Die Teuerung reckt ihr Haupt

Die Preise in der Eurozone steigen im April um 1,9 Prozent - Umfrage: Inflationserwartungen bei 1,8 Prozent

Die Teuerung reckt ihr Haupt

Sondereffekte haben der Eurozone einen kurzen Inflationsschub beschert. Schon im Mai dürfte die preisliche Zielmarke der EZB wieder in weiter Ferne liegen. Die geldpolitische Lage wird sich erst 2021 wieder normalisieren, sagen die Prognostiker.lz Frankfurt – Die Osterfeiertage erlauben der Teuerung ein kurzes Intermezzo. Wie das Statistikamt Eurostat meldet, steigen die Verbraucherpreise im April um 1,9 % und nähern sich damit wieder dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) an. Die Geldpolitiker streben einen Wert von knapp unter 2 % an, den sie als optimal für die Konjunktur erachten. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit 1,8 % gerechnet.Der erneute Anstieg der Inflation deutete sich aber bereits im Vorfeld an durch die vorläufigen Daten aus Deutschland (+ 2 %) und Spanien (+ 2,6 %). Am Freitag legte dann auch Italien nach, wo die Teuerung auf 2,0 % sprang. Experten hatte hier nur ein Plus von 1,6 % erwartet. Im März war die Teuerung noch auf 1,4 % gefallen.Allerdings dürfte die Inflation im Mai wegen des Ostereffekts auf breiter Front wieder zurückweichen. So erfolgte der feiertagsbedingte Preissprung bei Pauschalreisen und Hotelübernachtungen in diesem Jahr im April und nicht wie 2016 im März. Allein aus diesem Grund ist die Kernteuerungsrate (ohne Energie, Nahrungs- und Genussmittel) von 0,7 % auf 1,2 % gestiegen, was die gesamte Inflationsrate um 0,3 Prozentpunkte nach oben gedrückt habe, erklärt Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. Die Energiepreise zogen mit 1,3 % stärker an als im März (0,9 %). Dienstleistungen verteuerten sich diesmal um 1,8 %, Nahrungs- und Genussmittel um 1,5 %.Unter anderen Umständen würde der Sprung der Kernrate EZB-Chef Mario Draghi zu denken geben müssen. Denn die Notenbanker begründen die Beibehaltung ihrer ultralockeren Geldpolitik bislang stets mit der niedrigen Kerninflationsrate. Am vergangenen Donnerstag nach der Zinssitzung bekräftigte Draghi, dass er trotz der anziehenden Inflation an seinem Kurs festhalten will. Die EZB werde weiterhin über “vorübergehende Ausschläge” bei der Teuerung hinwegsehen. Die bisherigen Signale genügten nicht, um den Ausblick für die Inflation zu ändern.Ökonomen gehen ohnehin davon aus, dass die Teuerungsraten in den kommenden Monaten wieder auf dem Rückzug sein werden. “Auch die Kernteuerungsrate wird fallen und vorerst weiter hinter den EZB-Zielvorgaben zurückbleiben”, meint etwa Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP-Bank. Es sollte nicht vergessen werden, dass sich die Eurozone noch immer im Nachkrisenmodus befinde. Deutliche Lohnsteigerungen seien vor diesem Hintergrund nicht zu erwarten. Höhere WachstumsprognoseAuch die jüngste Umfrage der EZB unter “professional forecasters” zeigt in diese Richtung. Danach wird die EZB ihr Inflationsziel auch in mehreren Jahren noch nicht erreicht haben. Erst im Jahr 2021 dürfte sich die Teuerung dann nachhaltig wieder an der Zwei-Prozent-Schwelle festmachen. Für das laufende Jahr hoben die Experten ihre Inflationsprognose leicht auf 1,6 % (Januar: 1,4 %) an. Die längerfristigen Inflationserwartungen sehen sie nach wie vor bei 1,8 % verankert.Die Beobachter setzten zudem ihre Wachstumsprognose für 2017 auf 1,7 % (1,5 %) nach oben. Auch die Arbeitslosenquote wird ihren Abwärtstrend danach weiter fortsetzen von 9,4 % im laufenden Jahr auf 8,7 % in zwei Jahren.Die EZB wird ihre eigenen Wirtschaftsprognosen zur Zinssitzung am 8. Juni veröffentlichen. Diese sind ein wichtiger Faktor für die weitere Ausrichtung ihrer Geldpolitik. Erst am Donnerstag bekräftigte die Notenbank trotz etwas optimistischerer Äußerungen zu den Wachstumsperspektiven ihre ultralockere Haltung. Sie beließ den Leitzins auf dem Rekordtief von 0 %. Zudem erwerben die Euro-Wächter pro Monat Staatsanleihen und andere Wertpapiere im Umfang von 60 Mrd. Euro, um die Konjunktur und die Inflation anzuheizen.