Stefan Bauer

Mit lokalem Anstrich auf 50 Mrd. Dollar

Mit einer lokaleren Ausrichtung hofft der neue Deutschlandchef von Franklin Templeton, Stefan Bauer, auf einen ordentlichen Wachstumsschub. In den nächsten fünf Jahren soll das verwaltete Vermögen von derzeit 30 Mrd. auf 50 Mrd. Dollar wachsen.

Mit lokalem Anstrich auf 50 Mrd. Dollar

Von Silke Stoltenberg, Frankfurt

Der neue Deutschlandchef von Franklin Templeton, Stefan Bauer, will das hiesige Geschäft des US-Fonds­anbieters lokaler betreiben als bisher und auf diese Weise kräftig wachsen. „Als globaler Vermögensverwalter wollen wir auch stärker unser lokales Know-how für die Kunden unter Beweis stellen, also beispielsweise das Thema Legal oder Compliance von Frankfurt und nicht mehr in der Hauptsache von London aus abdecken, die lokale Investmentexpertise vergrößern oder den Prozess der Mandate-Ausschreibung komplett von Deutschland aus übernehmen“, kündigt der 49-Jährige, der im Februar 2020 das Ruder des Deutschlandgeschäfts übernommen hatte und seit April 2021 auch für die Schweiz und Österreich verantwortlich ist, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung an.

„Das Ziel für die nächsten Jahre ist, die gesamte Wertschöpfungskette lokaler zu gestalten. Die Strategie, den einzelnen Ländern mehr Entscheidungsbefugnis über ihr lokales Geschäft zu geben, verfolgt Franklin Templeton auch an anderen Standorten“, führt der Vater zweier Kinder aus, der seit sieben Jahren für die Gesellschaft arbeitet. Im Februar 2020 hatte er die Leitung des Deutschlandgeschäfts von Vorgänger Reinhard Berben übernommen, der seit 2004 im Chefsessel gesessen hatte.

Mit der lokaleren Aufstellung erhofft sich Bauer auch als Partner für Netzwerke empfehlen zu können. Erst jüngst wurde eine Zusammenarbeit mit Standard Life angekündigt, bei der es um gemeinsame Produkte im Bereich Altersvorsorge geht. Auch gibt es nun zum Beispiel Seminare für institutionelle Kunden in Deutschland, die wichtige, aktuelle Themen aufgreifen.

Die Fondsgesellschaft aus Kalifornien hatte sich im vergangenen Jahr durch die Übernahme der vom verwalteten Vermögen her größeren Legg Mason mehr als verdoppelt und stuft sich mit 1,56 Bill. Dollar Assets under Management als sechstgrößter unabhängiger Vermögensverwalter der Welt ein. Unabhängig bedeutet dabei, dass konzernabhängige Fondsgesellschaften wie Pimco oder DWS in dieser Zählweise außen vor bleiben, es also nur um eigenständige Anbieter geht. Alle Fondsgesellschaften eingeschlossen, rangiert Franklin Templeton auf Rang 15.

Angebot ist ausgewogener

Für Deutschland bezifferte Bauer das verwaltete Vermögen zuletzt auf 30 Mrd. Dollar. Wie groß der Anteil der Legg-Mason-Übernahme dabei ist, verrät er nicht. „Mit der Übernahme von Legg Mason und dessen Boutiquen haben wir uns in einigen Kernanlageklassen verbreitert – mit Brandywine Global zum Beispiel bei globalen Anleihen oder mit Martin Currie und Clearbridge Investments bei europäischen Aktien und globalen Aktien –, mit dem Resultat, dass die großen Blockbuster von uns nicht mehr wie früher 60 bis 70% des Geschäfts ausmachen, sondern nur noch 20%“, so Bauer, der auf eine 20-jährige Expertise in der Fondsbranche zurückblickt und hauptsächlich im institutionellen Vertrieb tätig war. Er war 2015 von der DekaBank, die (noch) im Frankfurter Trianon-Hochhaus sitzt, quasi nur ein paar Etagen weiter zu der dort ebenfalls beheimateten US-Gesellschaft ge­wechselt.

Die durch die Übernahme von Legg Mason breiter gewordene Aufstellung ist für Franklin Templeton überaus hilfreich, haben doch gerade die bekannten großen Strategien wie „Templeton Growth“ oder „Templeton Global Bond“ des bekannten Anleihefondsmanagers Michael Hasenstab in den vergangenen Jahren wegen schwacher oder negativer Renditen ordentlich Anlegergelder einbüßen müssen. Die europäische Fondsvariante des „Global“ hatte zu seinen Spitzenzeiten 2012 mehr als 40 Mrd. Dollar verwaltet. Derzeit sind es keine 6 Mrd. Dollar mehr.

In der offiziellen Fondsstatistik des deutschen Fondsverbands BVI sieht die Lage für Franklin Templeton hierzulande derzeit so aus: Für 2020 wurden Nettomittelabflüsse von 1,8 Mrd. Euro und im ersten Halbjahr 2021 von mehr als einer halben Milliarde ausgewiesen. Der Bestand der Wertpapier-Publikumsfonds kletterte indes angesichts der guten Börsenentwicklung von Ende 2020 bis Mitte 2021 von 16,4 auf 18,5 Mrd. Euro. Demnach ist Franklin Templeton bei den Wertpapier-Publikumsfonds nach BlackRock und Amundi der drittgrößte ausländische Anbieter. Ein weiterer großer Anbieter aus dem Ausland, Fidelity International, meldet seine Zahlen nicht mehr an den BVI.

