Deutsche Industrie büßt Orders ein

Absatzschwäche außerhalb der Eurozone - Inland bestellt rege - Sentixkonjunkturindex steigt

Deutsche Industrie büßt Orders ein

Die deutsche Industrie musste im April einen unerwartet starken Einbruch beim Orderaufkommen hinnehmen. Hauptursache war die Nachfrageschwäche außerhalb der Eurozone.ks Frankfurt – Gegenüber März sind die Neuaufträge im deutschen verarbeitenden Gewerbe preis-, saison- und arbeitstäglich bereinigt um 2,0 % zurückgefallen. Analysten hatten im Mittel lediglich mit einer Minuskorrektur um 0,5 % gerechnet. Dabei waren die Auguren aber noch von einer niedrigeren Basis ausgegangen. Denn wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilte, ergab sich für März nach der Revision der vorläufigen Ergebnisse, “insbesondere durch die Nachmeldung eines Großauftrages”, ein Anstieg um 2,6 % gegenüber Februar (vorläufiger Wert: plus 1,9 %).Großaufträge beeinflussten auch das April-Ergebnis. So sei ihr Umfang im Berichtsmonat leicht überdurchschnittlich gewesen, ergänzte das Bundeswirtschaftsministerium die Zahlen von Destatis. Dies relativiert den Absturz im Bestelleingang noch etwas, wie Konjunkturbeobachter herausstreichen. Denn der Auftragseingang ohne Großaufträge lag Destatis zufolge im April nur um 1,5 % niedriger als im Vormonat. Darüber hinaus fällt aber an den Auftragszahlen insbesondere auf, dass die Nachfrageschwäche sich nur auf den deutschen Exportmärkten außerhalb der Eurozone zeigte: minus 8,3 % binnen Monatsfrist. Dieser Absturz folgte allerdings einem kräftigen Plus von 6,2 % im Vormonat. Die Partnerländer im Euroraum orderten hingegen um 2,5 % mehr als im Vormonat. Und auch die deutsche Binnennachfrage zeigte sich mit plus 1,3 % sehr robust.Trotz des starken Auftragsrückgangs im April sehen Analysten die Industriekonjunktur aber nicht in grundsätzlicher Gefahr. Stefan Kipar von der BayernLB verweist darauf, dass das Niveau der Neuabschlüsse im April nur um 0,5 % unter dem Mittel des ersten Quartals liege.Die Aufteilung nach Gütergruppen zeigt insbesondere einen um 4,8 % kräftig gewachsenen Bedarf an Vorprodukten, die in der künftigen Fertigung benötigt werden. Investitionsgüter büßten, speziell im Extra-Euro-Bereich, 6,1 % ein, Konsumgüter gaben 1,0 % nach.Die deutsche Industrie selbst beklagt eine wachsende Unsicherheit im Welthandel. “Einzig und allein privater Verbrauch und Staatskonsum treiben die Inlandsnachfrage. Dagegen ziehen die Investitionen bloß verhalten an”, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Markus Kerber, Reuters zufolge vor der Veröffentlichung der Auftragszahlen für April. Eine immer größere außenwirtschaftliche Unsicherheit und die maue Weltkonjunktur seien eine Bremse für die Exporte.Seine Wachstumsprognose für 2016 konkretisierte der BDI auf 1,7 % und damit auf das Niveau des Vorjahres, mit dem auch die Bundesregierung rechnet. Zuletzt hatte der BDI mit einem Plus von 1,5 bis knapp 2 % kalkuliert.”Die deutsche Industrie spürt das Mehr von Konflikten, Risiken und Wachstumsschwächen heftiger als andere Wirtschaften”, sagte Kerber. Vordringliche Aufgabe der Politik sei es daher, Investitionstätigkeit und Innovationskraft am Standort Deutschland zu stärken. Die globale Konjunktur bleibt dem BDI zufolge in diesem Jahr ohne größere Impulse.”Die Weltwirtschaft entwickelt sich so schlecht wie seit dem Jahr 2009 nicht mehr”, sagte Kerber. Für 2016 erwartet der Verband seinem neuen Konjunkturbericht zufolge ein globales Wachstum von rund 3 % – ähnlich wie im Vorjahr. Auch der Welthandel, die Industrieproduktion und die weltweiten ausländischen Direktinvestitionen dürften sich nur sehr leicht erhöhen.Börsenexperten dagegen sind für die Weltwirtschaft zuversichtlicher gestimmt. Der globale Sentix-Konjunkturindex stellte sich dem Analysehaus zufolge im Juni auf 6,7 (Mai: 2,6) Punkte. Der Index für den Euroraum schnellte auf 9,9 (6,2) Zähler nach oben und derjenige für die USA gar auf 17,0 (10,8) Punkte.—– Wertberichtigt Seite 6