Wertverlust

Inflation greift Einlagen­schutz an

Weil Staaten rund um die Welt die Deckungssummen in der Einlagensicherung nur sporadisch anpassen, schrumpft das Schutzniveau inflationsbereinigt häufig über Jahre hinweg ab. In Europa ergibt sich seit 2011 ein Wertverlust von einem Viertel. Das Baseler Gremium IADI empfiehlt eine regelmäßige Überprüfung.

Inflation greift Einlagen­schutz an

jsc Frankfurt

Die hohe Inflation in Europa mindert den Einlagensicherungsschutz: Weil die Europäische Union die Mindestsicherungsgrenze von 100000 Euro seit Anfang 2011 nicht mehr anrührte, fiel der Sicherungsschutz real betrachtet kontinuierlich ab – eine Entwicklung, die sich in diesem Jahr wegen der stark steigenden Preise beschleunigte. Ende Oktober lag das Schutzniveau, gerechnet in Preisen von Anfang 2011, nur noch bei rund 75500 Euro, wie sich auf Grundlage des harmonisierten Verbraucherpreisindexes für die EU berechnen lässt. Auch in anderen Ländern rund um den Globus fiel das Schutzniveau vielfach ab.

Die International Association of Deposit Insurers (IADI) zeigt sich besorgt: Zwar passen Länder mit hohen Inflationsraten das Schutzniveau der Einlagensicherung erfahrungsgemäß häufiger an, wie das internationale Gremium berichtet. Eine regulär vorgesehene Überprüfung in regelmäßigen Abständen ist demnach selbst in Ländern mit hohen Inflationsraten aber keineswegs häufiger die Norm. Die IADI empfiehlt, in Zeiten hoher Inflation das Niveau öfter als alle fünf Jahre regulär zu überprüfen. Das Gremium ist bei der Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel angesiedelt.

In der Europäischen Union kann die Kommission die Höhe über eine delegierte Verordnung anpassen. Bisher hat Brüssel aber noch keinen Gesetzesvorschlag vorgelegt, wie der Bericht festhält. In den USA, wo die Grenze kurz nach der Finanzkrise von zuvor 100000 Dollar auf 250000 Dollar erhöht wurde, zeichnet sich seither ebenfalls keine Änderung ab. In der Vergangenheit rührte das Land ähnlich wie Kanada den Schutz zum Teil über Jahrzehnte nicht an. In Japan liegt die Deckungssumme sogar seit dreieinhalb Jahrzehnten unverändert bei 10 Mill. Yen (rund 70 300 Euro). Allerdings ist das Land für ungewöhnlich niedrige Inflationsraten bekannt.

Umstrittener Automatismus

Auch wenn die IADI eine regelmäßige Überprüfung der Grenze empfiehlt, so sieht sie eine ständige Anpassung des Schutzniveaus im Gleichschritt zur Inflation zugleich skeptisch. So sei eine fließende Grenze in der Öffentlichkeit womöglich schwer vermittelbar, wie die IADI-Autoren Bert van Roosebeke und Ryan Defina schreiben. Tatsächlich sieht kein einziges Industrieland eine indexierte Anpassung vor. Der Bericht weist lediglich sechs Länder aus, die ihre Grenze mehr oder weniger automatisch an die Inflation anpassen: Mexiko, Uruguay, Peru, El Salvador, Ecuador und Tadschikistan. Mit umgerechnet 2843293 Pesos (rund 141100 Euro) deckt ein System in Mexiko heute eine auffällig hohe Summe ab. Ansonsten ist die Deckung in Schwellenländern oft geringer. Simbabwe und Sudan liegen mit umgerechnet rund 30 Euro und 100 Euro besonders weit hinten.

Auch wenn die Einlagensicherung weltweit oft nur sporadisch angepasst wird, ist das Instrument weltweit auf dem Vormarsch. Die IADI zählt aktuell 109 Einlagensicherungssysteme weltweit. Die meisten Systeme sind „ex ante“ finanziert, sie verfügen also über gewissen Reserven. Vor allem um die Jahrtausendwende legten zahlreiche Länder Sicherungssysteme auf, doch die Geschichte reicht bereits weiter zurück. Während in den USA 1933 die Federal Deposit Insurance Corporation startete, folgten ein Jahr später die deutschen Kreditgenossen mit dem Vorläufer der BVR-Sicherungseinrichtung.

In Deutschland ist das Schutzniveau allerdings höher, als die gesetzliche Mindestschwelle suggeriert. So müssen Sparkassen und Genossenschaftsbanken strauchelnde Häuser über die Institutssicherung ihrer jeweiligen Verbünde auffangen, womit der Entschädigungsfall weniger wahrscheinlich ist. Die privaten Banken decken über das Einlagensicherungssystem mindestens 750000 Euro pro Kunde ab und liegen damit im internationalen Vergleich an der Spitze. Der Schutz fällt sogar noch höher aus, weil je Einlagenkunde und Institut 15% der Eigenmittel einer Bank herangezogen werden. Ab dem kommenden Jahr gelten neue Höchstgrenzen, die mit 5 Mill. Euro für Privatkunden und 50 Mill. Euro für Unternehmenskunden aber noch immer üppig sind.

Wertberichtigt Seite 2

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