Rohstoffe womöglich vor Superzyklus

Der Rohstoffmarkt könnte laut Wisdom Tree vor einem neuen Superzyklus stehen. Die Energiewende und die kommenden Infrastrukturausgaben sieht der ETP-Anbieter als Treiber.

Rohstoffe womöglich vor Superzyklus

kjo Frankfurt

Am Rohstoffmarkt könnte dem ETP-Anbieter Wisdom Tree zufolge ein neuer Superzyklus bevorstehen. „Unserer Ansicht nach dürften Rohstoffe langfristig strukturelle Unterstützung durch die Energiewende und einen Aufschwung bei den Infrastrukturausgaben erfahren“, sagt Nitesh Shah, Leiter Rohstoff- und Makro-Research bei Wisdom Tree.

„Superzyklen fallen mit Zeiten der Industrialisierung und Urbanisierung zusammen, in denen das Angebot an Rohstoffen nicht mit dem Wachstum der Nachfrage Schritt halten kann“, so Shah. Der vorangegangene Superzyklus sei eingetreten, nachdem China 2001 der Welthandelsorganisation beigetreten war, was die Entwicklung durch den Abbau von Handelshemmnissen enorm beflügelt habe. Das werfe die Frage auf, ob man nach zwei Jahren mit einer starken Entwicklung an den Rohstoffmärkten – 2021 und 2022 –  an der Schwelle zu einem weiteren Superzyklus stehen könnte. „Unserer Überzeugung nach bestehen dafür einige solide strukturelle Voraussetzungen“, meint Shah. „Doch auf kurze Sicht könnte die Dynamik des Konjunkturzyklus einschließlich eines steigenden Rezessionsrisikos das Preisverhalten dominieren.“

Nach mehreren Jahren der Outperformance der Rohstoffmärkte verspürt die Anlageklasse nach Ansicht von Wisdom Tree bereits zyklischen Gegenwind. Shah verweist auf die aggregierten Frühindikatoren – Composite Lead Indicators (CLIs) –, die frühzeitige Signale für Wendepunkte in Konjunkturzyklen senden sollen. Diese Indikatoren hätten schon vor 2022 eine entscheidende Wende hingelegt, bevor die Wertentwicklung der Rohstoffe später im Jahr 2022 ihren Höhepunkt erreicht habe. „Die CLIs sind nach wie vor rückläufig, was darauf hindeutet, dass der zyklische Gegenwind für Rohstoffe anhält“, führt Shah weiter aus.

Anzeichen der Erholung

Eine Wiedereröffnung Chinas dürfte laut Shah jedoch einen Teil dieses Drucks abmildern, und man sehe erste Anzeichen für eine Erholung der chinesischen Wirtschaft. Nachdem China seine Null-Covid-Politik nun aufgegeben habe, ziehe die Binnenkonjunktur stark an. Der Experte belegt dies unter anderem mit den steigenden Einkaufsmanagerindizes. Der Wert für Februar zeige, dass der Index für das verarbeitende Gewerbe ein Niveau erreicht habe, das seit 2012 nicht mehr verzeichnet wurde. „Das unterstreicht, dass der vom Inland ausgehende Aufschwung so­wohl die Industrie als auch den Dienstleistungssektor erreicht.“

Langfristig sollten Rohstoffe Wisdom Tree zufolge durch die welt­weite politische Unterstützung der Energiewende Auftrieb erhalten. „In einem Szenario, in dem bis 2050 Netto-null-Emissionen angestrebt werden, um den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindus­triellen Niveau zu begrenzen, dürfte die Nachfrage nach Metallen deutlich steigen.“ Denn Metalle seien für die Herstellung von Batterien, die Elek­trifizierung des Stromverbrauchs, Elektrolyseure, Wärmepumpen und andere für die Energiewende erforderliche Technologien von entscheidender Bedeutung. Laut Daten der Internationalen Energieagentur werde das Angebot an kritischen Rohstoffen in einem Szenario mit Netto-null-Emissionen sowohl beim Abbau als auch bei der Produktion von Rohstoffen den Bedarf bei Weitem nicht decken.

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