Cum-ex

Freiheitsstrafe für Ex-Warburg-Banker

Wegen zwei Cum-ex-Fonds und eines Steuerschadens von 109 Mill. Euro ist ein ehemaliger Geschäftsführer von Warburg Invest verurteilt worden. Sein spätes Geständnis hat die Freiheitsstrafe abgemildert.

Freiheitsstrafe für Ex-Warburg-Banker

Von Antje Kullrich, zzt. Bonn

Das Landgericht Bonn hat einen ehemaligen Geschäftsführer von Warburg Invest wegen schwerer Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die 12. Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Roland Zickler sprach den 63-jährigen Detlef M. schuldig, bei zwei Cum-ex-Fonds der Warburg-Tochter in den Jahren 2009 und 2010 eine entscheidende Rolle bei Planung und Organisation gespielt zu haben.

„Sie waren das Rad im Getriebe, das, wenn man es herausgenommen hätte, zum Stillstand der Projekte geführt hätte“, sagte Zickler am Mittwoch in der Urteilsbegründung. Der Manager hatte wichtige Dokumente wie die Depotbankverträge unterzeichnet. Das Gericht bezifferte den entstandenen Steuerschaden auf gut 109 Mill. Euro. Die beiden Fonds „BC German Equity Special“ und „BC German Hedge“ waren ausschließlich für abgesprochene illegale Aktienkreisgeschäfte rund um den Dividendenstichtag aufgelegt worden. Die nur einmal gezahlte Kapitalertragsteuer war dabei zweimal zurückgefordert und erstattet worden.

Beachtliche Zäsur

Die Kammer blieb mit dem Urteil deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren beantragt hatte. Die Verteidigung hatte für eine Strafe auf Bewährung plädiert. Zickler erläuterte, dass vor allem das Geständnis des Angeklagten zu einer milderen Strafe geführt habe. Detlef M. hatte zu Beginn des Verfahrens die Vorwürfe bestritten, nach zahlreichen vorgelegten Beweisen, Zeugenaussagen sowie einem eindringlichen Appell des Vorsitzenden Richters aber Mitte Januar die wissentliche Beteiligung an den Cum-ex-Geschäften eingeräumt. „Das war eine beachtliche Zäsur“, sagte Zickler. In seinem Schlusswort nach den Plädoyers hatte M. die Cum-ex-Fonds als größten Fehler seines Berufslebens bezeichnet.

Für eine Bewährungsstrafe hat es trotzdem nicht gereicht. Der Vorsitzende Richter verwies auf die sogenannte Millionen-Rechtsprechung. Danach gibt es im Regelfall keine Bewährung mehr, wenn mehr als 1 Mill. Euro Steuern hinterzogen wurden. Zickler charakterisierte die Cum-ex-Fonds von Warburg Invest als Tatkomplexe, die „viele Merk­male der organisierten Kriminalität“ hatten.

Das Gericht erkannte an, dass M. keinen finanziellen Vorteil aus den Cum-ex-Geschäften gezogen hatte und weder selbst an den Fonds beteiligt war noch Boni für das Aufsetzen der Sondervermögen, in die reiche Privatanleger investiert hatten, kassiert hatte. Das Gericht verwies jedoch auf die Verantwortung von M. in seiner Funktion bei Warburg Invest: Die Pflichten eines Geschäftsführers, der dafür ja auch entsprechend entlohnt werde, seien nicht relativierbar, führte die Kammer aus – auch wenn Kapitalgeber oder Gesellschafter etwas anderes wollten. M. hatte in seinem Geständnis seine Mitwirkung an den Cum-ex-Transaktionen mit der Angst um seine Karriere aufgrund seiner Erfahrungen mit der Führungsstruktur der Warburg Gruppe begründet.

Zwei Monate der Strafe gelten bereits als vollstreckt. Zickler begründete das mit der „rechtsstaatswidrigen Verzögerung“ des Verfahrens. Die Ermittlungen gegen M. seien im Frühjahr 2016 aufgenommen worden. Nach der Anklageerhebung im ersten Cum-ex-Strafprozess in Bonn im April 2019, bei dem es unter anderem auch um die beiden Warburg-Invest-Fonds gegangen war, sei nichts Wesentliches mehr hinzugekommen. „Die Anklage hätte auch früher geschrieben werden können“, sagte Zickler.

Den entstandenen Steuerschaden hat die Warburg Gruppe 2020 beglichen. Sie geht jedoch juristisch gegen die Steuerbescheide vor und hat Klage vor dem Finanzgericht erhoben. Da die Cum-ex-Gewinne unter den Beteiligten aufgeteilt wurden, will die Bank nicht allein haften.

Weitere Prozesse erwartet

Ob die Verteidigung von M. Revision einlegen will, ließ Rechtsanwalt Ingo Heuel am Mittwoch offen. Es war der dritte Strafprozess in Sachen Cum-ex, der vor dem Landgericht Bonn zu Ende gegangen ist. Mit weiteren Anklagen in nächster Zeit ist zu rechnen. Das Landgericht Bonn hat dafür extra weitere zusätzliche Wirtschaftsstrafkammern eingerichtet. Die Zahl der Beschuldigten, gegen die die Staatsanwaltschaft Köln in Zusammenhang mit Cum-ex-Geschäften ermittelt, be­läuft sich mittlerweile auf mehr als 1300.

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