„Warnsignal“ an die EZB

Euro-Inflation hartnäckiger als erwartet

Niedrigere Energiepreise verhindern einen Anstieg der Euro-Inflation. Ökonomen hatten jedoch mit einem Rückgang der Teuerung gerechnet und mahnen die EZB zur Vorsicht.

Euro-Inflation hartnäckiger als erwartet

Euro-Inflation hartnäckiger als erwartet

Teuerung verharrt bei 2,2 Prozent – Kernrate steigt überraschend deutlich – „Warnsignal“ an die EZB

mpi Frankfurt

Für den Moment ist die Disinflation in der Eurozone gestoppt. Die Inflation verharrte im April bei 2,2% und die Kerninflation legte sogar deutlich zu. Ökonomen erwarten mehrheitlich, dass der Zollkonflikt den Inflationsdruck in Europa in den kommenden Monaten senken wird – und mahnen die EZB dennoch zur Vorsicht.

Entgegen den Erwartungen von Ökonomen hat sich die Inflation im Euroraum im April nicht weiter dem Zielwert der EZB angenähert. Stattdessen verharrte sie bei 2,2%, wie aus vorläufigen Daten von Eurostat hervorgeht. Die Kernrate legte hingegen von 2,4 auf 2,7% zu. Sie gilt der Notenbank als Indikator für den zugrunde liegenden Inflationstrend, da hier die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise nicht berücksichtigt sind.

„Das ist eine große negative Überraschung“, kommentierte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, die Kerninflation. „Die Dienstleistungspreise werden auf den Fluren der EZB für Kopfzerbrechen sorgen“, meint er. In diesem Sektor legte die Teuerung im April um 3,9% zu, nach 3,5% im März. Ein Grund für die höhere Dienstleistungsinflation ist das Osterfest, das 2025 deutlich später war als 2024. Dies drückt nun die Inflationsrate im Jahresvergleich nach oben.

„Warnsignal“ an die EZB

Ökonomen warnen jedoch davor, die höhere Kernrate ausschließlich mit diesem statistischen Sondereffekt zu begründen. „Die Zahlen sind ein Warnsignal, denn sie zeigen, dass der Preisdruck im Dienstleistungssektor noch immer hartnäckig hoch bleibt“, sagte Stephanie Schoenwald, Konjunkturexpertin bei KfW Research.

Trotz der weiterhin eher mauen Konjunktur in der Eurozone und insbesondere in der größten Volkswirtschaft Deutschlands gelingt es den Unternehmen im Dienstleistungssektor nach wie vor, die gestiegenen Lohnkosten an ihre Kunden weiterzugeben. Das zuletzt starke Lohnwachstum als Reaktion auf die hohe Inflation in den vergangenen Jahren macht sich besonders im arbeitsintensiven Dienstleistungssektor bei der Kostenstruktur bemerkbar.

Lohnkosten im Fokus

Die EZB zeigt sich dennoch beim Inflationsausblick optimistisch und stützt dies unter anderem darauf, dass das Lohnwachstum in Europa nach ihrer Prognose in der zweiten Jahreshälfte deutlich nachlassen wird. Etwas Rückenwind für diese Vorhersage bekommt die Notenbank von einer Umfrage von KfW Research. Laut dieser erwarten 47% der mittelständischen Unternehmen in Deutschland, dass die Lohnkosten in diesem Jahr im Vergleich zu 2024 stagnieren. 9% erwarten sogar geringere Kosten, 44% jedoch einen Anstieg. Zudem dürfte es den Unternehmen laut KfW in der Zukunft schwerer fallen, gestiegene Kosten über Preiserhöhungen an die Kunden weiterzugeben – vor allem im Dienstleistungssektor.

Eine wichtige Rolle für die Entwicklung der Inflation wird zudem die Handelspolitik der USA spielen. Die Unsicherheit, die US-Präsident Donald Trump ausgelöst hat, führte zu einer niedrigeren Nachfrage der Industrie nach Öl. In der Folge ist der Ölpreis deutlich gefallen. Die niedrigeren Energiekosten waren es dann auch, die einen Anstieg der Euro-Inflation im April verhindert haben.

Zölle gefährden Wirtschaftswachstum

Die meisten Ökonomen erwarten, dass der Zollkonflikt in den kommenden Monaten die Inflation in der Eurozone abschwächen wird. „Die von den USA angeheizte Zolldebatte verunsichert das globale Unternehmerlager, was auf die Investitionslaune drückt“, sagte Gitzel. „Das Wachstum wird darunter leiden.“ Eine geringere Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen würde den Inflationsdruck reduzieren.

Auch Alexander Krüger, Chefökonom der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, stuft den Zollkonflikt als mutmaßlich deflationär für die Eurozone ein. Gleichzeitig sagt er aber auch: „Das größte Inflationsrisiko bleibt ein Zollkrieg zwischen Europa und den USA.“ Gegenzölle der Europäischen Union in größerem Umfang würden die Importe für europäische Unternehmen verteuern und den Inflationsdruck dadurch verstärken.

Die Wahrscheinlichkeit dessen dürfte jedoch gesunken sein. Die EU-Kommission hat den USA den Kauf amerikanischer Waren im Umfang von 50 Mrd. Euro in Aussicht gestellt. Damit möchte die EU eine Deeskalation im Zollkonflikt mit den USA erreichen.

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