US-Konjunktur

Aufträge legen zu, Jobmarkt trübt sich ein

Beobachter der US-Wirtschaft müssen in letzter Zeit mit einander widersprechenden Konjunktursignalen umgehen: Während die Bestellungen für langlebige Waren stärker als erwartet ausfallen, scheint der Arbeitsmarkt etwas an Tempo zu verlieren. Die Notenbank steht vor einem Dilemma.

Aufträge legen zu, Jobmarkt trübt sich ein

In den USA haben die Aufträge für langlebige Güter im Oktober stärker als erwartet zugelegt. Die Bestellungen wuchsen im Vergleich zum Vormonat um 1,0%, wie das US-Handelsministerium am Mittwoch auf Basis einer ersten Schätzung mitteilte. Analysten hatten im Schnitt lediglich mit einem Anstieg um 0,4% gerechnet. Der Anstieg im September wurde leicht nach unten auf 0,3% revidiert.

„Dies ist ein Zeichen für eine anhaltende Investitionstätigkeit der Unternehmen“, kommentierte Helaba-Ökonom Ralf Umlauf den anhaltenden Aufwärtstrend. „Ungeachtet der Stimmungseintrübung, die in den letzten Monaten auch im Verarbeitenden Gewerbe zu sehen war, scheint die Industrie weiterhin auf Wachstumskurs zu sein.“

Der Auftragseingang langlebiger Gebrauchsgüter beschreibt die Nachfrage nach industriellen Gütern. Steigende Auftragseingänge signalisieren in der Regel Zuversicht in die konjunkturelle Lage, während ein Zurückhalten von Investitionen einen gewissen Grad an Pessimismus der Firmen zum Ausdruck bringt. Wenn der Auftragseingang langlebiger Gebrauchsgüter höher als erwartet ausfällt, führt das auf den Devisenmärkten in der Regel zu einem steigenden Kurs des US-Dollar.

Die US-Notenbank Fed hatte Anfang des Monats den Leitzins im Kampf gegen die hohe Inflation zum vierten Mal in Folge um 0,75 Prozentpunkte erhöht, weshalb viele Experten eine Eintrübung der Konjunktur erwarten. Seither haben mehrere Währungshüter signalisiert, dass sie kleinere Schritte befürworten. Der Leitzins in den USA liegt in der Spanne von 3,75 bis 4,00 Prozent. Der nächste Zinsentscheid steht Mitte Dezember an. Bei der am Abend (20.00 MEZ) geplanten Veröffentlichung der Protokolle der jüngsten Sitzung erhoffen sich Investoren Hinweise auf den weiteren geldpolitischen Kurs.

Arbeitsmarkt noch recht robust

Für erste Wirkungen der hohen Zinsen sprechen neue Daten vom Jobmarkt. Die Lage auf dem US-Arbeitsmarkt hat sich in der vergangenen Woche unerwartet deutlich eingetrübt. Womöglich haben viele Firmen, die von hohen Zinsen unter Druck gesetzt werden, zunächst einen Einstellungsstopp verhängt. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe jedenfalls stieg um 17.000 auf 240.000, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Analysten hatten nur mit 225.000 Anträgen gerechnet. Wegen des „Thanksgiving“-Feiertags am Donnerstag wurden die Daten einen Tag früher als gewöhnlich veröffentlicht.

Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe gelten als Indikator für die kurzfristige Entwicklung des Arbeitsmarkts. Trotz des Anstiegs bleibt das Niveau der Hilfsanträge aber insgesamt gesehen niedrig, was auf eine weiter robuste Lage auf dem Arbeitsmarkt der größten Volkswirtschaft der Welt hindeutet. Und ungeachtet der Konjunkturflaute klagen viele US-Unternehmen über einen Mangel an Arbeitskräften.

Die US-Notenbank orientiert sich bei ihrer Geldpolitik stark an der Entwicklung des Jobmarkts. Sie hat den soliden Arbeitsmarkt als Argument gegen das Abgleiten der Wirtschaft in eine tiefe Rezession angeführt und versucht, mit starken Zinserhöhungen die sehr hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Allerdings hat sie zuletzt ein etwas langsameres Straffungstempo in Aussicht gestellt, um die Wirtschaft nicht zu stark zu belasten.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.