Telekombranche

Telefónica Deutschland setzt auf Sustainability

Telefónica Deutschland setzt vermehrt auf das Thema nachhaltige Finanzierungen. Das Telekomunternehmen zählt aber noch zu den seltenen Emittenten im ESG-Bond-Markt.

Telefónica Deutschland setzt auf Sustainability

Von Bettina Deuscher*)

Die Telekombranche punktet bei Nachhaltigkeit mit deutlichen Effizienzgewinnen durch den Technologiefortschritt. Angesichts dessen wächst die Zahl der Telekomnetzbetreiber mit ESG-Bonds (Environment, Social, Governance) kontinuierlich. Telefónica Deutschland emittierte zwar bislang noch keinen ESG-Bond. Das könnte sich aber ändern. Denn andere nachhaltige Finanzierungsinstrumente wurden bereits genutzt.

Das in München beheimatete Unternehmen zählt mit rund 45 Millionen Mobilfunk- und mehr als 2 Millionen Breitbandanschlüssen zu den führenden drei integrierten Telekommunikationsanbietern in Deutschland. Neben der Kernmarke O2 zählen weitere eigene und Partnermarken zu der Mehrmarken- und Mehrkanal-Strategie, um am Daten- und Umsatzwachstum von 5G zu partizipieren. Neben einem Aktienanteil von 30,8% im Free Float ist der spanische Telekommunikationskonzern Telefónica S.A. Ankeraktionär.

Die ESG-Strategie von Telefónica Deutschland ist mit dem Responsible Business Plan 2025 „Digital. Sustainable. Connected“ vollständig in die allgemeine Geschäfts­strategie integriert. Bereits seit Jahren­ wird die Realisierung wichtiger Nachhaltigkeitsziele verfolgt, hauptsächlich in den Feldern Energieeffizienz, der CO2-Bilanz und im Bereich der Unternehmensführung. Letzteres beinhaltet unter anderem die Etablierung zahlreicher nichtfinanzieller Key-Performance-Indikatoren als Parameter der Bonusermittlung für das Management. Bis 2025 will das Unternehmen klimaneutral sein. Zu den Energieeffizienzzielen werden insbesondere die bevorstehende 3G-Abschaltung, der 4G-Ausbau und die 5G-Einführung beitragen.

Hohe Visibilität

Eine hohe Visibilität beim Thema Nachhaltigkeit forcierte das Unternehmen frühzeitig. Bereits im Jahr 2004 wurde mit der Festschreibung der unternehmensweiten Umwelt- und Klimapolitik gemäß ISO-Richtlinien der Grundstein für Nachhaltigkeit gelegt, was Regelungen eigener Betriebsabläufe in den Bereichen Netze, Büroflächen und Mobilität betraf, einen verantwortungsvollen Einkauf und nachhaltige Produktinnovationen. Angesichts dessen sammelte Telefónica Deutschland auch im Bereich Sustainable Finance (nachhaltige Finanzierung) frühzeitig Erfahrungen, was Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB) be­traf, bei denen Umweltaspekte eine wichtige Rolle spielten. Dazu zählte u. a. im Jahr 2016 ein EIB-Darlehen in Höhe von 450 Mill. Euro, das an CO2-Abbauziele aus der Zusammenlegung des eigenen Mobilfunknetzwerkes mit dem erworbenen E-Plus-Netz gekoppelt war.

Im nächsten Schritt nahm das Unternehmen vorzeitig im Dezember 2019 die Refinanzierung eines ursprünglich bis März 2023 laufenden syndizierten Kredits in Höhe von 750 Mill. Euro vor. Als erstes deutsches Telekommunikationsunternehmen vereinbarte Telefónica Deutschland im Rahmen der Refinanzierung einen sogenannten Sustainability-Linked Loan, einen Konsortialkredit mit Nachhaltigkeitskomponente. Die Zinsmarge ist unter anderem an die Erfüllung bestimmter ESG-Kriterien in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz, soziales Engagement und Unternehmensführung gebunden. Maßgeblich hierfür ist ein jährlich erstelltes Nachhaltigkeitsrating durch Sustainalytics, einen der führenden Anbieter von Nachhaltigkeitsbewertungen. Die Verknüpfung der Zinskonditionen mit der Entwicklung des ESG-Ratings verdeutlicht die Verpflichtung zum nachhaltigen Wirtschaften in be­sonderem Maße. Werden die kommunizierten Nachhaltigkeitsziele verfehlt, erhöht das zum einen die Finanzierungskosten. Zum anderen können die Zuverlässigkeit und die Glaubwürdigkeit darunter leiden. Ein damit verbundener Vertrauensverlust birgt das Risiko eines massiven Reputationsschadens mit negativen Folgen für die Refinanzierung. Die neue Kreditlinie läuft inklusive Verlängerungsoption bis Ende 2026.

