FDP kritisiert Anti-Euro-Kampagne der Kläger

Finanzexperte Toncar: EZB hat großen Schritt auf Karlsruhe zu gemacht - Zweiter Antrag auf Akteneinsicht

FDP kritisiert Anti-Euro-Kampagne der Kläger

rec Frankfurt – An der Unnachgiebigkeit mancher Kläger im juristischen Streit über die Staatsanleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) regt sich Kritik. Den Antrag des CSU-Politikers Peter Gauweiler auf Akteneinsicht missbilligte der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar im Deutschlandfunk mit den Worten: “Klar ist, dass Peter Gauweiler in Wahrheit auch eine Agenda verfolgt, die sich gegen den Euro insgesamt richtet.” Auch er selbst halte die Geldpolitik für zu expansiv, sagte Toncar. Die EZB habe aber “nachvollziehbar dargelegt, dass sie die Folgen betrachtet, analysiert und abgewogen hat”. Und nur das habe das Bundesverfassungsgericht in seinem aufsehenerregenden Urteil vom 5. Mai gefordert.CSU-Mann Gauweiler, einer von vier Beschwerdeführern im Hauptverfahren zum Staatsanleihekaufprogramm PSPP (Public Sector Purchase Programme), hat in Karlsruhe einen Eilantrag auf Akteneinsicht gestellt. Damit ist er inzwischen nicht mehr allein: “Namens einer Gruppe von 1 735 Beschwerdeführern” habe der Marburger Rechtswissenschaftler Hans-Detlef Horn ebenfalls einen Antrag auf Erlass einer Vollstreckungsanordnung gestellt, sagte der Wirtschaftsprofessor und AfD-Gründer Bernd Lucke. Ziel von Gauweiler, Lucke und Co.: Sie wollen Einsicht in drei Dokumente, die die Verhältnismäßigkeit der Anleihekäufe belegen sollen, von der EZB aber lediglich Bundesregierung und Bundestag zugänglich gemacht worden sind.Berlin sieht die Vorgaben des Urteils mit den insgesamt acht zur Verfügung gestellten Dokumenten, von denen fünf öffentlich zugänglich bzw. bekannt sind, als erfüllt an. Gleiches verlautbarte am Montag die Bundesbank. Sie nimmt deshalb auch nach der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten und am Mittwoch abgelaufenen Frist für den Nachweis der Verhältnismäßigkeit durch die EZB weiter an den Anleihekäufen im Rahmen des PSPP teil.Der juristische Streit aber schwelt weiter. Lucke sagte, die ihm bekannten Dokumente seien “allgemein und nichtssagend”. Die wesentlichen Dokumente, in denen es um die Auswirkungen auf Altersvorsorge, Sparzinsen, Finanzstabilität, Mieten und Immobilienmärkte gehe, seien hingegen unter Verschluss. “Daher kann die Auffassung von Bundesregierung und Bundestag nicht unabhängig überprüft werden”, sagte Lucke. Im Anschluss behalte man sich einen Antrag auf Vollstreckung des Urteils, also den Abzug der Bundesbank aus den Anleihekäufen, vor, sagte Lucke.Gauweiler macht mehr Druck. Unter dem Betreff “Eilt!” schreibt sein juristischer Vertreter Dietrich Murswiek im Antrag an das Bundesverfassungsgericht, der der Börsen-Zeitung vorliegt: “Das Bundesministerium der Finanzen ist verpflichtet, dem Antragsteller (…) bis spätestens 5. August Einsicht zu gewähren”. Das sei “unerlässlich, um beurteilen zu können, ob die Anforderungen des Urteils (…) erfüllt sind”. Bislang warte er vergeblich. Gedulden werden sich Gauweiler und Murswiek wohl allenfalls noch einige Tage, bis sie einen Eilantrag auf den Ausstieg der Bundesbank nachlegen.Auf Anfrage hieß es, das Bundesverfassungsgericht werde sich mit den Anträgen befassen. Von einer schnellen Entscheidung gehen Beobachter nicht aus. Mit mehreren Monaten ist zu rechnen. Der Zweite Senat muss über das Vorgehen beraten. Dabei geht es etwa um die Frage, ob Karlsruhe weitere Stellungnahmen einholt oder sogar eine neue mündliche Verhandlung anberaumt.Für FDP-Mann Toncar hat die EZB jedenfalls “einen großen Schritt auf das Bundesverfassungsgericht zu gemacht”. Auch den von Karlsruhe geforderten neuen Beschluss des EZB-Rats zum PSPP hätten die Währungshüter im Juni getroffen. Dagegen sagte die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel gestern, es sei “zu begrüßen, dass die Kläger sich mit den bislang gegebenen Antworten nicht zufriedengeben wollen.”