„Fenster für umfassende Staatsreform so weit offen wie nie“
„Fenster für Staatsreform weit offen wie nie“
Abschlussbericht der Initiative für handlungsfähigen Staat – Applaus für Koalition – Wildberger nimmt Verwaltung in den Blick
Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat hat der Bundesregierung 35 Empfehlungen für eine bessere Verwaltung und weniger Bürokratie mit auf den Weg gegeben. Nachbesserungsbedarf sieht die Initiative insbesondere noch bei Reformen im Sozialstaats- und im Verteidigungsbereich.
ahe Berlin
Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat sieht in den kommenden Jahren gute Chancen auf eine Modernisierung der staatlichen Verwaltungsstrukturen und einen Bürokratieabbau in Deutschland. Das Fenster für eine umfassende Staatsreform sei „so weit offen wie nie“, betonte der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück am Montag bei der Präsentation des 160-Seiten-Abschlussberichts in Berlin. Der SPD-Politiker hatte diesen zusammen mit der Medienmanagerin Julia Jäkel, dem ehemaligen Bundesminister Thomas de Maizière (CDU) sowie dem früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle ausgearbeitet.
Die Autoren, die einen Zwischenbericht bereits im März veröffentlicht hatten, sehen viele ihrer Vorschläge bereits im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung eingeplant. Steinbrück beklagte allerdings, dass vornehmlich die Sozialstaatsreformen nicht angegangen würden. De Maizière betonte, Maßnahmen für eine bessere Sicherheitsarchitektur fehlten ebenfalls. Dazu gehöre unter anderem die Arbeit an einer neuen Wehrverfassung.
Die Initiative übergab ihren Bericht, der 35 Empfehlungen zur Staatsmodernisierung enthielt, an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. „Würde nur die Hälfte dieser Vorhaben umgesetzt, wäre dieses Land ein anderes Land“, sagte Jäkel.
Demokratie in Gefahr
Vosskuhle warnte noch einmal, dass die deutsche Demokratie nachhaltigen Schaden nehmen werde, wenn die Bürger nicht in dieser Legislatur Veränderungen spüren würden. Nach Einschätzung der vier Autoren ist der Weg zu einer Staatsmodernisierung allerdings lang: Es müssten mindestens zehn Jahre veranschlagt werden, so de Maizière.
Doppelte Zuständigkeiten abschaffen
Der für Digitalisierung und Staatsmodernisierung zuständige Bundesminister Carsten Wildberger, kündigte am Montag an, die doppelte Zuständigkeiten in staatlichen Verwaltungen abschaffen und Mitwirkungsmöglichkeiten einschränken zu wollen. „Die Abstimmungsprozesse innerhalb unseres Staates sind zu komplex“, sagte Wildberger bei der Überreichung des Berichts. Sein Ministerium habe die Aufgabe, die Entbürokratisierung wirklich voranzutreiben. „Grundsätzlich ist Beteiligung ein Zeichen einer starken Demokratie“, sagte er. „Aber sie birgt auch die Gefahr, dass gute Ideen verwässert werden und an Wirksamkeit verlieren.“ Wichtig sei ein „handlungswilliger“ Staat. Zudem werde sein Ministerium darauf schauen, was wirklich funktioniere.
Nach den Worten von Wildberger müsse man Verwaltung „neu denken“, Doppelzuständigkeiten abschaffen, Effizienz steigern und Synergien heben. Verwaltung müsse sich daran messen lassen, ob sie Entlastungen für Bürger und Unternehmen bringe. Der Minister forderte ausdrücklich einen Rückbau der Bürokratie: „Bürokratierückbau ist für uns dabei kein selbstzweckhaftes Paradigma des Neoliberalismus, sondern angesichts der angestauten Komplexität unseres Staates geradezu eine Bedingung für ein handlungs- und wettbewerbsfähiges Land.“
Große Einigkeit
Hoffnung macht der Initiative vor allem, dass nicht nur die schwarz-rote Bundesregierung viele der Modernisierungsforderungen aufgegriffen und ein eigenes neues Ministerium hierfür eingerichtet hat. Die vier Autoren des Berichts verwiesen insbesondere auch auf die große Einigkeit, die es bei dem Thema aktuell in der deutschen Parteienlandschaft gebe. Auch zwischen Bundesregierung und den Bundesländern sei große Einigkeit zu beobachten, hieß es unter dem Verweis eines entsprechenden Beschlusses aller Ministerpräsidenten.