US-Bankaktien

Das Blatt wendet sich

Die Gewinne der Wall-Street-Banken sprudeln auch zum Ende des vergangenen Geschäftsjahres. Aber es könnte sein, dass sie 2021 ihren Zenit überschritten haben.

Das Blatt wendet sich

Was ist denn da los? Dank sprudelnder Gewinne im Investment Banking schließen die Wall-Street-Banken das Geschäftsjahr mit großen Ge­winnen ab, aber die Aktienkurse brechen auf breiter Front ein. Was auf den erste Blick irritiert, ist der ewig gültigen Börsenweisheit geschuldet: Gehandelt werden die Gewinne von morgen.

Was das betrifft, haben die US-Banken derzeit nicht mehr so viel zu bieten. Nach dem Höhenflug, den die Aktienkurse von J.P. Morgan Chase, Citigroup und Goldman Sachs in den vergangenen Jahren verzeichnet haben, ist es für die Institute schwer geworden, den Erwartungen der Anleger gerecht zu werden. Hinzu kommt die der hohen Volatilität zu Beginn der Pandemie geschuldete Überzeichnung im Handelsgeschäft, die jede Normalisierung der Märkte wie einen Absturz aussehen lässt.

So lässt der Boom im Geschäft mit Firmenverkäufen die Kassen der Investmentbanker zwar weiter munter klingeln. Gleichzeitig steigen jedoch die Kosten der Institute, was zu einem Teil auf die steigende Inflation zurückzuführen sein mag, vor allem aber dem Schlendrian, der sich in jeder erfolgsverwöhnten Organisation unweigerlich einschleicht. Hinzu kommen die steigenden Gehälter und Boni, mit denen die Bank ihre Talente halten will, die zunehmend auch von Technologiekonzernen und hochbewerteten Start-ups um­worben werden. So stiegen bei Goldman Sachs allein im Schlussquartal die Personalkosten um 33 %.

Einiges spricht also dafür, dass die Gewinnentwicklung der US-Banken mit dem Rekordjahr 2021 ihren Zenit überschritten haben könnte. Spätestens jetzt scheint für viele Anleger daher der Moment gekommen zu sein, um auszusteigen. So erschreckend sich der Kurseinbruch bei Goldman Sachs auch ausnehmen mag, dürften viele Anleger, deren Ausstieg den Aktienkurs am Dienstag auf Talfahrt schickte, hochzufrieden sein. Denn trotz des fast zweistelligen prozentualen Rückgangs innerhalb eines Tages notiert die Aktie noch immer mehr als 25 % höher als vor einem Jahr.

Ob der US-Bankensektor nach den jüngsten Verlusten bereits wieder ein attraktives Einstiegsniveau erreicht hat, ist fraglich. Interessant dürften in nächster Zeit vielmehr die europäischen Banken werden, die angesichts der Rekordjagd der US-Konkurrenz von Investoren lange Zeit stiefmütterlich behandelt wurden. Gut möglich, dass die Resilienz, die etwa der Kurs der Deutschen Bank in den vergangenen Tagen trotz der schwachen US-Zahlen bewiesen hat, eine Hinwendung auf den europäischen Bankensektor signalisiert.