ExklusivDeka-EZB-Zinskompass

Doppelte Botschaft der EZB

Aller Voraussicht nach wird die EZB am Donnerstag nach sieben Zinssenkungen in Folge eine Pause einlegen, obwohl die Notenbank erwartet, dass die Teuerung unter den Zielwert fallen wird. Eine erneute Lockerung in diesem Jahr ist gut möglich – aber alles andere als gesetzt.

Doppelte Botschaft der EZB

Doppelte Botschaft der EZB

Deka-Zinskompass spricht für Innehalten der Notenbank – Weitere Lockerungen im Jahresverlauf bleiben aber auf dem Tisch

Aller Voraussicht nach wird die EZB an diesem Donnerstag nach sieben Zinssenkungen um 25 Basispunkte in Folge eine Pause einlegen, obwohl die Notenbank erwartet, dass die Teuerung bald unter den Zielwert fallen wird. Eine erneute Lockerung in diesem Jahr ist gut möglich – aber alles andere als gesetzt.

mpi Frankfurt

Bereits im Juni deutete EZB-Präsidentin Christine Lagarde eine Zinspause der Notenbank an diesem Donnerstag an. Mit der Lockerung des für die Geldpolitik wichtigen Einlagensatzes auf 2% sei die EZB in einer guten Ausgangsposition, um mit den Unsicherheiten rund um die Handelspolitik der USA umzugehen. Seitdem haben zahlreiche Ratsmitglieder signalisiert, dass sie ein Innehalten der Notenbank favorisieren. Zumal weiterhin offen ist, wie der Zollkonflikt der USA mit der EU ausgeht und welche Wirkungen er auf die Inflation entfalten wird.

Auch der Deka-EZB-Zinskompass, der stets vor einer geldpolitischen Sitzung exklusiv in der Börsen-Zeitung erscheint, spricht für ein Beibehalten der aktuellen Zinssätze. Er fiel im Juni zwar auf 8,1 Zähler. Mit einem positiven Wert signalisiert er aber aktuell keinen weiteren Lockerungsbedarf. Kristian Tödtmann, Leiter Geldpolitik und Kapitalmärkte bei der DekaBank, betont jedoch, dass sich dies ändern könnte. „Die EZB sollte die Tür für weitere Leitzinssenkungen ausdrücklich offen halten für den Fall, dass sich der mittelfristige Inflationsausblick weiter nach unten verlagert“, sagt er.

Toleranz für Abweichung

Im Juni lag die Inflation im Euroraum bei 2% – und damit exakt auf dem Zielwert. Die Notenbank erwartet allerdings, dass die Teuerung in den kommenden sechs Quartalen unterhalb der 2% liegen wird. Als Gründe hierfür nennt sie die Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar und niedrigere Energiepreise. Für Tödtmann spricht diese Prognose alleine jedoch nicht für weitere Zinssenkungen. Denn mittelfristig rechnet die EZB wieder mit einer höheren Inflation. „Für die Pressekonferenz am Donnerstag ist daher mit einer zweigeteilten Botschaft zu rechnen“, meint er.

Neben dem Signal, dass die EZB falls nötig bereitstehe, im Jahresverlauf erneut zu lockern, dürfte die Notenbank seiner Ansicht nach andeuten, dass sie ein vorübergehendes Unterschreiten des Inflationsziels im vorhergesagten Ausmaß toleriere. Die Mehrheit der Mitglieder im EZB-Rat befürchte laut Tödtmann aktuell nicht, dass sich eine zu niedrige Inflationsrate im Euroraum verfestigt.

Neue Projektionen im September

Sollte der Zollstreit zwischen den USA und der EU jedoch unversöhnlich ausgehen und ein hoher Zollsatz für Exporte der EU in die Vereinigten Staaten in Kraft treten, könnte sich dieser Inflationsausblick schnell ändern. Die meisten Ökonomen erwarten für ein solches Szenario aufgrund einer geringeren wirtschaftlichen Aktivität in der Eurozone deflationäre Effekte.

Viele Investoren spekulieren darauf, dass die EZB im September eine Zinssenkung um 25 Basispunkte beschließen wird. Bis dahin haben die Notenbanker vermutlich ein besseres Bild, wie die mittelfristige Handelspolitik der USA aussieht. Zudem veröffentlicht die Zentralbank dann auch neue Projektionen für Inflation und Wirtschaftswachstum. Für viele Ratsmitglieder sind diese Daten von großer Bedeutung für ihren geldpolitischen Kurs.

Banken straffen Kreditrichtlinien

Die in diesem Jahr deutlich gesunkenen Leitzinsen haben derweil die Nachfrage nach Hypothekenkrediten angefacht. Das geht aus dem am Dienstag veröffentlichten Bank Lending Survey (BLS) der EZB hervor. Bei den Unternehmen hat dagegen die Kreditnachfrage nur wenig zugelegt. Tödtmann wertet die Zahlen daher als „Enttäuschung“. „Während die Unternehmen das niedrigere Zinsniveau begrüßen, blieben ihre Investitionsabsichten gering.“

Optimistischer ordnet Cyrus de la Rubia die Zahlen für Deutschland ein. „Von der Nachfrageseite kommen gute Signale für die Konjunktur“, sagt der Chefökonom der Hamburg Commercial Bank (HCOB). Er begründet dies mit dem Anstieg der Kreditnachfrage für Immobilienfinanzierungen und Konsum.

Die beim BLS befragten deutschen Banken gaben zudem an, dass sie ihre Vergaberichtlinien für Kredite an Unternehmen gestrafft haben. Sie begründeten dies mit einem höheren Kreditrisiko und einer eigenen niedrigeren Risikotoleranz. Für das dritte Quartal planen die deutschen Banken aber laut der Befragung eine Lockerung der Richtlinien für Firmenkredite. Allerdings haben die Kredithäuser solche Vorhaben in der Vergangenheit nicht immer in die Realität umgesetzt.

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