Rückenwind für Mittel aus dem Sondervermögen

Berlin beschleunigt öffentliche Beschaffung

Das Bundeskabinett hat das Vergabebeschleunigungsgesetz beschlossen. Es soll die Infrastrukturinvestitionen beflügeln. Mehr Chancen bietet es Startups.

Berlin beschleunigt öffentliche Beschaffung

Berlin beschleunigt öffentliche Beschaffung

Flexibleres Regelwerk soll Investitionen beflügeln – Mehr Chancen für Startups

wf Berlin

Das Bundeskabinett hat erleichternde und beschleunigende Bedingungen für die öffentliche Beschaffung gebilligt. „Die dringend notwendigen Investitionen, gerade auch durch das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaschutz, können durch diese Vergabereform schneller umgesetzt werden“, erklärte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) nach dem Kabinettbeschluss zum Vergabebeschleunigungsgesetz. Der Gesetzentwurf umfasst zahlreiche Einzelmaßnahmen, die das Vergaberecht vereinfachen, beschleunigen und digitalisieren sollen. Wirtschaft und Verwaltung werden nach Angaben des Ministeriums um 380 Mill. Euro entlastet. Zudem setze das Reiche-Ministerium auf die Beschleunigungswirkung.

Das Vergaberecht soll zudem die Chancen für den Mittelstand, für Start-ups und innovative Unternehmen erhöhen, öffentliche Aufträge zu bekommen. Die Vergabestellen sollen dazu milder bei Nachweispflichten oder Eignungskriterien agieren dürfen, etwa mit Blick auf Referenzen, Umsatzhöhe oder Unternehmensalter. Auch die Zahlungsbedingungen sollen die konkrete Situation von Start-ups berücksichtigen. Nicht im Gesetz, aber in einer Verwaltungsvorschrift umgesetzt werde die im Koalitionsvertrag versprochene Sonder-Direktauftragswertgrenze von 100.000 Euro für Start-ups. Diese gilt für die ersten vier Jahre nach Gründung. Die getrennten Schritte hätten allein rechtstechnische Gründe erfolgten aber zeitgleich, betont das Ministerium.

Höhere Auftragsgrenzen

Die allgemeine Direktauftragswertgrenze für Beschaffungen des Bundes steigt von bisher 15.000 Euro auf 50.000 Euro. Direktaufträge sind ohne aufwendigen Verfahren und Fristen möglich. Haushaltsrechtliche Grundsätze wie die Wirtschaftlichkeit der Beschaffung müssen aber beachtet werden.

Reduziert werden Nachweispflichten. Sie gelten nur noch für voraussichtlich aussichtsreiche Unternehmen und nur auf ausdrückliche Anforderung des Auftraggebers. Abgespeckt werden zudem Leistungsbeschreibungen, die nicht mehr bis ins Detail ausformuliert sein müssen. Für Infrastrukturvorhaben wird eine eng begrenzte Ausnahme vom Losgrundsatz eingeführt, also die sonst erforderliche Aufteilung des Auftrags in mehrere Lose. Auch die Nachprüfungsverfahren werden vereinfacht und digitalisiert.

Kritik am Gesetzesvorhaben äußerte der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW. Präsident Axel Gedaschko nannte die Reform einen „Bremsklotz für den Wohnungsbau in Deutschland“. Der Entwurf schaffe keine neuen Spielräume – er verenge sie. Gerade das kostengünstige serielle und modulare Bauen werde durch starre Vorgaben bei der Losvergabe massiv ausgebremst, konstatierte Gedaschko. Für Handwerkspräsident Holger Schwannecke ist dem Ministerium der Ausgleich zwischen Beschleunigung und Mittelstandstauglichkeit gelungen. Mit der Reform bekenne sich die Bundesregierung zum Grundsatz der Fach- und Teillosvergabe. Großvolumigen Beschaffungsvorhaben aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ seien möglich, erforderten aber dringliche und qualifizierte Gründe.