Risiken für Ryanair und Easyjet

Berenberg sieht Überkapazitäten im Kurzstreckengeschäft - Steigende Kosten schmälern Gewinne

Risiken für Ryanair und Easyjet

Flugtickets für kurze Reisen sind billig und werden es nach Ansicht der Berenberg Bank vorerst auch bleiben. Bei den aktuell steigenden Kosten dürften die Gewinne der Billig-Airlines daher sinken. Die ungarische Wizz Air stehe besser da, heißt es in einer Studie der Bank, auch Air France und IAG werden empfohlen. amb Frankfurt – Die Preise für Kurzstreckenflüge werden nach Ansicht der Berenberg Bank noch lange niedrig bleiben – mit gefährlichen Folgen für die Billigfluggesellschaften. Die meisten von ihnen könnten die höheren Kosten nämlich nicht an ihre Kunden weitergeben, heißt es in einer Studie der Bank. Das gelte besonders für die irische Ryanair, die Aktie wird daher auf “Sell” zurückgestuft, und für die britische Easyjet, hier wird das “Sell”-Votum bekräftigt. Ausnahme sei die ungarische Wizz Air, die auf “Buy” gesetzt wird. Zum Kauf empfiehlt Berenberg auch die traditionellen Fluggesellschaften Air France-KLM und International Airlines Group (IAG), die Holdinggesellschaft von British Airways und Iberia. Für Lufthansa votiert sie mit “Hold”.Die Analysten gehen davon aus, dass das Kurzstreckengeschäft in Europa von einem Überangebot geprägt bleiben wird: Nach einem Anstieg von 6 % bei den Kapazitäten 2018 rechnen sie für 2019 mit einem Plus von 7,5 %. Damit haben sie ihre Prognosen etwas zurückgenommen, im September waren sie sogar von 9 % für dieses Jahr ausgegangen. Im Langstreckengeschäft nehme der Druck hingegen etwas ab: Nach Kapazitätszuwächsen von 7 % im Jahr 2018 erwarten sie für 2019 nur noch 5 % (zuvor 6 %).Berenberg sieht Parallelen zu 2016, als die Kapazitäten ebenfalls um über 7,5 % stiegen. Der währungsbereinigte Umsatz pro Sitz der Billigflieger sei damals geschrumpft, und zwar um 3 % bis 6 % – und das in einem Umfeld anziehenden Wirtschaftswachstums. Angesichts der aktuellen Konjunkturabschwächung sehen die Analysten für dieses Jahr daher schwarz. Ihre Annahmen für die Ticketpreise 2019 liegen bereits unter den Konsensschätzungen, könnten aber nochmals fallen. Pläne, die Kapazitäten zu kürzen, halten sie für unrealistisch: Viele Airlines setzten immer noch auf kleine Flugzeuge, Industrievertreter versprühten verhaltenen Optimismus. Dazu bei trügen auch die anhaltend niedrigen Finanzierungskosten für neue Flugzeuge. Bei nachlassender Nachfrage sei die Gefahr von noch mehr Überkapazitäten daher hoch. Harter WettbewerbBerenberg rät vor allem von Ryanair ab (“Sell”), das Kursziel liegt jetzt bei 9,75 Euro nach bislang 12,60 Euro (aktuell 10,51 Euro). Begründet wird das mit dem steigenden Wettbewerbsdruck etwa durch Wizz Air und Eurowings, die Billigfluggesellschaft der Deutschen Lufthansa. Ryanair könne die anziehenden Kosten wegen zu hoher Kapazitäten in der Branche nicht an die Kunden weitergeben. Die Unsicherheit bezüglich der Aktie bleibe, heißt es in der Studie – auch wegen wohl steigender Löhne für die Beschäftigten. Die Gewinnschätzungen werden für 2019 bis 2021 um 11,2 %, 11,9 % und 6,1 % reduziert auf jetzt nur noch 0,88, 0,88 und 1,18 Euro.Ebenfalls auf “Sell” stuft Berenberg die britische Billigfluglinie Easyjet und senkt das Kursziel von 11,60 auf 10,10 Pfund (aktuell 11,57 Pfund). Die Aktie mache zwar einen günstigen Eindruck, positive Nachrichten seien aber nicht zu erwarten. Auch Easyjet leide unter dem harten Wettbewerb und dem knappen Arbeitskräfteangebot in der Branche. Der Druck auf die Marge halte an. Die Experten reduzieren die