Im PodcastJulien Zornig, Astorius

„Es werden Zahlen jongliert, die rechnerisch fast unmöglich sind“

Julien Zornig vom deutschen Vermögensverwalter Astorius kritisiert im Podcast „Betting Billions“ die hohen Renditeversprechungen für Eltifs und erklärt, warum diese unrealistisch sind.

„Es werden Zahlen jongliert, die rechnerisch fast unmöglich sind“

Im Podcast: Julien Zornig

„Mit Zahlen jongliert, die rechnerisch fast unmöglich sind“

Astorius-Managing-Partner über falsche Rendite-Erwartungen beim Eltif und drohende Reputationsschäden

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Betting Billions
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Von Philipp Habdank, Frankfurt

Vom geplatzten Knoten schreibt die Ratingagentur Scope. Große Verwunderung ob der plötzlichen Schockverliebtheit großer Assetmanager äußert hingegen Julien Zornig im Private-Markets-Podcast „Betting Billions“. Der Managing Partner des deutschen Vermögensverwalters Astorius reagiert darin auf die rasante Entwicklung des Eltif-Markts. Über die sogenannten European Long-Term Investment Funds sollen die privaten Kapitalmärkte für Privatanleger zugänglich werden.

Einer Scope-Auswertung zufolge kamen in Europa allein im vergangenen Jahr 55 neue Eltifs auf den Markt. Emittiert wurden sie von 43 Assetmanagern, von denen 34 ihr Eltif-Debüt feierten. Ein Rekord, der dieses Jahr nochmal deutlich übertroffen werden könnte. Bis Ende 2027 könnte das Eltif-Volumen nach Schätzung von Scope auf 65 bis 70 Mrd. Euro anwachsen.

Fundraising-Druck treibt Assetmanager ins Retail-Abenteuer

Grundsätzlich zeigt sich Zornig für diese Entwicklung offen. Doch bei der Zielsetzung, Motivation und der effektiven Umsetzung gebe es sicherlich noch ein paar Punkte, wo man skeptisch werden könne. „Es ist schon bemerkenswert, dass eine Industrie, die nun 40 Jahre lang den Privatkunden gescheut hat wie der Teufel das Weihwasser, sich plötzlich so schockverknallt in diesen Markt“, so Zornig.

Julien Zornig bei Eltif-Renditen skeptisch

Einen Erklärungsansatz liefert Zornig mit dem hohen Wachstumsdruck der großen börsennotierten Vermögensverwalter in der Kapitalbeschaffung, die in dem wachsenden Markt für Privatanleger die Antwort auf das stockende Fundraising bei institutionellen Investoren sehen. „Ich glaube, dass dieser Markt kein Lückenfüller, aber ein Problemlösungssegment für große Häuser ist, die die über Jahre gewohnten Wachstumszahlen aus ihrem Kerngeschäft eben nicht mehr liefern können“, so Zornig. Gleichzeitig trifft diese Kapitalbeschaffungsnot seitens der Investoren auf eine Finanzierungsnot in der Politik. „Es ist offensichtlich, dass viele Länder ein hohes Bedürfnis daran haben, Privatkapital zum Beispiel in Infrastrukturprojekte zu bringen, weil das über die öffentlichen Töpfe allein nicht gelöst werden kann“, sagt Zornig.

Es sei erstaunlich, dass die Aufsichtsbehörden von sich aus wahnsinnig flexibel geworden seien, den Markt bis in den kleinsten Bereich für Privatanleger zu öffnen. Das überarbeitete Eltif-Regelwerk sieht überhaupt keine Mindestanlagesumme mehr vor.

Skeptisch ist Zornig vor allem bei der Rendite-Erwartung. Die Versprechen, mit denen die neueren Eltifs der zurückliegenden zwölf Monate platziert werden, hält Zornig für ambitioniert. „Meine Befürchtung ist, dass da Zahlen jongliert werden, die in dieser Produktstruktur rechnerisch fast unmöglich sind“, sagt Zornig. Damit spielt er auf das hohe Liquiditätspolster vieler Eltifs an, das Rendite kostet. Die Liquiditätsquote darf dem Regelwerk zufolge sogar bis zu 45% ausmachen.

Doch schon mit einem Cash-Anteil von einem Drittel müsse ein Manager für eine gute Rendite ordentlich strampeln. „Ich befürchte, dass da gerade Erwartungen geweckt werden, die nur dann erfüllt werden können, wenn wir wirklich in eine Sonnenschein- und Freibierphase kommen“, sagt Zornig. Und die sieht er in den nächsten zwei Jahre nicht kommen.