Fintech-Fusion

Fintech-Sektor reitet auf M&A-Welle

Das Berliner Zinsportal Raisin und der Wettbewerber Deposit Solutions haben den größten Zusammenschluss im deutschen Fintech-Sektor angekündigt. Auch international reiten Fintechs neben der Finanzierungswelle die M&A-Welle. Der jüngste Deal könnte auch in Deutschland den Startschuss geben.

Fintech-Sektor reitet auf M&A-Welle

sp Berlin

Nachdem deutsche Fintech-Unternehmen in den vergangenen Wochen vergnügt auf einer Welle von Finanzierungen mit dreistelligen Millionenvolumen geritten sind, schwappt jetzt auch die M&A-Welle über Finanz-Start-ups in Deutschland . Mit dem Berliner Einlagenbroker Raisin und dem Hamburger Wettbewerber Deposit Solutions schließen sich zwei der größten deutschen Fintechs zusammen. Die fusionierte Gesellschaft firmiert künftig als Raisin DS, und auch in der Unternehmensführung wird der Name von Raisin-Chef Tamaz Georgadze nach dem „Merger of Equals“ allein in der Langform übrig bleiben. Tim Sievers, Gründer und Chef von Deposit Solutions, wird sich zum Jahreswechsel in den Beirat zurückziehen. Alle Investoren bleiben an Bord.

Der Zusammenschluss passt international ins Bild. Denn der Fintech-Sektor ist nicht nur mit rekordhohen Finanzierungsrunden ins Jahr gestartet, sondern hat auch das M&A-Geschehen aus den zurückliegenden Jahren in den Schatten gestellt. Allein im ersten Quartal zählte die auf den Fintech-Sektor spezialisierte Investmentbank Financial Technology Partners mehr als 370 M&A-Transaktionen. Das Volumen der angekündigten Übernahmen lag bei gut 95 Mrd. Dollar. Die 21 Fintech-Übernahmen, die einen Wert von mehr als 1 Mrd. Dollar überstiegen, sind ebenfalls ein Rekord (siehe Grafik).

Über die finanziellen Details des Zusammenschlusses von Raisin und Deposit Solutions werden keine Angaben gemacht. Von den rund 130 Übernahmen deutscher Fintechs, die die Beratungsgesellschaft PwC in den vergangenen acht Jahren gezählt hat, dürfte es sich aber um den mit Abstand größten Deal handeln. Denn Raisin wurde bei der bisher letzten Finanzierungsrunde vor knapp zwei Jahren von Investoren unter der Führung von Goldman Sachs mit mehr als 500 Mill. Dollar bewertet. Als die Deutsche Bank im Herbst 2019 bei Deposit Solutions einstieg, war sogar von einer Bewertung oberhalb von 1 Mrd. Dollar die Rede. Der börsennotierte schwedische Investor Kinnevik legt für seine Beteiligung an den Hamburgern in der eigenen Bilanz derzeit allerdings nur einen Firmenwert von etwas mehr als einer halben Milliarde zugrunde.

Vor dem Hintergrund der Bewertungssprünge, die deutsche Fintech-Unternehmen in den vergangenen Wochen gemacht haben, dürfte die fusionierte Gesellschaft von Investoren bei der nächsten Gelegenheit dennoch mehrere Milliarden schwer gewogen werden und könnte zu den wertvollsten deutschen Fintechs aufschließen.

An deren Spitze steht aktuell der Berliner Online-Broker Trade Republic, der seine Bewertung in einer 900 Mill. Dollar schweren Finanzierungsrunde Ende Mai auf 5,3 Mrd. Dollar schraubte und innerhalb von etwas mehr als einem Jahr fast verneunfachte. Raisin DS könnte den Appetit der Investoren auf das fusionierte Unternehmen schon bald testen. „Die Marktlage ist derzeit sehr gut. Es wäre nicht abwegig, bald eine neue Finanzierungsrunde einzuläuten“, sagte Georgadze der Nachrichtenagentur Reuters.

Zu den Investoren von Raisin, die laut Informationen von Crunchbase seit der Gründung 2012 etwas mehr als 200 Mill. Dollar investiert haben, zählen neben Goldman Sachs Adressen wie Index Ventures, Paypal Ventures und Thrive Capital. Bei Deposit Solutions, die seit 2011 ebenfalls rund 200 Mill. Dollar eingesammelt hat, sind neben der Deutschen Bank und Kinnevik auch Greycroft, Valar und der von Peter Thiel kontrollierte Founders Fund investiert. Sie könnten demnächst die Gelegenheit zum Exit erhalten. „Der Zusammenschluss bringt uns der Kapitalmarktfähigkeit deutlich näher. Wir halten uns alle Optionen offen“, sagte Georgadze zu einem Börsengang.

Bei mehr als zwei Fünftel der bisherigen M&A-Deals auf dem deutschen Fintech-Sektor waren nach Angaben von PwC auch die Käufer Fintechs. Banken waren bei nur etwas mehr als einem Zehntel der Transaktionen beteiligt.

Konsolidierung setzt sich fort

„Die Tendenz zur Konsolidierung im deutschen Fintech Markt bei gleichen, ähnlichen oder komplementären Produkten setzt sich fort“, sagt Sven Meyer, Leiter des Bereichs FinTech bei PwC. „Vor kurzem hat sich das bei Kreditvergleichsplattformen und Neobrokern bereits gezeigt. Für Fintechs im SME Segment mag das noch bevorstehen.“

Zu den deutschen Fintechs, die mit kleinen und mittelständischen Unternehmen (SME) im Geschäft sind, zählt die Berliner Solarisbank die derzeit noch auf der Finanzierungswelle reitet.