IM INTERVIEW: GEORG FAHRENSCHON

"Die Regulierungskeule trifft die Sparkassen doppelt"

Der DSGV-Präsident über die Bilanzprüfung der EZB und den Koalitionsvertrag, über seine Online-Offensive, die katholische Kirche und Bayern München

"Die Regulierungskeule trifft die Sparkassen doppelt"

– Herr Fahrenschon, Sie sind seit 20 Monaten DSGV-Präsident. Wie hat sich Ihr Leben verändert?Meine Metamorphose vom Politiker zum Interessenvertreter ist abgeschlossen. Es hat ein Perspektivenwechsel stattgefunden. Früher habe ich die Sparkassen-Finanzgruppe aus dem Blickwinkel des Kommunalpolitikers, des Abgeordneten oder des Finanzministers im Freistaat Bayern wahrgenommen. Dabei hat mich die Dezentralität der Gruppe schon immer fasziniert, aber heute erlebe ich sie von innen umso intensiver.- Sie fühlen sich wohl in Ihrem Amt?Wie ein Fisch im Wasser! Zweifeln Sie etwa daran?- Keineswegs. Was macht den Reiz der Dezentralität aus?Die breite Aufstellung und die Dezentralität sind das Lebenselixier unserer Finanzgruppe. Die Stadtsparkasse Bad Sachsa hat weniger als 50 Mitarbeiter, die Hamburger Sparkasse weit mehr als 5 000. Zwischen diesen Polen begegnet mir jeden Tag die ganze Vielfalt der Gruppe.- Ist die Dezentralität nicht anstrengend? Sie müssen sich mit Regionalfürsten herumärgern, die politisch ganz anders ticken als Sie, und Sie haben es mit den selbstbewussten Chefs von 417 eigenständigen Sparkassen zu tun.Sie unterschätzen unsere ganz klar dominierenden Gemeinsamkeiten, unsere Einigkeit und die Stärke, die in der dezentralen Ausrichtung unserer kommunal getragenen Gruppe mit ihren insgesamt rund 600 selbständigen Unternehmen liegt. Die öffentlich-rechtliche Säule der Kreditwirtschaft, so heterogen ihre Mitglieder sein mögen und so eigenständig diese im Tagesgeschäft agieren, erfreut sich heute einer ungeteilten, parteiübergreifenden Anerkennung. Sie müssen sich vor Augen halten, dass es noch vor acht bis zehn Jahren nicht nur bei unseren geschätzten privaten Wettbewerbern Kräfte gab, die den Sparkassensektor für altbacken und schlicht überflüssig hielten.- Die breite Anerkennung verdanken Sie der Finanzkrise.Die Anerkennung verdanken wir unserer Stabilität und den Strukturen, die dieser Stabilität zugrunde liegen und die Kraft der deutschen Volkswirtschaft ausmachen. Dazu gehören starke Städte und Gemeinden, ein gesellschaftlicher Aufbau, der sich von unten nach oben organisiert, der industrielle Mix, die mittelständisch geprägte Wirtschaft und nicht zuletzt die dazu passende dezentrale Kreditwirtschaft.- Wie hat sich Ihr Bild von der Finanzwelt verändert, seit Sie DSGV-Präsident sind?Die Kreditwirtschaft ist schon eine zutiefst regulierte Branche. Die Politik läuft Gefahr, unternehmerische Freiheiten stärker einzuschränken, als es unserer Wirtschaft gut tut. Das sehe ich mit großer Sorge.- Ein Beispiel?Die Übertragung des kundenorientierten Kapitalmarktgeschäfts der Landesbank Berlin (LBB) auf die DekaBank ist ein Beispiel, bei dem ich aus eigener Anschauung erfahren musste, in welch engem Rahmen Topmanager sich mittlerweile bewegen. Diese Strukturentscheidung innerhalb unserer Gruppe hätten wir vor zehn Jahren zwar intensiv abgewogen, aber mit Sicherheit in zwei, drei Sitzungen durchgezogen. Heute ist das ein in hohem Maße verrechtlichter Prozess, in dem ohne monatelange Begleitung von Wirtschaftsprüfern und Fachanwälten nichts mehr geht. Ich habe mitunter das Gefühl, dass wir uns mit Nebenbedingungen beschäftigen müssen und dadurch die unternehmerische Hauptaufgabe vernachlässigen: die wettbewerbsfähige Ausrichtung des Geschäftsmodells. Das ist für mich eine Lektion des Jahres 2013.