Zinsentscheide

Doppelschlag von Fed und EZB

Binnen weniger als 24 Stunden entscheiden nächste Woche mit der Fed und der EZB die beiden wichtigsten Zentralbanken der Welt. Sie stehen vor enormen Herausforderungen – und wegweisenden Entscheidungen.

Doppelschlag von Fed und EZB

Von Mark Schrörs, Frankfurt

Unmittelbar bevor die weihnachtliche Ruhe einkehrt, geht es in der Welt der Zentralbanken noch einmal hoch her. Am Mittwoch und Donnerstag entscheiden binnen weniger als 24 Stunden mit der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) die beiden wichtigsten Zentralbanken der Welt über ihren weiteren Kurs. Ebenfalls am Donnerstag tagt auch noch die Bank of England, die die Finanzmärkte zuletzt in Atem gehalten hat. Marktteilnehmer können sich noch einmal auf spannende und womöglich turbulente Stunden und Tage einstellen.

Am Mittwochabend deutscher Zeit legt die Fed vor. Zuletzt mehrten sich die Signale, dass die US-Währungshüter das rasante Tempo ihrer Zinserhöhungen etwas drosseln werden. Seit März haben sie wegen der viel zu ho­hen Inflation ihren Leitzins um 375 Basispunkte angehoben, davon zuletzt vier Mal in Folge gleich um je 75 Basispunkte. Das ist der aggressivste Zinsstraffungskurs seit den 1980er Jahren. Jüngst nahmen die Signale zu, dass es nun im Dezember eher auf 50 Basispunkte hinausläuft. Die US-Inflation scheint zumindest ihren Höhepunkt überschritten zu haben und die US-Wirtschaft hat an Tempo verloren. Im Oktober lag die Verbraucherpreisinflation bei 7,7%. Die Fed strebt 2% an.

Viel spannender als die Höhe des nächsten Zinsschritts sind indes die Signale, die die Fed nun über diese Sitzung hinaus gibt – auch zum Hochpunkt im aktuellen Zinszyklus. So nährte Fed-Chef Jerome Powell zwar unlängst Erwartungen, dass der Zinsschritt nächste Woche etwas kleiner ausfallen könnte als zuletzt. Zugleich betonte er aber, dass es noch ein langer Weg sei, bis wieder Preisstabilität hergestellt sei, und dass der Zins letztlich mehr steigen müsse, als die US-Notenbanker im September erwartet hatten. Damals waren sie von einem Hochpunkt bei rund 4,6% ausgegangen – gegenüber der aktuellen Spanne von 3,75% bis 4%. Die Märkte preisen nun wieder Zinserhöhungen bis auf rund 5% ein, nachdem US-Konjunkturdaten positiv überrascht haben und sich der Lohnanstieg fortsetzt. Parallel setzt die Fed den Abbau ihrer Notenbankbilanz fort.

Auch die EZB mit Christine Lagarde an der Spitze steht vor zentralen Entscheidungen. Einerseits muss sie ebenfalls über die Höhe des nächsten Zinsschritts und damit auch darüber entscheiden, was sie für das Jahr 2023 signalisiert. Seit Juli hat sie ihre Schlüsselsätze um 200 Basispunkte erhöht – so aggressiv wie nie. Der aktuell wichtige Einlagenzins liegt nun bei 1,5%. Andererseits hat sie avisiert, Grundprinzipien zum Abbau der durch die Anleihekäufe aufgeblähten EZB-Bilanz festzulegen. Zuletzt ha­ben sich dabei zunehmende Differenzen im EZB-Rat of­fenbart.

Bei den Leitzinsen zeichnete sich zuletzt aber ab, dass es nun auf 50 statt wie zuletzt zwei Mal in Folge auf 75 Basispunkte hinauslaufen könnte. Die Inflation ist im November unerwartet deutlich von zuvor 10,6% auf 10,0% gesunken. Zudem steigt das Rezessionsrisiko. Beim Bilanzabbau ist die große Frage, ob es neben den Prinzipien auch schon einen Zeitplan gibt. Bundesbankchef Joachim Nagel zeigte sich zu­letzt zuversichtlich, dass der Ab­bau im ersten Quartal 2023 startet.

Weitere Zinserhöhungen zeichnen sich auch in Großbritannien ab. Die Bank of England werde den Leitzins wohl weiter erhöhen müssen, um die Inflation wieder dem Zielwert von 2,0% anzunähern, sagte Notenbankchef Andrew Bailey unlängst. Zuletzt hatte die Teuerung bei 11,1% gelegen. „Unsere Erwartung ist, dass noch mehr zu tun sein wird“, so Bailey.

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