Ifo-Geschäftsklimaindex

Corona dämpft Stimmung

Im November zeigen sich die Unternehmen angesichts der auflaufenden vierten Coronawelle, der Preissteigerungen und der anhaltenden Logistikprobleme in trüber Stimmung. Das Ifo-Geschäftsklima ist vor allem bei den kontaktintensiven Dienstleistern und im Handel gesunken.

Corona dämpft Stimmung

ba Frankfurt

Die Corona-Pandemie in all ihren Facetten hat der deutschen Wirtschaft im November die Stimmung verhagelt – während die Industrie vor allem unter den Logistikproblemen leidet, sorgen steigende Infektionszahlen und erneute Restriktionen bei Handel und Dienstleistern für Sorgenfalten. Dies zeigt deutlich der Ifo-Geschäftsklimaindex, der um 1,2 auf 96,5 Punkte gefallen ist. Ökonomen hatten zwar den fünften Rückgang des wichtigsten Frühindikators der hiesigen Wirtschaft erwartet, allerdings einen Wert von 97,6 Zähler auf dem Zettel. Dementsprechend sehen sie sich nach den gestern veröffentlichten Ergebnissen der monatlichen Umfrage unter 9000 Unternehmen in ihrer Ansicht bestätigt, dass die Wirtschaft im vierten Quartal stagniert, wenn nicht gar minimal schrumpft.

„Lieferengpässe und die vierte Coronawelle machen den Unternehmen zu schaffen“, kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Nicht nur, dass die Unternehmen ihre aktuelle Lage schlechter als im Vormonat bewerteten, auch bei den Erwartungen „zeigte sich zunehmender Pessimismus“. Damit ist der Ifo-Index den positiveren Vorgaben der Umfragen von Sentix, ZEW oder IHS Markit unter den Einkaufsmanagern nicht gefolgt (vgl. BZ vom 24. November).

Nachdem zuletzt die Belastungsfaktoren wieder deutlich zugenommen haben, waren die Überraschung bei den Bankvolkswirten nicht ganz so groß. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet fast täglich neue Rekordwerte, am Mittwoch lag die 7-Tage-Inzidenz bei 404,5 nach 399,8 am Tag zuvor. Erstmals beantragten Länder, Corona-Intensivpatienten überregional zu verlegen. Seit gestern gilt das geänderte Infektionsschutzgesetz, das am Arbeitsplatz sowie in Bussen und Bahnen striktere Regeln vorsieht. Rufe nach schärferen Maßnahmen werden bereits lauter und auch die Debatte um eine allgemeine Impfpflicht verschärft sich. Olaf Scholz (SPD), der designierte Kanzler, kündigte die Einrichtung eines ständigen Bund-Länder-Krisenstabs im Kanzleramt zum Kampf gegen die dramatische Entwicklung an.

Besonders schwer von der Pandemieentwicklung betroffen ist der Tourismus- und Gastgewerbesektor. „Hier sind die Erwartungen regelrecht eingebrochen“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview. Die Unternehmen in der Branche stünden vor zwei bis drei schwierigen Monaten. „Selbst wenn keine formalen Lockdowns verkündet worden sind, dürften sich viele Menschen freiwillig einschränken. Im Sommer war schon fast eine Euphorie zu spüren, das ist jetzt wieder alles weg.“

Im Baugewerbe ist das Geschäftsklima gesunken und auch im Einzelhandel hat der Index nachgegeben. Hier machen sich – ebenso wie in der Industrie – die Lieferkettenprobleme bemerkbar. Im verarbeitenden Gewerbe ist das Klima gesunken, die Erwartungen haben sich aber vor allem wegen der Entwicklungen in der Autoindustrie etwas aufgehellt. Allerdings ließen „Lieferengpässe bei Vorprodukten und Rohstoffen die Industrie nicht los“, heißt es bei den Münchner Wirtschaftsforschern. Wohlrabe verweist auf das Paradoxon, dass trotz voller Auftragsbücher die Produktion sinkt. Für anhaltende Nachschubprobleme sorgt auch die chinesische Zero-Covid-Strategie, die immer wieder zur Schließung von Fabriken und Häfen führt, wie Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer erinnert. Etwas optimistischer zeigte sich Deka-Chefökonom Ulrich Kater: „Die Auftragsbestände sind weiterhin hoch, an der Behebung der Lieferengpässe wird gearbeitet, die Kostensteigerungen können vielfach weitergegeben werden.“ Zudem seien weite Teile der Weltwirtschaft von der vierten Welle nicht in gleichem Ausmaß betroffen wie einige europäische Länder. Der Blick nach Österreich, das im Lockdown ist, zeigt aber, was Deutschland bald bevorstehen könnte: ING-Chefökonom Carsten Brzeski etwa be­zeichnete Österreich als sehr guten Frühindikator in Bezug auf Infektionen und staatliche Maßnahmen. Allerdings hätte sich die Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft an Sperrungen, unterstützt durch Maßnahmen der Regierungen und Zentralbanken, seit März 2020 deutlich erhöht, konstatierte Brzeski.