ESG

Rüstungs­industrie kommt aus der Schmuddel­ecke

Die Ankündigung, die Verteidigungsausgaben kräftig zu erhöhen, veranlasst Banken, ihre Zurückhaltung bei Geschäften mit der Rüstungsindustrie zu überdenken. Dabei drohen Konflikte mit den ESG-Grundsätzen.

Rüstungs­industrie kommt aus der Schmuddel­ecke

Bloomberg Frankfurt – Über Jahre hielten sich europäische Banken gegenüber der Rüstungsindustrie zurück. Nach der Invasion der Ukraine jedoch finden sie nun wieder Gefallen an Geschäften mit der Branche. Immerhin hat Bundeskanzler Olaf Scholz jetzt eine „neue Ära“ der Investitionen ausgerufen. Die SEB, eine der größten schwedischen Banken, hebt ab 1.April ein Verbot von Investitionen in Waffen auf. Die Nachhaltigkeitspolitik der Bank werde damit an die neue geopolitische Realität in Europa angepasst, erklärte das Institut.

In Deutschland zeigt sich die Commerzbank offen für Waffenhersteller. „Es ist klar, dass es jetzt mehr Investitionen in der Rüstungsindus­trie hier in Deutschland geben wird, und das sind alles unsere Kunden“, sagte der Vorstandsvorsitzende Manfred Knof diese Woche vor Analysten und Investoren. „Das ist definitiv eine gute Basis. Wir kennen sie, sie kennen uns und ich bin sicher, dass sie mit uns über weitere Investitionen sprechen werden.“

Noch vor zwei Monaten wurden Waffenhersteller eher wie Aussätzige behandelt. Der Vorstandschef von Rheinmetall, Armin Papperger, beschwerte sich im Januar in der „Bild“-Zeitung, sein Unternehmen sei von der LBBW und der BayernLB wegen der zunehmenden Rolle von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) von der Kreditvergabe ausgeschlossen worden. Bei der europäischen Rüstungslobby ASD kennt man ähnliche Beispiele aus ganz Europa.

Doch der Krieg in der Ukraine hat das alles auf den Kopf gestellt. Die Ankündigung von Scholz, die Bundeswehr mit 100 Mrd. Euro wieder fit zu machen, hat deutschen Rüstungsaktien kräftige Kursgewinne beschert. Waffenlobbyisten sehen nun die Chance, die kommenden europäischen ESG-Regeln (Taxonomie) mitzugestalten. Und die Europäische Union scheint zuzuhören. In einem Strategiepapier der Union vom Februar heißt es, Initiativen zu mehr Nachhaltigkeit in der Finanzierung müssten mit den Bemühungen der EU im Einklang stehen, der Verteidigungsindustrie ausreichenden Zu­gang zu Finanzmitteln zu ermög­lichen.

Wenig begeistert über die neue Entwicklung zeigt sich die ESG-Branche. Kriegsführung und positive soziale Auswirkungen seien kaum miteinander zu vereinbaren, wird argumentiert. Die SEB erklärte, sie ändere ihre Regeln, weil „Investitionen in die Verteidigungsindustrie von zentraler Bedeutung für die Aufrechterhaltung und Verteidigung von Demokratie, Freiheit, Stabilität und Menschenrechten“ seien. Sie betonte aber ihre Absicht, Waffen zu vermeiden, die gegen internationale Konventionen verstoßen.

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