Angeschlagener IT-Dienstleister

Atos braucht wesentlich mehr Geld als angenommen

Der Kapitalbedarf von Atos ist fast doppelt so hoch wie bisher gedacht. Das Angebot des französischen Staates für die strategischen Aktivitäten Advanced Computing, Mission-Critical Systems und Cybersecurity Products reicht dafür nicht.

Atos braucht wesentlich mehr Geld als angenommen

Atos braucht noch mehr Geld

wü Paris

Der angeschlagene IT-Dienstleister Atos braucht fast doppelt so viel Geld wie bisher angenommen. Das Angebot, das ihm der französische Staat für seine strategischen Aktivitäten gemacht hat, wird dafür nicht reichen. Denn Atos beziffert seinen Kapitalbedarf jetzt auf 1,1 Mrd. Euro, um den Geschäftsbetrieb 2024 und 2025 aufrechterhalten zu können. Bislang war der ehemalige CAC-40-Konzern von 600 Mill. Euro ausgegangen. Investoren haben noch bis zum 3. Mai Zeit, Atos Vorschläge für die Refinanzierung zu unterbreiten, nachdem die Frist um eine Woche verlängert wurde.

Die staatliche französische Beteiligungsagentur hat Atos eine unverbindliche Absichtserklärung für die strategischen Aktivitäten unterbreitet. Diese umfassen die Bereiche Advanced Computing inklusive Superrechnern, Mission-Critical Systems und Cybersecurity Products der BDS-Einheit (Big Data & Security). Sie werden laut Atos durch das Gebot mit 700 Mill. bis 1 Mrd. Euro bewertet. Eine Due-Diligence-Phase solle so schnell wie möglich beginnen, damit der Staat bis Anfang Juni ein unverbindliches Angebot bestätigen könne, erklärte Atos. Airbus hatte sich für BDS interessiert und die Einheit zunächst mit 1,5 bis 1,8 Mrd. Euro inklusive Schulden bewertet, dann jedoch Mitte März das Handtuch geworfen. Die Aktivitäten, die der französische Staat übernehmen will, entsprechen laut Atos einem Umsatz von 1 Mrd. Euro, die gesamte BDS-Einheit kommt auf 1,5 Mrd. Euro.

Gesenkte Prognosen

Neben dem Kapitalbedarf hat der IT-Dienstleister mehrere andere Parameter seines Refinanzierungsplanes aktualisiert, seit er sie Anfang April vorgestellt hat. So geht er inzwischen davon aus, dass seine Bruttoverschuldung um 3,2 Mrd. Euro verringert werden muss, damit die für die Kreditwürdigkeitsnote „BB“ nötige Verschuldungsrate bis Ende 2026 weniger als dem Doppelten des Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) entspricht.  

Nach einem Umsatzrückgang im ersten Quartal von 2,79 Mrd. auf 2,48 Mrd. Euro hat Atos jetzt auch seine Aussichten für das Gesamtjahr gesenkt. Statt 9,9 Mrd. Euro erwartet der IT-Dienstleister nur noch einen Umsatz von 9,8 Mrd. Euro, was einem organischen Rückgang von 3,3% entspricht. Die operative Marge dürfte 300 Mill. Euro betragen, was 2,9% des Umsatzes entspricht. Zuvor war der Konzern von 400 Mill. Euro ausgegangen, das sind 4,3% des vorher erwarteten Umsatzes. Für 2027 stellt Atos nun einen Umsatz von 11 Mrd. statt 11,4 Mrd. Euro sowie eine operative Marge von 9,9% statt 10,3% in Aussicht.

Staat sucht industrielle Partner

Es gäbe fast jede Woche neue Angaben, kommentieren Beobachter in Paris. Neben den 1,1 Mrd. Euro an Barmitteln ist der IT-Dienstleister nach wie vor auf der Suche nach neuen erneuerbaren Kreditlinien über 300 Mill. Euro sowie 300 Mill. Euro zusätzlichen Bankgarantien. Atos hofft, bis Juli eine Einigung mit seinen Gläubigern erzielen zu können.

Das Angebot des französischen Staates verändere das Blatt, meint Octo Finances. Auf der einen Seite bringe es dringend notwendige Liquiditäten, auf der anderen Seite könnte die dadurch veränderte Struktur der Gruppe auf weniger Interesse bei Investoren stoßen. Wie aus dem Umfeld von Wirtschaftsminister Bruno Le Maire verlautete, hofft der französische Staat die strategischen Aktivitäten von Atos zusammen mit industriellen Partnern übernehmen zu können. Entsprechende Diskussionen hätten bereits begonnen. Thales und Dassault Aviation werden als mögliche Kandidaten gehandelt.

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