langjährigen Durchschnittswerten, vor allem in den USA.“ Es gebe daher ein „erhebliches Rückschlagpotential“ an den Finanzmärkten. Sollte es zu plötzlichen und größeren Marktpreiskorrekturen kommen, könnte dies bei Finanzintermediären erhebliche Verluste auslösen und so die Finanzstabilität möglicherweise beeinträchtigen.

Auf seiner Jahrestagung in Washington hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) im Oktober ebenfalls vor einem möglichen Kursrutsch an den Börsen gewarnt. Der IWF hatte die Warnung in Verbindung gebracht mit einer möglichen KI-Blase. Die Bewertungen von Unternehmen im Tech-Sektor seien hoch und die Hoffnung auf Produktivitätszuwächse durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz könnten sich eventuell als übertrieben herausstellen.

Fiskalpolitik bedroht Finanzstabilität

Die Bundesbank dagegen will ihre Warnung vor einer Kurskorrektur nicht in enger Verbindung mit den Entwicklungen im KI-Bereich sehen. „Das würde ich nicht so eng fassen“, sagte Theurer. Er sprach zudem von einer Nervosität bei manchen Anlegern, die er beobachte.

Eine weitere Gefahr für die Finanzstabilität macht die Bundesbank in der Fiskalpolitik aus. Die hohen Schuldenstände einiger Staaten verbunden mit einer nicht nachhaltigen Haushaltsplanung könnten zu plötzlichen Zinsanstiegen bei Staatsanleihen führen. So könnten Risiken in den Bankbilanzen entstehen. Aufgrund der engen Verflechtung des deutschen Bankensystems mit anderen europäischen Finanzakteuren könnten Zinsanstiege bei ausländischen Staatsanleihen auch bei hiesigen Banken zu größeren Verlusten führen.

Die derzeitige expansive Fiskalpolitik Deutschlands ist laut Theurer verkraftbar, sollte so jedoch nicht auf Dauer beibehalten werden. „Die jüngst veränderten nationalen Fiskalregeln garantieren weder die langfristige Tragfähigkeit noch die Einhaltung der EU-Fiskalregeln.“

Bundesbank will Vereinfachung der Regulierung

Theurer nutzte die Pressekonferenz zum Finanzstabilitätsbericht auch, um für die Vorschläge der Bundesbank und der BaFin zur Vereinfachung der Regulierung für kleinere Institute zu werben, dem sogenannten Kleinbankenregime. Die Idee: Banken mit einer Bilanzsumme von unter 10 Mrd. Euro, einem klaren Fokus auf das Geschäft in der Eurozone und einem einfachen Geschäftsmodell könnten unter anderem von einer risikogewichteten Eigenkapitalberechnung befreit werden. Stattdessen sollen sie eine höhere Leverage Ratio als bisher erfüllen müssen. So fiele die komplexe und damit aufwendige Risikokalkulation weg, die Finanzstabilität sei aber nicht beeinträchtigt.

Zudem spricht sich die Bundesbank dafür aus, den antizyklischen Kapitalpuffer und den systemischen Risikopuffer zusammenzulegen. „Wenn wir Doppelanrechnungen abbauen, könnten die makroprudenziellen Puffer effektiver genutzt werden“, sagte Theurer.