Mit Finma-Lizenz

Erster regulierter Krypto-Marktplatz startet

In der Schweiz startet der weltweit erste regulierte Marktplatz für tokenisierte Vermögenswerte. Gehandelt werden kann jedwede Art von Krypto-Asset – von tokenisierten Aktien bis hin zu Kunstwerken.

Erster regulierter Krypto-Marktplatz startet

Von Alex Wehnert, Frankfurt

In der Schweiz geht der weltweit erste regulierte Marktplatz für tokenisierte Vermögenswerte an den Start. Das Genfer Start-up Taurus hat für den Betrieb der Taurus Digital Exchange (TDX) von der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma eine Lizenz als Wertpapierhaus erhalten; ab dem 10. Mai sollen Teilnehmer über die Plattform jedwede Art von Krypto-Asset handeln können – von tokenisierten Aktien oder Cyberdevisen bis zu Immobilien und Kunstwerken. Die dabei genutzten Smart Contracts basieren in der Regel auf der Ethereum- oder der unbekannteren Tezos-Blockchain.

Liquidität für kleine Firmen

„Wir wollen durch unser Projekt vor allem denjenigen Unternehmen eine neue Liquiditätszufuhr erschließen, die nicht groß genug sind, als dass sich ein traditionelles Börsenlisting für sie lohnen würde“, sagt Lamine Brahimi, Mitgründer von Taurus. Schließlich gebe es in der Schweiz eine halbe Million Unternehmen, von denen aber nur 220 börsennotiert seien. In der Europäischen Union stünden 10000 gelisteten Gesellschaften fast 27 Millionen ohne Börsennotiz gegenüber. „Von unserer Seite spricht nichts dagegen, auch EU-Firmen auf unseren Marktplatz aufzunehmen, aufgrund von Richtlinien aus Brüssel braucht es aktuell aber noch zusätzliche Abklärungen“, führt Brahimi aus.

Vorerst sollen unter anderem Aktien des Schweizer E-Commerce-Anbieters Audacia über die TDX handelbar sein. Möglich wird das, weil im Februar Änderungen an der Schweizer Regulierung in Kraft getreten sind, nach denen die Ausgabe von Aktien über die Blockchain der Emission als papierenes Zertifikat gleichgestellt ist.

Den eidgenössischen Fortschritt bezüglich tokenisierter Wertpapiere zeigt auch die Tatsache, dass vor allem Finanzinstitute als Teilnehmer am Taurus-Marktplatz auftreten werden. „Wir haben uns bewusst auf Banken und institutionelle Investoren fokussiert, da die Zielgruppe der Privatanleger bereits indirekt durch unsere Bank- und Vertriebspartner abgedeckt wird“, sagt Sébastien Dessimoz, Managing Partner und Mitgründer von Taurus.

Für die teilnehmenden Banken gebe es verschiedene Wege, die Teilnahme an der TDX zu monetisieren. So könnten sie Provisionen aus dem Handel erheben, sich bei liquideren Assets als Marketmaker einsetzen und somit Risiko-Spreads einfahren oder auch Token auf eigene Vermögenswerte beziehungsweise Assets von Kunden emittieren.

Ein Teilnehmer fällt besonders auf: Der Schweizer Arm der Arab Bank, der bereits 2020 in Taurus investierte. Die jordanische Dachorganisation zählt zu den größten Finanzinstitutionen im Nahen Osten. Doch wurden mehrfach Vorwürfe laut, die Arab Bank sei in Terrorismusfinanzierung verstrickt, wobei diesbezügliche Zivilprozesse in den USA stets zum Vorteil des Geldhauses endeten.

Allerdings nehmen an der TDX auch weniger auffällige Finanzinstitute wie die Hypothekarbank Lenzburg teil. Taurus verdient am Handel auf ihrer Plattform über Transaktionsgebühren mit – muss im Gegenzug aber auch einen reibungslosen Ablauf gewährleisten. „Die meisten unserer Mitarbeiter sind Ingenieure und Kryptografie-Experten, die von vorherigen Stationen bei Großkonzernen wie Google und IBM technologisches Know-how mitbringen“, sagt Dessimoz. Nun soll das 40-köpfige Team von Taurus weiter wachsen, um den steigenden Investorennachfrage begegnen zu können.

Auch in der EU dürfte das Segment laut der Strategieberatung Plutoneo stark wachsen. Während der Markt 2019 noch ein Volumen von 74 Mrd. Euro besessen habe, werde er 2024 über 1,4 Bill. Euro umfassen. Laut Taurus hat die Schweiz gegenüber der EU einen regulatorischen Vorsprung von zwölf bis 18 Monaten, allerdings sei beispielsweise der deutsche Entwurf eines Gesetzes über elektronischer Wertpapiere ein wichtiges Signal im Innovationswettbewerb mit China und den USA.

In den Vereinigten Staaten war die Kryptohandelsplattform Coinbase Mitte April an die Börse gegangen, Marktteilnehmer feierten das Listing an der Nasdaq als wichtigen Schritt zur Integration der Kryptowelt in den regulären Finanzmarkt. Kritiker halten den Börsenneuling aber für zu abhängig von Gebühreneinnahmen. Sollte Coinbase eine Preisschlacht eingehen müssen, werde dies auf die Gewinne durchschlagen.

Zweites Standbein

Bei Taurus sind die Gebühreneinnahmen über die TDX hingegen nicht das einzige Standbein. Denn nach der Gründung des Start-up 2018 vergingen zwei Jahre, bis der regulatorische Rahmen für den Marktplatz gestanden habe. „In der Zwischenzeit sind allerdings mehrere Finanzinstitutionen auf die zugrunde liegende Technologie aufmerksam geworden, die wir bereits entwickelt hatten“, sagt Brahimi. Taurus habe ihre Infrastrukturlösung also gegen Gebühren lizenziert, inzwischen gehörten Kantonal- wie auch Privat-, Investment- und spezialisierte Kryptobanken zu den Kunden.