Im Schatten der Zölle
Geld oder Brief
Daimler Truck im Schatten der Zölle
Von Joachim Herr, München
Die Importzölle der USA waren zuletzt der stärkste Motor – oder die schärfste Bremse für den Aktienkurs von Daimler Truck: Je nachdem, welcher Trend in der Drohkulisse von Präsident Donald Trump gerade vorherrschte. Besonders kräftig war die Reaktion am Mittwoch in der vergangenen Woche: Die USA und Japan einigten sich auf einen Importzoll von 15%. Verglichen mit der von Trump ins Spiel gebrachten Quote von 25% kommt die japanische Exportwirtschaft mit einem blauen, wenn auch dicken Auge davon.
Die Hoffnung, die EU könnte eine ähnliche Lösung aushandeln und die seit April geltenden Strafzölle abmildern, machte die Aktien von Fahrzeugherstellern attraktiver. Am stärksten legte am Tag des Japan-Deals der Kurs von Daimler Truck zu: Um 7,3% ging es nach oben. Tatsächlich vereinbarten die EU und die USA wenig später am vergangenen Montag ebenfalls einen Basiszoll von 15% für die meisten Importe nach Amerika. Anfangs machte der Kurs von Daimler Truck einen kleinen Satz nach oben, beendete den Xetra-Handel aber mit einem Abschlag von gut 2%. Auch ein Zollsatz von 15% ist hoch. Viele Branchen und Unternehmen in Deutschland hadern damit.
In den USA ganz vorn
Die USA und Europa sind die wichtigsten Märkte von Daimler Truck. In den Vereinigten Staaten ist der Lkw- und Bushersteller zudem am profitabelsten – mit einer operativen Umsatzrendite von zuletzt mehr als 14%. Mit den Marken Freightliner und Western Star ist der Konzern Marktführer für schwere Lkw in den USA. Daimler Truck kommt dort auf einen Marktanteil von mehr als 40%.
Das Unternehmen fertigt zwar einen großen Teil der Produktion für den US-Markt im Land. Die stark erhöhten Einfuhrzölle für Stahl, Aluminium und Kupfer treffen aber hart. Dafür gilt zumindest vorerst weiterhin eine Rate von 50%. Zudem betreibt Daimler Truck zwei Montagewerke in Mexiko. Von dort werden auch Teile in die USA geliefert. Immerhin ermöglicht der Produktionsverbund Flexibilität: Alle Lkw-Modelle für Amerika können sowohl in den USA als auch in Mexiko hergestellt werden. Den Antriebsstrang mit einem erheblichen Anteil an der Wertschöpfung fertigt Daimler Truck für den nordamerikanischen Markt im Werk in Detroit – einem von sieben Fabriken in den USA.
Kunden verschieben Bestellungen
Härter trifft das Unternehmen die Unsicherheit der Kunden, die Trump mit seiner Zoll- und auch Umweltpolitik (Stichwort: Abgasvorschriften) verursacht. Sie halten sich mit Bestellungen von Lkw zurück und verschieben Investitionen. Der Auftragseingang von Daimler Truck fiel deshalb stark. Der Vorstand verringerte Mitte Mai sowohl die Absatzprognose für den nordamerikanischen Markt als auch für das eigene Geschäft dort und im gesamten Konzern. Wie sich die Märkte, Umsatz und Ergebnis im zweiten Quartal entwickelt haben, berichtet Daimler Truck an diesem Freitag.
Die Botschaften der Vorstandsvorsitzenden Karin Rådström auf dem Kapitalmarkttag am 8. Juli in Charlotte in den USA zur Strategie und den Margenzielen für das Jahr 2030 bewerteten der Markt und Analysten überwiegend positiv. Warburg Research erhöhte das Kursziel um 2 auf 55 Euro und empfiehlt weiterhin einen Kauf der Aktie. Kurzfristig belaste zwar die Unsicherheit im Markt, doch die Bedingungen sollten sich verbessern. Hinter den für 2030 erhöhten Margenzielen stünden Kostendisziplin in Europa, Größenvorteile und Produktdynamik in Nordamerika sowie der Ausbau des globalen Servicegeschäfts und Investitionen in Technologie entsprechend der Nachfrage.
„Klarer Aktionsplan“
Die Analysten von J.P. Morgan bezeichnen das Effizienzprogramm für das Segment Mercedes-Benz Trucks als klaren Aktionsplan zur Senkung der Kostenbasis. Das Kursziel von 56 Euro und die Einstufung „Übergewichten“ lassen sie unverändert. Das gilt auch für die kanadische Bank RBC (47 Euro; Overweight). Die für 2030 angestrebten Ziele enthielten Aufwärtspotenzial für die Konsensschätzungen bezogen auf die Margen als auch auf den freien Cashflow.
Zudem erwähnt RBC wie andere das angekündigte neue Aktienrückkaufprogramm im Volumen von 2 Mrd. Euro. Dieser Rückkauf soll in dieser Jahreshälfte beginnen und zwei Jahre dauern. Die Analysten von Goldman Sachs hatten allerdings mit einem größeren Umfang von 3 Mrd. Euro gerechnet. Sie halten an ihrem Kursziel von 40 Euro und der Einschätzung „neutral“ fest. Die Bedenken des Marktes wegen der derzeitigen Nachfrageschwäche in Nordamerika bleiben aus ihrer Sicht vorerst bestehen. Hinzu komme, dass ein großer Teil der anvisierten Kostensenkung in Europa erst gegen Ende des bis 2030 laufenden Programms realisiert werde.
Konflikt mit Betriebsrat
Auf dem Kapitalmarkttag kündigte Rådström an, dass in Deutschland rund 5.000 Arbeitsplätze gestrichen werden sollen. Dass Stellen wegfallen, stand schon fest. Die Zahl jedoch war neu – und erzürnte den Betriebsrat. Mittlerweile haben sich die Wogen geglättet. Der Arbeitnehmerseite war wichtig, dass der Vorstand in einer Videobotschaft an die Beschäftigten klargestellt habe, eine Zahl für einen Stellenabbau sei mit dem Betriebsrat nicht vereinbart worden.