Deutsche Bank sieht erste Frühlingsboten in der Stahlbranche

Institut empfiehlt selektives Vorgehen - Acerinox und ArcelorMittal als Favoriten - Voestalpine von Hold auf Buy hochgestuft

Deutsche Bank sieht erste Frühlingsboten in der Stahlbranche

amb Frankfurt – Stahlaktien haben nach Ansicht der Deutschen Bank trotz ihrer jüngsten Erholung noch Aufwärtspotenzial. Die Aktien seien zu stark abgestraft worden, die Margen könnten nun wieder steigen, heißt es in einer Studie der Bank. “Die Bremswirkung durch die Autoindustrie wird 2020 nicht mehr ganz so heftig ausfallen”, schreiben die Analysten. Sie raten allerdings zu einem selektiven Vorgehen. Favoriten sind der spanische Stahlkonzern Acerinox und der Branchenprimus ArcelorMittal, der österreichische Stahlkonzern Voestalpine wird auf “Buy” hochgestuft.2019 war für Europas Stahlkonzerne von einer rückläufigen Nachfrage geprägt. Zugesetzt hat der Branche vor allem der schwächelnde Autosektor. Lager wurden abgebaut, die Margen der Stahlkocher gerieten unter Druck. Zwar geht die Deutsche Bank nicht davon aus, dass die globale Konjunktur jetzt wieder anziehen wird, sie bezeichnet sich selbst mit ihren Wachstumsschätzungen als “unter Konsens” und prognostiziert für Europa nur ein BIP-Wachstum von 1 % in diesem Jahr. Für die Autoindustrie werde es 2020 aber nicht mehr ganz so schlecht aussehen wie 2019. Die Analysten rechnen nur noch mit einem Rückgang der Autoproduktion von 0,4 % – 2019 waren es noch satte 5,8 %. Daher gehen sie davon aus, dass die Margen der Stahlriesen wieder steigen werden.Laut der Studie liegen die Margen derzeit unter dem Niveau der letzten Rezessionen. Den Experten zufolge werden die Produktionskürzungen von 7 % bis 9 %, helfen, am Markt wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Außerdem verweisen sie auf die “soliden” Preisniveaus in Ländern wie China, der Türkei und – mit Einschränkungen – den USA. Mit einem kräftigen Anstieg der Stahlnachfrage rechnen sie allerdings auch nicht.Für die USA ist die Bank weniger optimistisch und prognostiziert nach einer Stabilisierung in der ersten Jahreshälfte wieder fallende Stahlpreise, ausgelöst durch neue Kapazitäten auf dem heimischen Markt. Für China erwarten sie einen ausgeglichenen Markt. Dort sind die Preise zuletzt gestiegen, wodurch die Preise in Europa laut der Studie nun mehr oder weniger auf dem Stand von China liegen – anders als in der Vergangenheit, als Europas Stahl meist 40 bis 60 US-Dollar teurer war.Die Deutsche Bank hat auch untersucht, wie sich die Reaktionen auf den Klimawandel auf die Branche auswirken könnten. Sie rechnet fest damit, dass das Thema CO2-Emissionen auch für die Stahlbranche Dreh- und Angelpunkt werden wird. Allerdings müssten viele Fragen noch geklärt werden, etwa wie alternative Technologien finanziert werden sollen und wie die Politik sicherstellen kann, dass Stahlkäufer auch höhere Preise für saubere Technologien zahlen und nicht auf Stahl aus anderen, weniger klimabewegten Regionen ausweichen. Immerhin habe die neue EU-Kommission Unterstützung für die Branche signalisiert und eine Steuer (Carbon Border Tax) ins Spiel gebracht, heißt es. Allerdings sei noch ungewiss, ob diese mit den WTO-Regeln konform gehe. “Mit dem Green Deal wurden erstmals einige Herausforderungen adressiert, viele Details fehlen aber noch”, stellen die Analysten fest.Die Bank empfiehlt vor allem Acerinox (“Buy”), der spanische Stahlkonzern, der auf rostfreien Stahl spezialisiert ist, ist Favorit der Analysten in diesem Bereich. Das Kursziel für die Aktie, die sich seit August 2019 deutlich erholt