OECD

Düstere Aussichten für Weltwirtschaft

Volkswirtschaften rund um den Globus müssen einen hohen Preis für den Ukraine-Krieg zahlen. Die dadurch angeheizte Inflation könnte einen Teufelskreis auslösen, wodurch sich das Wirtschaftswachstum noch weiter abschwächen könnte, warnt die OECD. Sie plädiert für eine stärkere internationale Zusammenarbeit und eine Anpassung der Geldpolitik. 

Düstere Aussichten für Weltwirtschaft

wü Paris

Russlands Krieg gegen die Ukraine kommt die ganze Welt teuer zu stehen, warnt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Sie hat deshalb ihre Wachstumsprognosen deutlich nach unten korrigiert. War die OECD Ende 2021 noch davon ausgegangen, dass die Wirtschaft in diesem Jahr um 4,5% zulegen werde, rechnet sie inzwischen nur noch mit 3% und nächstes Jahr mit 2,8%. Gleichzeitig erwartet sie eine Inflation von fast 9% für die OECD-Mitgliedstaaten. Das ist doppelt so viel wie im Dezember vorhergesagt.

In welchem Umfang das Wachstum sinke und die Inflation steige, hänge nun davon ab, wie sich der Krieg entwickle, sagte OECD-Chefökonomin Laurence Boone. Klar sei, dass die Ärmsten am stärksten getroffen würden. „Der Preis für den Krieg ist hoch und muss geteilt werden“, fordert sie. Zumal der Preis noch höher ausfallen könnte, da die durch den Krieg beschleunigte Inflation laut OECD zu einer Art Teufelskreis führt. Durch die hohe Inflation sinken das den Haushalten zur Verfügung stehende Einkommen und der Lebensstandard, was wiederum dazu führt, dass die Haushalte weniger konsumieren. Die dadurch ausgelöste Unsicherheit untergräbt Unternehmensinvestitionen, was das Angebot in den nächsten Jahren zu dämpfen droht. Als wäre all das nicht genug, belastet Chinas rigide Anti-Corona-Politik die globalen Wachstumsaussichten und Lieferketten.

Sollte sich der Krieg ausweiten und hinziehen, dürften sich die Aussichten vor allem für Niedriglohnländer und Europa verschlechtern, warnt Boone. Die europäischen Volkswirtschaften, allen voran die Nachbarn der Ukraine und Russlands, dürften am stärksten unter den Auswirkungen des Krieges leiden. Das zeigt sich an dem starkem Anstieg der Gaspreise sowie den wirtschaftlichen Verflechtungen mit Russland vor der Invasion. Das Öl-Teilembargo der EU dürfte das Wachstum 2023 weiter schwächen und zu einem verlängerten Anstieg der Inflation führen, erwarten die Ökonomen der OECD.

Das Wachstum in der Eurozone dürfte sich 2022 von zuletzt 5,3% im vorigen Jahr auf 2,6% verringern, 2023 dann auf 1,6%. Für Deutschland erwartet die OECD ein Wachstum von 1,9% und für nächstes Jahr 1,7%. Die französische Wirtschaft wiederum dürfte um 2,4% zulegen, 2023 dann nur noch um 1,4%. Für die USA rechnet die Organisation mit einer Abschwächung des Wachstums von 5,7% auf 2,5% in diesem und 1,2% im nächsten Jahr. Dagegen dürfte die chinesische Wirtschaft nach einer Abkühlung auf 4,4% in diesem Jahr 2023 um 4,9% zulegen.

Die dringendste Herausforderung sei, Hungersnöte und Nahrungsmittelkrisen zu vermeiden, urteilt Chefökonomin Boone. Sie mahnt, die internationale Zusammenarbeit zu verstärken und die Geld- und Fiskalpolitik an die Umstände anzupassen. In den meisten Ländern sei eine akkommodierende Geldpolitik angesichts des hohen Niveaus der Inflation und der Beschäftigungsraten nicht mehr gerechtfertigt, meint sie. Doch in einigen Regionen werde die Inflation durch Nahrungsmittel und Energie getrieben, gibt sie zu bedenken, etwa in Europa, wo die Inflation durch einen Angebotsschock getrieben werde. Deshalb müsse dort bei der Rücknahme der lockeren Geldpolitik vorsichtiger vorgegangen werden als in den USA, wo die Inflation durch eine übermäßige Nachfrage angetrieben werde.

In Bezug auf zunehmende Sorgen, die steigenden Energiepreise und die starke Wachstumsabschwächung könnten zu einer Stagflation wie nach der Ölkrise in den 1970er Jahren führen, gibt Boone zu bedenken, dass es Unterschiede zur damaligen Situation gebe. Das Wachstum könnte deshalb widerstandsfähiger als damals sein und die Inflation schneller abflauen, meint sie. Es bestehe jedoch das Risiko, dass sich das Wachstum stärker abschwäche und sich die Inflation beschleunige.

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