Gewinnschätzungen für 2018 um 1,8 % auf 1,17 Pfund, für 2019 um 4,7 % auf 1,09 Pfund und für 2020 um 4,9 % auf 1,20 Pfund.Einzige Kaufempfehlung unter den Billig-Airlines ist Wizz Air (“Buy”). Das Kursziel liegt mit jetzt 36 nach zuvor 38 Pfund immer noch weit über der aktuellen Notierung (29,57 Pfund). Grund für die optimistischere Sicht: Wizz Air ist in Ländern tätig, die nicht so sehr von Überkapazitäten betroffen sind, auf der Hälfte der Strecke gibt sogar keinerlei Konkurrenz, wie die Analysten erläutern. Außerdem steige die Nachfrage in den Ländern, in denen Wizz Air fliegt, schneller als im Westen. So könne die Airline höhere Kosten an die Kunden weitergeben, etwa habe die Wiedereinführung der Gebühr für Kabinengepäck nicht geschadet. Die Gewinnschätzungen werden kaum verändert und liegen bei 2,35, 3 und 3,70 Pfund je Aktie für 2019 bis 2021.Für die traditionellen Airlines zeigt sich die Bank jetzt optimistischer, nach dem deutlichen Kursrückgang von Air France-KLM und IAG raten die Analysten jetzt zum Einstieg. Der Druck in der Branche nehme ab, das Verhältnis von Angebot und Nachfrage für die großen Airlines verbessere sich. Dazu seien die Bewertungen (EV/Ebitdar) auf einem historischen Tiefpunkt angekommen. Im Vergleich zur Lufthansa hätten Air France-KLM und IAG mehr Langstreckenflüge, dazu gebe es keine Integrationsrisiken. Das Kursziel für Air France-KLM (“Buy”) bleibt bei 12 Euro (aktuell 9,12 Euro), für IAG (“Buy”) nennen sie 7,80 Pfund (aktuell 6,06 Pfund), für die Deutsche Lufthansa (“Neutral”) 22 Euro (aktuell 19,83 Euro).Die Empfehlungen anderer Analysten bezüglich Ryanair fallen gemischt aus: So raten UBS und RBC Capital zum Einstieg, während HSBC und Kepler Cheuvreux – wie Berenberg – die Aktie auf “Reduce” bzw. “Sell” stufen. Die UBS ist optimistisch und nennt ein weit über der aktuellen Notierung liegendes Kursziel von 16,75 Euro. Sinkende Ölpreise stützten, heißt es. Die Bewertungen zeichneten ein düsteres Bild und spiegelten damit wohl die Nachfrageperspektiven wider, unsichere Zeiten böten aber auch Gelegenheiten. RBC votiert mit “Outperform” bei einem Kursziel von 16 Euro. Kepler Cheuvreux hält hingegen nur einen Kurs von 9,20 Euro für gerechtfertigt und stuft die Aktie auf “Reduce”. HSBC nennt ein Kursziel von 10,50 Euro und plädiert ebenfalls mit “Reduce”. Grundsätzlich sei das Umfeld für die Branche von Unsicherheiten geprägt, zudem werfe der Brexit Fragen auf zur Struktur der Eigentümer und der Kontrollgremien.Bezüglich Easyjet zeigt sich HSBC hingegen zuversichtlich, auch RBC rät hier zum Kauf. HSBC setzt das Kursziel für Easyjet bei 16,50 Pfund an (“Buy”), RBC bei 16 Pfund (“Outperform”). RBC bevorzugt in der europäischen Transport- und Infrastrukturbranche Papiere qualitativ hochwertiger Unternehmen, die günstig bewertet sind und dank steigender Cashflows ihren Gewinn je Aktie erhöhen können, in diese Kategorie falle auch Easyjet.Für die Lufthansa-Aktie, die von Berenberg nur auf “Neutral” gestuft wird, gibt es zahlreiche Kaufempfehlungen, etwa von der UBS, Bernstein, RBC Capital, HSBC und Credit Suisse. Die UBS traut der Aktie einen Kurs von 28,50 Euro zu und begründet das unter anderem mit den sinkenden Ölpreisen. Auch hier sieht die Schweizer Bank Chancen aufgrund der unsicheren Zeiten. Bernstein Research setzt Lufthansa auf “Outperform” mit einem Kursziel von 27 Euro. Die Aktie bleibt sogar “Top Pick” unter den europäischen Airlines. Begründet wird das mit der attraktiven Free-Cash-flow-Rendite, der dominanten Position in den deutschsprachigen Kernmärkten und den rückläufigen Kosten.