Seltener Emittent

Am Bondmarkt gehört Telefónica Deutschland mit aktuell lediglich einem ausstehenden Bond über 600 Mill. Euro (Laufzeit 7/2025) zu den seltenen Emittenten. In der Vergangenheit wurden insgesamt 1,7 Mrd. Euro mittels Anleihen eingesammelt, die bislang letzte Emission war im Sommer 2018. Im selben Jahr schloss das Unternehmen die E-Plus-Integration ab. Die daraus erwarteten Synergien wurden fast vollständig realisiert. Kurz darauf startete die Netzausbauoffensive für Wachstum. Auch wurde die Netzqualität deutlich verbessert. Die Maßnahmen sind noch nicht abgeschlossen. Sie sollen die Basis für künftiges Wachstum bereiten, nach einer erwarteten leicht positiven wirtschaftlichen Entwicklung in diesem Jahr.

Während dieser Phase kapital­intensiver Wachstumsinvestitionen zwang die Pandemie teilweise zu einer Verschiebung der Investitionen. Für eine gute Absicherung des Investment-Grade-Ratings und eine komfortable Liquiditätsausstattung wurden gleichzeitig die Cash-Pols­ter erhöht. In dieser Situation bescherte der strategische Verkauf des Mobilfunkantennenportfolios an Telxius Sondereinnahmen in Höhe von 1,5 Mrd. Euro. Die unveränderte Nutzung der veräußerten Funkanlagen erhöht zwar die regelmäßigen Leasingkosten, bringt aber den Vorteil, dass ein komplexes Management dieser Assets wegfällt. Trotz der Extraerlöse wurde einer Sonderdividende eine Absage erteilt. Stattdessen flossen die Mittel in die Wachstumsinvestitionen und in diesem Jahr in die Rückzahlung des im Februar fälligen Bonds in Höhe von 500 Mill. Euro (Kupon 2,375%).

Ein weiterer zentraler Bestandteil der Finanzierungsstruktur des Unternehmens sind mehrere Schuldscheindarlehen. Insgesamt beliefen sich die Nettofinanzschulden zum 30. Juni 2021 auf rund 3,9 Mrd. Euro. Die Zunahme um rund 0,7 Mrd. Euro im ersten Halbjahr resultierte im Wesentlichen aus der Dividendenausschüttung und einer Erhöhung der Leasingverbindlichkeiten infolge regelmäßiger Vertragsverlängerungen. Der aktuelle Verschuldungsgrad be­wegt sich mit 1,6x weiterhin deutlich unter dem vom Unternehmen selbst definierten Zielwert von 2,5x. Mit Blick auf die bis Ende 2023 fälligen Finanzverbindlichkeiten ist der Refinanzierungsbedarf aktuell zwar gering. Danach steigt er aber sukzessiv an, insbesondere im Jahr 2025, wenn der ausstehende Bond fällig wird. Auf mittlere Sicht erscheint eine Refinanzierung am Bondmarkt damit durchaus vorstellbar. Aufgrund der Erfahrungen mit nachhaltigen Finanzierungen wäre es auch möglich, dass die Wahl auf einen ESG-Linked Bond fällt. Ein Anreiz dafür könnte zudem im sogenannten Greenium liegen, das derzeit vermehrt Corporates-Debütanten am ESG-Bond-Markt verbuchen – ein Spreadabschlag im Vergleich zu traditionellen Anleihen. Außerdem stellt die vom Unternehmen im Juli veröffentlichte ESG-Investorenpräsentation zur Aufrechterhaltung eines ausgewogenen Finanzierungsmixes weitere Sustainable-Finance-Instrumente wie ESG-Linked Bonds oder -Schuldscheine in Aussicht.

*) Bettina Deuscher ist Senior-Analystin für Telekoms bei der Landesbank Baden-Württemberg.

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