Durchwachsene Chancen bei Airlines
Die neuen Emissionsregeln für die internationale Schifffahrt werden den Ölpreis und damit auch die Kosten für die internationalen Fluggesellschaften nach oben treiben, heißt es in einer Studie von Morgan Stanley. Der Bank zufolge werden die US-Airlines damit am besten zurechtkommen, die Airlines aus Schwellenländern am schlechtesten.amb Frankfurt – Die ab 2020 geltenden neuen Emissionsregeln für die internationale Schifffahrt werden nach Einschätzung von Morgan Stanley nicht nur Reedereien zu schaffen machen, sondern über einen steigenden Ölpreis auch Fluggesellschaften. Der Vorsteuergewinn der Airlines könne in den kommenden ein bis zwei Jahren um bis zu 40 % zurückgehen, heißt es in einer Studie der US-Bank. “Das Kerosinrisiko kommt zu einer Zeit eines sich verlangsamenden Wirtschaftswachstums und politischer Unsicherheiten”, erklären die Analysten in einer Studie. Das spreche für einen defensiven Ansatz bei den Airlines – und für Adressen mit hoher Rentabilität, niedriger Verschuldung und hoher Flexibilität beim Einsatz der Flotten. Den Analysten zufolge stehen die US-Airlines am besten da, sie raten vor allem zu Southwest Airlines. Außerdem stufen sie noch Ryanair, Singapore Airlines und Copa auf “Overweight”. Hohe UmweltbelastungWegen der hohen Umweltbelastung durch die Schifffahrt hat die Internationale Seeschifffahrtsorganisation IMO entschieden, dass ab 2020 neue Grenzwerte für Schwefel in Treibstoffen gelten. Dann dürfen diese nicht mehr als 0,5 % Schwefel enthalten, derzeit sind es 3,5 %. Für die neuen Treibstoffe ist ein höherer Einsatz von Rohöl nötig, so dass auch der Preis für normales Brent-Öl steigen könnte: Die Analysten prognostizieren bis 2020 einen Anstieg um 5 bis 10 Dollar je Barrel Brent. Das werde den Kerosinpreis nach oben treiben, außerdem rechnen die Experten mit höheren Preisaufschlägen (Crack Spread) für Flugbenzin. Allein durch die IMO-Regeln werde der Kerosinpreis um 10 bis 20 Dollar je Barrel nach oben klettern, heißt es. Wenn die Kosten nicht an die Kunden weitergeben werden könnten, könne dies zu Gewinneinbußen der Airlines von 15 % bis 70 %, im Durchschnitt 40 % führen.Entscheidend ist Morgan Stanley zufolge die Flexibilität der Fluggesellschaften, auf einen Ölpreisanstieg reagieren zu können. Bestimmenden Kriterien sei zum Beispiel die Möglichkeit, höhere Ticketpreise durchzusetzen, Flugzeuge am Boden zu lassen oder die Routen dynamisch zu optimieren. Auch der Anteil moderner, energieeffizienter Flugzeuge spiele eine große Rolle, ebenso der Anteil der gegen einen Ölpreisanstieg abgesicherten Kerosinkosten.In diesen Punkten sieht Morgan Stanley die US-Airlines als am besten aufgestellt. Diese zeichneten sich aus durch hohe Gewinne und eine niedrigere Verschuldung. Bei einem Ölpreisanstieg um 10 % prognostizieren die Analysten Gewinneinbußen von “nur” 20 % gegenüber 25 % im globalen Durchschnitt. Allerdings sei aufgrund der Gefahren durch das teurere Öl eine höhere Bewertung der Aktien auch nicht gerechtfertigt. Favorit ist Southwest Airlines (Kursziel 64 Dollar, aktuell 47,29 Dollar), die Aktie wird auf “Overweight” gestuft. Ebenfalls “Overweight” lautet das Votum für Alaska Air Group und Delta Air Lines. Am verletzlichsten durch einen Ölpreisanstieg ist Morgan Stanley zufolge American Airlines (Kursziel 40 Dollar, aktuell 32,10 Dollar), die Aktie wird aber noch auf “Equal-weight” gesetzt.In Europa stehen der US-Bank zufolge die Billigflieger am besten da, vor allem wegen ihrer hohen Flexibilität. Hier ist Ryanair der Favorit (Kursziel 16 Euro, aktuell 10,25 Euro). Für die Iren sprächen die niedrigen Kosten, die Flexibilität bei Flotten und Kapazitäten und