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Französische Rüstungsaktien sind gefragt

Die Ankündigung des neuen deutschen Außenministers Johann Wadephul zu künftigen Verteidigungsausgaben lässt aufhorchen. Davon profitieren auch französischen Rüstungsaktien.

Französische Rüstungsaktien sind gefragt

Französische Rüstungsaktien sind gefragt

Mittlere Werte verbuchen größere Kursgewinne als Branchenschwergewichte wie Dassault Aviation und Thales

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Von Gesche Wüpper, Paris

Die Aktien bekannter französischer Verteidigungsspezialisten haben in den letzten Monaten kein so großes Kursfeuerwerk wie deutsche Rüstungsunternehmen verbucht. Sie dürften künftig von der Erhöhung der europäischen Verteidigungsbudgets profitieren, die noch nicht für Neuaufträge gesorgt haben.

Eigentlich ist er der neue Außenminister Deutschlands. Und doch hat Johann Wadephul jetzt nicht nur deutsche Rüstungswerte, sondern auch Aktien französischer Verteidigungsspezialisten beflügelt. Nachdem Wadephul bei einem Nato-Außenministertreffen in der Türkei am Donnerstag der amerikanischen Forderung nach einer massiven Erhöhung der Verteidigungsausgaben der Nato-Staaten auf jeweils 5% ihrer Wirtschaftsleistung zugestimmt hatte, lagen die Papiere von Dassault Aviation, Thales und Safran im Plus. Nur Airbus nicht, allerdings macht der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern einen Hauptteil seines Umsatzes mit Passagierflugzeugen.

Neuer Verteidigungs-Index

Dass der neue Bundeskanzler von Frankreichs wichtigstem Partner in seiner Regierungserklärung versprochen hat, deutlich mehr für Rüstung ausgeben zu wollen, wird in Paris mit Zufriedenheit registriert. Genau wie die Ankündigung zusammen mit Präsident Emmanuel Macron, einen deutsch-französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrat einrichten zu wollen. Die deutschen Befindlichkeiten in Bezug auf Rüstungsthemen sind in Frankreich in der Vergangenheit oft auf Unverständnis gestoßen.

Dassault Aviation, Thales, Airbus und Safran dürften in den kommenden Jahren genau wie Rheinmetall, Hensoldt und Co. von den neuen deutsch-französischen Rüstungsinitiativen und den von Europa versprochenen 800 Mrd. Euro profitieren. Sie sind nicht nur an gemeinsamen Projekten wie dem FCAS (Future Combat Air System) oder dem MGCS (Main Ground Combat System) beteiligt, sondern gehören auch dem Euronext European Aereospace & Defence Index an, den der europäische Börsenbetreiber gerade angekündigt hat. Der neue Index zu gehört zu den Maßnahmen, mit denen Euronext die strategische Autonomie Europas unterstützen will. Er hat deshalb auch ein neues Segment für Staats- und Unternehmensanleihen aus dem Umfeld der europäischen Verteidigungsbranche lanciert.

Unterwasser-Drohnen bestellt

Die französischen Verteidigungsspezialisten sind zwar weit von den Kursexplosionen der deutschen Rüstungswerte Hensoldt, Rheinmetall und Renk Group entfernt, deren Börsenkurs seit Beginn des Jahres über 100% gestiegen ist, teilweise sogar um fast 200%. Mit einer Ausnahme, denn der Kurs von Exail Technologies hat seit dem 1. Januar 196% auf 54,90 Euro zugelegt. Der Hersteller von Navigationssystemen und Unterwasser-Robotern konnte in den letzten Monaten mehrere Aufträge für Unterwasser-Drohnen zur Bekämpfung von Minen auf dem Meeresgrund einfahren, sodass sich sein Auftragsbestand auf mehr als 1 Mrd. Euro erhöht hat. Das familiengeführte Unternehmen erwartet, dass sich der Markt für autonome Unterwasser-Roboter in den nächsten drei bis vier Jahren verdoppeln wird. Nach Exail Technologies hat mit Exosens hat ein weiteres mittelgroßes Unternehmen den zweitgrößten Kursgewinn seit Beginn des Jahres verbucht. Das Hightech-Unternehmen aus der Nähe von Bordeaux hat sich auf die Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von elektrooptischen Detektions- und Bildgebungssystemen für die Verteidigungsindustrie, Industrie, Medizin, Nukleartechnik und Forschung spezialisiert. Im Auftaktquartal konnte es seinen Umsatz um 21% auf 105 Mill. Euro verbessern. Die Aktie ist seit dem 1. Januar um 85% auf 36,80 Euro gestiegen, während der CAC 40 und der SBF 120 im selben Zeitraum gerade mal um die 6% zugelegt haben. Die Analysten von Stifel empfehlen die Exosens-Aktie mit einem Kursziel von 38 Euro zum Kauf, auch wenn sie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) in von 35 relativ hoch bewertet ist. Da ist der Rüstungselektronik- und Avionik-Konzern Thales mit einem KGV von 26,5 schon günstiger. Sein Aktienkurs ist seit dem 1. Januar um 77% auf 264,40 Euro gestiegen. Analyst Yan Derocles von Oddo BHF hat das Kursziel für Thales erst vor wenigen Tagen von 250 auf 265 Euro angehoben. Er hält die Bewertung nach wie vor für attraktiv. Die vorübergehende Wachstumsschwäche der Cyberbranche sei zwar im Kurs integriert, nicht aber die Wachstumsstärke im Bereich Verteidigung, die noch unterschätzt sei, meint er.

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Warten auf Neuaufträge

Unterschätzte Wachstumsstärke

Thales selber geht davon aus, dass seine Verteidigungsaktivitäten bis 2028 im Schnitt organisch 6% bis 7% pro Jahr wachsen werden. In diesem Jahr dürfte sich die geplante Erhöhung der Verteidigungsbudgets in Europa zwar nicht auf den Umsatz auswirken, da sich in ihm vor allem bereits gebuchte Aufträge widerspiegeln, sagte Thales-Chef Patrice Caine bei der Vorstellung der Bilanz 2024. Doch mittel- und langfristig könnte sich das Umsatzwachstum dadurch beschleunigen, wenn den Worten neue Aufträge folgen. Bisher lassen sie jedoch noch auf sich warten, sodass der Auftragseingang der Verteidigungsaktivitäten von Thales im ersten Quartal um 58% auf 1,3 Mrd. Euro eingebrochen ist, während sich ihr Umsatz um 16,5% auf 2,69 Mrd. Euro verbesserte.

Thales profitiert auch von der gerade von Indien unterzeichneten Bestellung von 20 Rafale-Kampfjets für seine Marine bei Dassault Aviation. Immerhin liefert der Konzern, an dem Dassault knapp 27% hält, die Avionik für die Rafales. Der jetzt von Dassault eingeflogene Auftrag hat einen Umfang von umgerechnet rund 6,53 Mrd. Euro. Die nun von Indien bestellten Rafales sollen bis 2030 ausgeliefert werden. Jefferies hat das Kursziel für die von ihr zum Kauf empfohlene Dassault-Aktie gerade auf 390 Euro angehoben. Sie ist seit Jahresbeginn fast 55% auf 305,60 Euro gestiegen.

Neuer Rafale-Auftrag

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