hat, bleibt bei 12 (aktuell 9,68 Euro). Acerinox überzeugt die Experten nicht nur aufgrund der Bewertung, sondern auch als “Equity Story”. Den Kursanstieg führen sie auf die bessere Gewinnentwicklung und die angekündigte Übernahme der ehemaligen Thyssenkrupp-Tochter VDM Metals zurück. Die Übernahme sei nur erster Schritt in einem “großen Transformationsprozess”, zu dem auch der Verkauf der verlustträchtigen Einheit in Malaysia zählen könne.Favorit im Bereich Kohlenstoffstahl ist ArcelorMittal, die Aktie der Nummer 1 weltweit wird ebenfalls zum Kauf empfohlen, außerdem wird das Kursziel von 17 auf 19 (derzeit 14,64 Euro) angehoben. Mit dem deutlichen Kursrückgang 2019 spiegle die Aktie nun zu niedrige Gewinnerwartungen (Ebitda) wider, meint die Deutsche Bank. ArcelorMittal werde von den Produktionskürzungen in der Branche und dem Ende des Lagerabbaus profitieren. Außerdem sei die Nettoverschuldung auf dem niedrigsten Stand seit der Fusion von Arcelor und Mittal angelangt. Problematisch bleibe allerdings die ursprünglich geplante Übernahme des italienischen Stahlproduzenten Ilva, die ArcelorMittal rückgängig machen will. Das Schlimmste überstandenDer österreichische Stahlkonzern Voestalpine, dessen Kurs sich in den vergangenen zwei Jahren halbiert hat, wird unterdessen von “Hold” auf “Buy” hochgestuft und das Kursziel von 27 auf 29 (derzeit 24,32 Euro) angehoben. Voestalpine habe wegen operativer Probleme und der schwachen Nachfrage in vielen Märkten schwere Zeiten hinter sich. Mittlerweile seien die Ebitda-Schätzungen aber deutlich zurückgegangen, das Unternehmen habe die Kosten gesenkt und Investitionen zurückgeschraubt. Außerdem verfügten die Österreicher über den stärksten Free Cash-flow im Sektor. Die Deutsche Bank geht davon aus, dass Voestalpine nun das Schlimmste hinter sich hat und 2021 wieder auf Wachstumskurs schwenken wird. Voestalpine hatte Ende 2019 zweimal innerhalb kurzer Zeit die Prognose für das Geschäftsjahr 2019/20 (bis 30. März) reduziert.Ebenfalls zum Kauf raten die Analysten beim Luxemburger Stahlkonzern Aperam, das Kursziel setzen sie von 32 auf 33 (aktuell 27,31 Euro) hoch. Aperam ist für die Analysten weiter ein Qualitätsunternehmen mit schuldenfreier Bilanz, hohen Ausschüttungen und einem überzeugenden Managementteam. Der finnische Stahlkonzern Outokumpu wird auf “Hold” gesetzt, das Kursziel von 2,80 auf 2,70 (aktuell 2,84 Euro gesenkt. Grundsätzlich habe das Unternehmen durchaus Potenzial, den Analysten zufolge müsse die Nachfrage in Europa aber kräftiger steigen und mehr aus dem Amerika-Geschäft gemacht werden, was aber unrealistisch sei. Daher bleiben sie mit ihren Schätzungen deutlich unter dem Konsens. Für Salzgitter lautet das Votum ebenfalls nur “Hold”, außerdem reduzieren die Analysten das Kursziel von 20 auf 17 (derzeit 15,88 Euro). Begrüßt wird die defensive Bilanz, kritisiert werden hingegen die schlechten Aussichten für 2020, der negative Cash-flow und die steigenden Schulden. Salzgitter hat in der abgelaufenen Woche einen höheren Vorsteuerverlust für 2019 als bislang in Aussicht gestellt angekündigt. Die Aktie gab deutlich nach, die Kurserholung seit Oktober ist fast zunichtegemacht. Auch der schwedische Stahlkonzern SSAB wird nur auf “Hold” gesetzt, das Kursziel aber von 31 auf 34 (aktuell 32 skr) angehoben. Die Integration des finnischen Wettbewerbers Ruukki ist den Analysten zufolge gut verlaufen. Das Management positioniere sich zudem als federführend bei der CO2-freien Stahlproduktion. Die Analysten sehen aber Risiken im US-Geschäft, außerdem seien die Konsensschätzungen schon hoch.