In der konzerneigenen Berechnung von Franklin Templeton sehen die Zahlen etwas freundlicher aus. Der wesentliche Unterschied zur BVI-Sta­tistik ist, dass dort lediglich das Deutschland-Geschäft von Franklin Templeton mit Privatanlegern registriert wird. Der eigenen Berechnung zufolge (siehe Grafik) beliefen sich die Mittelabflüsse 2020 auf 1,3 Mrd. Euro und in der ersten Jahreshälfte 2021 auf 0,4 Mrd. Euro. Das verwaltete Vermögen kletterte von 20,1 auf 24,5 Mrd. Euro.

Breite gegen Schwankungen

„Die Abflüsse bei unseren Blockbustern gehen zurück, zugleich kommen andere Strategien wie Technologie, US-Aktien und europäische Anleihen, also auch die Strategien unserer neuen Boutiquen, immer besser beim Anleger an“, berichtet Bauer über die jüngsten Tendenzen. Gefragt seien in diesem Jahr der auf Technologieaktien konzentrierte „Franklin Technology Fund“ oder der „Franklin U.S. Opportunities Fund“, der sich auf US-Unternehmen mit Wachstumspotenzial konzentriert. Diese Fonds wie auch der Multi-Asset-Fonds „Franklin Global Fundamental“ sind hierzulande in den vergangenen Jahren stark gewachsen und sind alle nun um die 1 Mrd. Euro groß. Trotz der langjährigen Abflüsse bleibt der „Growth“-Fund mit 6,5 Mrd. Euro in der Euro-Variante und weiteren 1,9 Mrd. Euro in der US-Original-Variante hierzulande das größte Produkt der Gesellschaft. Nummer 2 ist den Angaben von Bauer zufolge ein nicht in der BVI-Sta­tistik enthaltener, in Luxemburg aufgelegter institutioneller Fonds, der auf Schwellenländer-Schuldentitel setzende „Franklin Emerging Market Debt Opportunities“ mit 1,4 Mrd. Euro.

„Unsere strategische Richtung ist, dass wir mit mehreren Produkten hierzulande in den Milliarden-Bereich kommen wollen. Diese breitere Aufstellung hilft uns dann, die normalen Schwankungen bei einzelnen Fonds besser auszugleichen – mehr Breite für eine bessere Balance.“ Ob die frühere Strategie von Franklin Templeton, dass einzelne Fondsmanager wie Hasenstab weltweit oder Matthias Hoppe hierzulande beziehungsweise schwerpunktmäßig Flaggschifffonds herausgestellt wurden, ein Fehler gewesen ist, diese Frage mag Bauer nicht beantworten.

Mannschaft ist geschrumpft

Trotz der geplanten Forcierung des lokalen Anstrichs will Bauer die Mannschaft in Frankfurt nicht vergrößern. Während im direkten Kundengeschäft Mitarbeiter aufgebaut werden sollen, sind in den nachgelagerten Bereichen Personaleinsparungen durch Outsourcing geplant. Von einst 140 Mitarbeitern sind aktuell nur noch 100 Leute übrig. Zuletzt war etwa der IT-Bereich ausgelagert worden. Neue Standorte sind trotz der lokaleren Aufstellung nicht geplant. Die Konkurrenten Invesco oder Fidelity sind hierzulande an mehreren Orten präsent.

Das nachhaltige Angebot wird derzeit nur langsam ausgebaut: Von den 220 Fonds, die für den EU-Vertrieb zugelassen sind, sind nach der neuen EU-Offenlegungsverordnung sechs in die Kategorie der Artikel-9-Fonds mit expliziten Nachhaltigkeitsziel eingestuft worden und 26 in den Artikel 8 der allgemeinen Nachhaltigkeitsfonds. „Es war richtig, dass die EU in Sachen Nachhaltigkeit den Hebel umgelegt hat, der regulatorische Druck hat in der Fondsbranche vieles in Bewegung gesetzt“, zeigt sich Bauer überzeugt. Wichtig sei nun aber, dass es EU-weite Standards und -Definitionen gebe zur konkreten Frage, was ein nachhaltiger Fonds ist. Nationale Unterschiede im Verständnis seien nicht nur für Fondsgesellschaften schwierig, die länderübergreifend tätig sind. Es sei auch schwierig, diese den Kunden zu vermitteln, so Bauer mit Blick auf die in Arbeit befindliche BaFin-Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen.

Für die nächsten fünf Jahre hat sich der neue Deutschlandchef die Latte auf jeden Fall schon einmal ziemlich hoch gelegt. „Mit der neuen Aufstellung könnte ich mir vorstellen, dass wir es in den nächsten fünf Jahren schaffen, das verwaltete Vermögen in Deutschland auf 50 Mrd. Dollar zu vermehren.“

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