der hohe Anteil der abgesicherten Kerosinkosten (90 %). Außerdem gehen die Experten davon aus, dass Ryanair steigende Kosten an die Kunden weitergeben kann. Einziger Wermutstropfen: Die Auseinandersetzungen mit dem Personal müssten gelöst und an der Kundenzufriedenheit gearbeitet werden. Auch Easyjet (Kursziel 16 Pfund, aktuell 10,93 Pfund) wird auf “Overweight” gesetzt, wegen des geringeren Hedgings steht der britische Low-Cost-Carrier aber nur auf dem zweiten Platz. Die ungarische Wizz Air (Kursziel 32 Pfund, aktuell 27,60 Pfund) punkte zwar auch mit niedrigen Kosten, nachteilig seien hier aber die wegen der geleasten Flotte niedrigere Flexibilität und geringere Hedgings, das Votum lautet daher nur “Equal-weight”. Am schlechtesten weg kommt der norwegische Billigflieger Norwegian Air Shuttle, die Aktie wird auf “Underweight” gestuft (Kursziel 175 nkr, aktuell 195 nkr), wegen des geringen Hedgings (25 %), den niedrigen Free Cash-flow und hoher Schulden. Die traditionellen Fluggesellschaften wie Air France-KLM (10,60 Euro, aktuell 9,39 Euro), Lufthansa (Kursziel 24 Euro, aktuell 19,92 Euro) und International Consolidated Airlines (7 Euro, aktuell 6,84 Euro) werden alle auf “Equal-weight” gesetzt.Besonderen Risiken ausgesetzt sind der Studie zufolge Airlines aus Schwellenländern, deren Preissetzungsmacht meist gering ist. Diese zeichnen sich häufig aus durch niedrigere Margen, strapazierte Bilanzen und geringe Absicherung gegen den Ölpreisanstieg. Dazu kämen der scharfe Wettbewerb in der Branche, geopolitische Risiken und oft anfällige Währungen. Am besten positioniert ist laut Morgan Stanley noch Copa Airlines aus Panama (“Overweight”), der Aktie wird ein Kurs 99 Dollar zugetraut (aktuell: 75,60 Dollar). Copa biete die höchsten Margen in Lateinamerika, die niedrigste Verschuldung und ein Geschäftsmodell, das nicht so stark dem Wettbewerb ausgesetzt sei. Latam Airlines (Kursziel 11,70 Dollar, aktuell 9,91 Dollar) aus Chile wird wegen der hohen Verschuldung, der niedrige Margen, der vergleichsweise alten Maschinen und der fehlenden Preissetzungsmacht nur auf “Underweight” gesetzt. Unter den asiatischen Airlines stehen laut Morgan Stanley die japanischen am besten da, Japan Airlines (Kursziel 5 000 Yen, aktuell 3836 Yen) wird auf “Overweight” gesetzt. Die chinesischen Fluggesellschaften seien zwar am schlechtesten vorbereitet für die IMO-Regulierung, könnten aufgrund der Marksituation aber höhere Preise durchsetzen. Für die chinesische Billigfluggesellschaft Spring Airlines (Kursziel 41,45 Yuan, aktuell 32,24 Yuan) lautet das Votum daher ebenfalls “Overweight”. Außerdem raten die Analysten in Asien noch zu Singapore Airlines (Kursziel 11,22 Singapur-Dollar, aktuell 9,35 Singapur-Dollar). Negative Voten für RyanairAndere Analysten sehen die in Europa von Morgan Stanley favorisierte Ryanair deutlich skeptischer: So haben Kepler Cheuvreux, HSBC und Macquarie die Aktie auf “Reduce” oder “Underperform” gesetzt. HSBC hat die “Reduce”-Empfehlungen kürzlich bestätigt, das Kursziel wegen der gesunkenen Treibstoffpreise allerdings leicht von 10,25 auf 10,50 Euro angehoben. Grundsätzlich sei das Umfeld für die Branche von Unsicherheiten geprägt, hieß es, auch werfe der anstehende Brexit Fragen auf zur Struktur der Eigentümer und der Kontrollgremien der irischen Fluggesellschaft. Macquarie (“Underperform”, Kursziel 9,95 Euro) zweifelt am langfristigen Erfolg der Niedriglohnstrategie von Ryanair. Positiver zeigen sich RBC Capital Markets und UBS, die die Aktie empfehlen. RBC nennt ein Kursziel von 16 Euro, die UBS sieht trotz der schwierigen Geschäftsbedingungen für die europäischen Fluggesellschaften einige Gründe für positive Erwartungen.