Deutsche Wirtschaft setzt auf Lockerungen
ba Frankfurt
Im Februar hat sich die Stimmung in den deutschen Unternehmen unerwartet kräftig aufgehellt. Allerdings stellt die monatliche Ifo-Umfrage nur eine Momentaufnahme vor der Eskalation in der Ukraine-Krise dar, so dass Ökonomen den zweiten Anstieg in Folge zwar goutieren, den sonst üblichen richtungsweisenden Moment der Daten aber anzweifelten (siehe auch Schwerpunkt Seite 6 und 7).
Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist um 2,9 auf 98,9 Punkte gestiegen. Dies war nicht nur der stärkste Anstieg seit März 2021, die Stimmung ist nun auf dem Niveau von August vergangenen Jahres. Ökonomen hatten hingegen einen Wert von 96,5 Zählern prognostiziert. „Die Unsicherheit wird massiv zunehmen“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview zu den möglichen Konsequenzen des sich zuspitzenden Konfliktes. Besonders steigende Energiepreise könnten die deutschen Unternehmen weiter belasten. „Das wäre Gift für den Aufschwung“, sagte Wohlrabe.
Ohne eine Eskalation des Russland-Ukraine-Konflikts würden die Daten das Bild einer Welt zeichnen, in der es erste Entspannungssignale beim Lieferkettenstress, Optimismus auf milder als erwartet ausfallende Omikron-Folgen und florierende Industrietätigkeit wegen der gut gefüllten Auftragsbücher gibt, in der die Inflation das größte Risiko ist, kommentierte ING-Chefökonom Carsten Brzeski. Bei der Inflation gebe es keine Entspannung und Preiserhöhungen blieben weiter auf der Agenda, betonte auch Wohlrabe. Sowohl in der Industrie als auch im Einzelhandel sei der Anteil der Unternehmen gestiegen, die ihre Preise anheben wollen.
„Die deutsche Wirtschaft setzt auf ein Ende der Coronakrise“, erklärte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Unternehmen waren nicht nur mit ihren laufenden Geschäften zufriedener. Sie blickten auch optimistischer in die Zukunft. Insbesondere die konsumnahen Dienstleister profitieren von der Aussicht auf wegfallende Coronabeschränkungen. „So haben sich die Aussichten für Gastgewerbe und Handel massiv verbessert“, sagte Wohlrabe. Dort mache sich Optimismus breit. Im verarbeitenden Gewerbe und im Handel ist das Geschäftsklima gestiegen, wobei jeweils Lage- und Erwartungskomponente zulegten. Im Bauhauptgewerbe hat sich zwar das Klima ebenfalls verbessert, doch fiel der Ausblick etwas pessimistischer aus.
Mit Blick auf den Ukraine-Konflikt stehen vor allem die ohnehin schon hohen Energiepreise im Fokus: „Erst bei einer noch weitergehenden Eskalation, sprich dem Einmarsch russischer Truppen in derzeit von der Ukraine kontrollierte Gebiete, dürfte sich ein Sanktionskarussell in Gang setzen, in dessen Folge es zu erheblichen Preisanstiegen bei Öl und Gas käme, die den sich abzeichnenden Aufschwung verzögern oder gar abwürgen könnten“, mahnte etwa Jörg Angelé, Ökonom bei Bantleon.