- Ein anderes Schlüsselerlebnis dürfte der Sparkassentag im April in Dresden gewesen sein.Zweifellos. Der Deutsche Sparkassentag war eine wunderbare Gelegenheit, weniger als ein Jahr nach meinem Amtsantritt die mit 2 500 Mitgliedern vertretene Sparkassenfamilie in ihrer ganzen Bandbreite und Vielfalt zu erleben. Auch die Vernetzung der kommunikativen Elemente von hochrangigen Rednern, angefangen bei der Bundeskanzlerin bis hin zur Interaktion mit der Internetgemeinde – nehmen Sie als Beispiel Hans-Dietrich Genscher im Online-Chat – ist beim Sparkassentag eindrucksvoll gelungen.- Standen Sie bei Ihrem ersten Sparkassentag als Präsident nicht enorm unter Anspannung?Meine Mitarbeiter, die mich davor gewarnt hatten, dieses Großereignis zu unterschätzen, habe ich damit zu beruhigen versucht, dass ich ja schon ein paar CSU-Parteitage bestritten und vorbereitet habe. Im Nachhinein muss ich zugeben, ein Deutscher Sparkassentag hat dann doch noch einmal eine andere Qualität und Dimension. Spätestens da lernt man, die Leistungsfähigkeit unseres Verbandes wertzuschätzen. Bei einem solchen Familientreffen ist aber auch die Verantwortung besonders zu spüren, die auf einem liegt, wenn man Orientierung geben muss: Wohin geht der Weg, welche Meilensteine wollen wir erreichen, wie ist die Schrittfolge. “Dezentral bis auf die Knochen” zu sein ist eben auch eine große Herausforderung.- Sprechen wir über die leidigen Niedrigzinsen. Wie schlimm wird es für die Sparkassen? Und wie schlimm für die Sparer?Die Sparer werden zurzeit eindeutig durch die kalte Küche enteignet. Die Konsequenzen für die Altersvorsorge der Bürgerinnen und Bürger können brutal werden, wenn die Niedrigzinsphase noch lange anhält. Es besteht die reale Gefahr, dass sich riesige Versorgungslücken auftun.- Verstehen Sie sich als Sparerschützer?Selbstverständlich versteht sich der DSGV-Präsident als oberster Sparerschützer, und deshalb kritisiere ich diese Zinspolitik nicht erst seit heute mit Nachdruck. Was die Sparkassen selbst angeht: Wir müssen damit rechnen, dass wir 2013 aufgrund der niedrigen Zinsen einen Ertrag erwirtschaften, der zwar unter dem Ergebnis von 2012 liegt, aber insgesamt noch recht ordentlich ist. Dennoch sind wir natürlich mit unseren Eigenanlagen betroffen. Hier werden ausgerechnet jene Teile der Finanzwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen, die in der Krise stabilisierend gewirkt haben. Das gilt auch für die Lebensversicherer. Die Niedrigzinspolitik hat darüber hinaus eine Reihe nachteiliger Folgen.- Welche noch?Sicher kann man argumentieren, die EZB habe mit ihrer Politik zur Stabilisierung der Finanzmärkte beigetragen, indem sie Zeit gekauft hat. Aber das darf kein Dauerzustand sein, zumal die Zeit nicht für notwendige Strukturreformen genutzt wurde und die Ursachen der Krise mitnichten beseitigt sind, namentlich die maßlose Verschuldung der Mitgliedstaaten des Euroraums. Die Länder können im Gegenteil billig neue Kredite aufnehmen. Der Teufelskreis zwischen maroden Banken und überschuldeten Staaten bleibt bestehen. Die schwachen Banken in Europa jonglieren mehr denn je mit den Spreads zwischen billigem EZB-Geld und den Schuldtiteln ihrer Regierungen. So kaufen wir uns fatale “Nebenwirkungen” der Niedrigzinspolitik ein.- Banken und Staaten sind abhängig vom billigen Geld wie der Drogensüchtige vom Rauschgift, richtig?Mir kommen die Staaten vor wie ein Marathonläufer mit gebrochenem Bein, dem man Aufputschmittel verabreicht. So erreicht er aber nicht das Ziel, sondern er bekommt Herzkammerflimmern. Mittlerweile ist die ganze Weltwirtschaft vom billigen Geld abhängig. Ich habe es auf der Weltbanktagung in Washington erlebt: Der Druck kam dort nicht zuletzt von den BRIC-Staaten. Die warnten mit der Begründung vor Zinserhöhungen, dass ihnen dann das Kapital wieder abfließe, mit dem sie ihren Wirtschaftsaufschwung finanzieren.- Welche Erwartungen haben Sie an die große Koalition in Berlin?Der Koalitionsvertrag hat aus Sicht der Sparkassen Licht und Schatten. Er stellt einerseits die tragende Rolle heraus, die das dezentrale Kreditwesen für die Wirtschaft und die privaten Haushalte in Deutschland spielt. Andererseits bin ich mir nicht sicher, dass die Grundlagen, die CDU/CSU und SPD für die Finanzmarktregulierung gelegt haben, und das Bekenntnis zu den Finanzverbünden in die europäische Rahmengesetzgebung Eingang finden werden.- Warum so skeptisch?Nach meinem Eindruck hat die Einigung der großen deutschen Volksparteien auf der europäischen Ebene leider eine überschaubare Relevanz, zum Beispiel für die Europäische Kommission. Insofern dürfen wir gespannt sein, wie sich Parteien und Parteienverbünde für die Europawahl positionieren werden. Unterbelichtet erscheint mir im Koalitionsvertrag zudem das Thema Altersvorsorge. Der Bund profitiert, wie andere Staaten, von der Zinspolitik, indem er sich außergewöhnlich günstig refinanzieren kann. Daher hätte ich mir zusätzliche Anreize für die private Vorsorge gewünscht. Den Spielraum, die Folgen der Niedrigzinsen für die Sparerinnen und Sparer wenigstens ein Stück weit abzufedern, hätte die Koalition gehabt.- Wie sieht es mit der Wertpapierberatung aus?”Schwarz-Rot” will das Beratungsprotokoll praktikabler gestalten und zugunsten der Anleger weiterentwickeln, wie es im Koalitionsvertrag heißt. Das begrüßen wir. Ich kann die neue Bundesregierung nur ermuntern, rasch Korrekturen an den Stellen vorzunehmen, an denen die Regulierung in der Vergangenheit klar erkennbar übers Ziel hinausgeschossen ist. Das Beratungsprotokoll verleidet den Kunden die Wertpapieranlage, obwohl es gerade im aktuellen Zinsumfeld vernünftig wäre, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Das beklagen ja vor allem die Kunden selbst.- Was schlagen Sie vor?Ich könnte mir vorstellen, dass man in der Wertpapierberatung unterschiedliche Fallgruppen mit entsprechend differenzierten Dokumentationspflichten bildet. Damit wäre beiden Seiten gedient: den Kunden, die eine qualitative Beratung ohne übertriebenen bürokratischen Aufwand erhalten, und den Sparkassen und Banken, die nicht gezwungen wären, sich wegen eines Übermaßes an Regulierung aus der Fläche zurückzuziehen.- Was erwarten Sie von der Überprüfung der Bankbilanzen durch die EZB und vom Stresstest? Wird die Aktion Vertrauen schaffen?Hinter der Bilanzbewertung und dem Stresstest steht die Idee, dass nach der Aktion allen Marktteilnehmern in Europa wieder das gleiche Vertrauen entgegengebracht wird. Diese Zuversicht kann ich nicht teilen. Es gibt einen Qualitätsunterschied zwischen den als vertrauenswürdig angesehenen deutschen Sparkassen, Volksbanken oder auch bestimmten anderen Regionalbanken in Deutschland und Europa auf der einen Seite und denen, die durch ihre Machenschaften jegliche Reputation verspielt haben, auf der anderen Seite. Die Menschen lesen ja Zeitung, und da finden sie eine täglich länger werdende Liste von Schandtaten. Die Zinsmanipulationen sind nur ein besonders krasses Beispiel. Im Übrigen trägt auch die Renaissance kreativer Buchführung, die wir gerade erleben, nicht zur Vertrauensbildung bei.- Sie sprechen von der Hochschreibung der Anteile italienischer Banken an ihrer Zentralbank und der Eigenkapitalbildung durch Umwidmung von Steueransprüchen in Spanien.Ja, diese Vorgänge lassen tief blicken. Nach dieser “Logik” könnte man auch den Goldschatz der Bundesbank unter den Augen der EZB für die Eigenkapitalbeschaffung der deutschen Banken mobilisieren.- Was halten Sie von den Modalitäten des Bilanztests?Die EZB versucht, ihre eigenen Spielregeln durchzusetzen. Beispiel Rechnungslegung: Ausgerechnet die Bilanzierungsgrundsätze, die uns vor viel Irrsinn bewahrt haben, wie das Niederstwertprinzip, sollen en passant abgeschafft werden. Nach dem Motto: Die EZB orientiert sich an den internationalen Kapitalmärkten, und da gilt nun mal IFRS. Bei aller Wertschätzung für die geldpolitische Unabhängigkeit der Notenbank: In der Bankenaufsicht geht das so nicht.- Obendrein will die EZB ausschließlich in Englisch kommunizieren.Auch das ist nicht akzeptabel. Unabhängig von ihrer Aufgabe als Hüterin der Geldwertstabilität nimmt die EZB als Aufsichtsbehörde hoheitliche Aufgaben wahr. Dann muss sie sich auch an die in Europa geltenden Regeln halten. Jede andere europäische Institution bedient sich des Sprachendienstes der EU-Kommission und lässt ihre Arbeitsunterlagen in alle Amtssprachen übersetzen. Das ist auch kein Randthema!- Wie beurteilen Sie die Bankenregulierung seit Beginn der Krise aus Sicht der Sparkassen insgesamt?Die Regulierungskeule trifft die Sparkassen doppelt. Erstens können sie wegen des überzogenen Verbraucherschutzes ihrem Geschäft in Teilen nicht mehr sinnvoll nachgehen. Zweitens müssen sie permanent ihre IT aufrüsten, um die Anforderungen des ausufernden Meldewesens zu erfüllen. Die Zahlen und Verknüpfungen sind selbst in unseren hochmodernen Systemen nicht so auf Knopfdruck verfügbar, wie es sich die Notenbank zuweilen vorstellt. Und das Geld, das wir in Technik investieren müssen, will erst einmal verdient sein. Die regulatorischen Anforderungen sind für die Sparkassen einfach nicht mehr verhältnismäßig. Unsere Vorstände kennen ihre Märkte und ihre Kunden, und sie wissen, wie sie ihre Risiken sauber aussteuern.- Wie wird Ihre Gruppe in zehn Jahren aussehen? Geht die Konsolidierung weiter?Wir sind doch schon relativ weit. Denken Sie an die Deutsche Leasing, an die Berlin Hyp, die im neuen Jahr für die ganze Gruppe als gewerblicher Immobilienfinanzierer an den Start geht, oder an die DekaBank als Wertpapierhaus. Auch die öffentlichen Versicherer und die Landesbanken werden jeweils gemeinsame Projekte aufsetzen und gegebenenfalls weitere Schritte einleiten. Absehbar ist, dass wir nicht zuletzt Backoffice-Aufgaben noch stärker als bisher bündeln müssen, auch säulenübergreifend.- “Weitere Schritte” heißt Fusionen?Unsere Gruppe ist sich der Stärke bewusst, die in einer intensiven Zusammenarbeit liegt. Der enorme Kostendruck wird dazu führen, dass wir sämtliche Synergiepotenziale heben müssen, die diese Zusammenarbeit hergibt.- Sie haben vor knapp einem Jahr eine Online-Offensive angekündigt. Wie weit sind Sie auf dem Weg zur “Sparkasse 2.0”?Wir sind mit der technischen Umsetzung auf breiter Front gut unterwegs. Hier kommt uns zugute, dass wir unsere IT schon vor Jahren in der Finanz Informatik (FI) als gemeinsamem Dienstleister gebündelt haben. Das Jahr 2014 wird davon geprägt sein, dass sich die Sparkassen in den sozialen Netzwerken präsentieren und über die unterschiedlichen Vertriebskanäle einen durchgängigen Produktberatungsprozess etablieren.- Manche Mitglieder Ihrer Gruppe schienen ein wenig erschreckt zu sein über Ihre Ankündigung. Gibt es Widerstand?Der DSGV-Präsident muss in strategischen Fragen gelegentlich die Rolle des Unruheherds spielen. Ich habe das Thema “Sparkasse 2.0” bewusst so früh und prominent gesetzt. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Unser Durchschnittskunde sucht die Filiale zweimal im Jahr auf, während er die Sparkassen-App jeden zweiten Tag einsetzt. Auf dem Sparkassentag haben wir dann im Zusammenspiel mit der FI gezeigt, was wir auf diesem Gebiet können.- Was heißt das für Ihr Filialnetz?Die Filiale ist unsere Visitenkarte und als Anlaufpunkt ungebrochen von zentraler Bedeutung. Die Präsenz in der Fläche bleibt, weil der Kunde für komplexe Themen einen persönlichen Ansprechpartner vor Ort braucht. Und da sind wir mit 130 000 Mitarbeitern aus Fleisch und Blut in der Kundenberatung sehr stark aufgestellt. Aber wir versetzen diese Mitarbeiter gleichzeitig in die Lage, sich den Zugang zum Kunden auch über das Internet zu erschließen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir beide Welten ideal miteinander verknüpfen können.- Wie ist 2013 für die Sparkassen gelaufen? Die Ertragseinbußen durch die Niedrigzinsen haben Sie erwähnt. Welche Trends zeichnen sich sonst noch ab?2013 war alles in allem ein gutes Jahr, aber nicht auf dem Niveau der Jahre 2011 und 2012. Kredite waren lebhaft gefragt. Namentlich in der privaten Baufinanzierung hatten wir eine Sonderkonjunktur, die hier und da für eine teilweise Kompensation sorgt, aber tendenziell wird der erwähnte Ertragsausfall auf unser Ergebnis durchschlagen. Glücklicherweise bleibt der Wertberichtigungsbedarf im Kreditgeschäft überschaubar.- Dafür kostet die LBB-Beteiligung die Sparkassen noch einmal eine Milliarde Euro. Wann erwarten Sie Licht am Ende des Tunnels?Mir war es wichtig, jetzt einen klaren Schnitt zu machen. Das war nötig. Wir haben gemeinsam das Fundament freigelegt, auf dem jetzt die neue Berliner Sparkasse aufgesetzt werden kann. Dabei gehen wir davon aus, dass der tiefgreifende Umbau- und Transformationsprozess das Institut die nächsten drei Jahre intensiv beschäftigen wird. Nach Aussagen der unabhängigen Wirtschaftsprüfer gibt es gute Chancen, dass wir 400 bis 600 Mill. Euro der aktuellen Wertminderung in den nächsten drei Jahren wieder aufholen können.- Wie ist der Stand der Dinge bei der Neuordnung von DekaBank und LBB?Wir sind im Plan. Mitte Januar werden die LBB-Schilder abmontiert, dann steht da nur noch “Berliner Sparkasse”. Die Berlin Hyp hat schon auf Sparkassenrot umgeflaggt. Das kundenorientierte Kapitalmarktgeschäft der LBB wird Anfang Januar mit knapp 100 Beschäftigten an die DekaBank andocken. Die Rekrutierung von mehr als 100 Deka-Mitarbeitern, deren Aufgabe die Vertriebsunterstützung für die Sparkassen sein wird, läuft. Parallel dazu richtet die DekaBank ihren Vertrieb auf die Sparkassen aus, prüft die eigene Kostenbasis und arbeitet mit Erfolg an der Performance ihrer Produkte.- Wie sehen Sie Ihr Verhältnis zu den beiden anderen Säulen der Kreditwirtschaft?Die deutschen Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken und private Banken arbeiten grundsätzlich konstruktiv zusammen. Es gibt natürlich auch mal unterschiedliche Auffassungen, denken Sie nur an das Thema Einlagensicherung. Wie auch dieses Beispiel zeigt, liegt es in der Natur der Sache, dass die dezentralen Verbünde besonders viele Gemeinsamkeiten aufweisen. Viele Akteure auch der anderen Säulen kannte ich schon aus meinen früheren Tätigkeiten, aber das Miteinander hat sich deutlich intensiviert. Dies umso mehr, weil der DSGV 2013 die Federführung in der Deutschen Kreditwirtschaft innehatte – eine Aufgabe, die wir sehr gerne wahrgenommen haben.- Sie sind gläubiger und aktiver Katholik. Wie hat sich Ihr Verhältnis zur katholischen Kirche durch die Vorgänge in Limburg verändert?Wir sollten die Bewertung der Weltkirche nicht durch eine deutsche Nabelschaudebatte verzerren. Aber unabhängig davon: Wenn die Diskussion zu einem professionelleren Umgang mit dem Geld beiträgt, das unseren Bischöfen anvertraut wird, wäre viel gewonnen. Das sind ja keine vernachlässigbaren Beträge. Hier ist Transparenz geboten. Wenn Sie nach meinem Verhältnis zur katholischen Kirche fragen, lassen Sie mich auch dies sagen: Papst Franziskus schneidet alte Zöpfe ab. Seine zupackende und persönlich ansprechende Art macht manche Unzulänglichkeit wett, über die man schon stolpert.- Können wir davon ausgehen, dass Bayern München Ihnen 2013 mehr Spaß gemacht hat als die katholische Kirche?Die Bayern haben eine tolle Saison gespielt und sind verdient Triple-Gewinner geworden. Aber da geht es um die schönste Nebensache der Welt. Mutter Kirche ist damit nicht zu vergleichen. Das Wissen um eine höhere Macht, die über jeden Einzelnen von uns wacht, ist universell.—-Das Interview führten Bernd Wittkowski und Angela Wefers.