Geldpolitik

Inflation schlägt weiter Wellen

Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet zeigt sich ob der hohen Inflation „alarmiert“. Derweil nimmt der Preisdruck von Erzeugerseite unvermindert stark zu.

Inflation schlägt weiter Wellen

ms Frankfurt

Im Schlussspurt des Bundestagswahlkampfs nimmt die Kritik an der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zu – vor allem von Seiten der Unionsparteien. Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet äußerte sich jetzt „alarmiert“ wegen der hohen Inflation und mahnte die EZB, ihrer Aufgaben gerecht zu werden und für stabile Preise zu sorgen. Vergangene Woche hatte bereits der CDU-Politiker Friedrich Merz mit einer EZB-Schelte aufhorchen lassen. Derweil deuten neue Daten darauf hin, dass sich in Deutschland weiter starker Preisdruck aufbaut.

Die Inflation in Deutschland hat seit Jahresbeginn deutlich und stärker als erwartet zugenommen und im August mit knapp 4% in nationaler Rechnung den höchsten Stand seit Anfang der 1990er Jahre erreicht. Dafür sind zwar primär Basis- und Sondereffekte infolge der Coronakrise verantwortlich, weswegen auch die EZB den Inflationstrend im Euroraum als temporär ansieht und allenfalls zaghafte Schritte zur Normalisierung der ultralockeren Geldpolitik unternimmt. Die Zweifel und die Kritik an dieser Sichtweise und diesem Kurs nehmen aber immer mehr zu.

Das Verhältnis zwischen der EZB und der deutschen Öffentlichkeit gilt dabei seit langem als angespannt. Unvergessen ist insbesondere der Disput Anfang 2016 zwischen dem damaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi und Wolfgang Schäuble (CDU), damals Bundesfinanzminister und heute Bundestagspräsident, als Schäuble der EZB sogar eine Mitschuld am Erstarken populistischer Parteien wie der AfD gab. Nachdem vergangenen November Christine Lagarde die EZB-Spitze von Draghi übernommen hatte, hatte sich das Verhältnis etwas entspannt. Nun nehmen die Differenzen aber wieder zu. Und das in einer kritischen Phase: Die EZB steht im Herbst und Winter vor zentralen Weichenstellungen für die Geldpolitik der nächsten Jahre.

Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet zeigte sich nun „alarmiert“, dass die hohe Inflation den Wert von Ersparnissen, Renten, Lebensversicherungen und Bausparverträgen „massiv“ schmälere. „Ich bin sicher, dass die EZB ihrer Kernaufgabe, den Geldwert stabil zu halten, besonders nachkommen wird“, sagte der CDU-Politiker der „Welt am Sonntag“. Laschet vermied damit zwar zumindest eine scharfe Kritik an der EZB-Zinspolitik, wie sie zuvor sein Parteikollege Merz geäußert hatte. Trotzdem sorgten die Aussagen für Aufsehen.

Merz hatte die EZB vergangene Woche kritisiert, weil sie anders als die Notenbanken in den USA und Japan ihre Zinspolitik nicht korrigiere. Das habe erhebliche Auswirkungen auf Ersparnisse und Renten. „Die Nullzinspolitik kann jedenfalls dann nicht fortgesetzt werden, wenn wir in diesem und im nächsten Jahr – und möglicherweise auch darüber hinaus – höhere Inflationsraten sehen“, sagte Merz. Die Union sei auch Anwalt der Rentner und Sparer, deren Vermögen geschützt werden müssten. „Geld- und Finanzpolitik müssen auch in Zukunft getrennt bleiben“, betonte er.

Unterdessen signalisierten am Montag veröffentlichte Daten, dass sich weiter Preisdruck aufbaut. Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte stiegen im August um 12,0% zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte. Ein größeres Plus hatte es zuletzt im Dezember 1974 gegeben, als die Preise wegen der ersten Ölkrise sogar um 12,4% gestiegen waren. Ökonomen hatten lediglich mit 11,4% gerechnet – nach 10,4% im Juli. Neben Energie verteuerten sich laut Destatis vor allem Vorprodukte wie Holz und Stahl.

Die Produzentenpreise gelten als Frühindikator für die Entwicklung der Inflation und es ist insbesondere dieser zunehmende Druck auf den den Verbraucherpreisen vorgelagerten Stufen, der immer stärker Zweifel daran aufkommen lässt, dass es sich bei dem aktuellen Inflationsanstieg um ein rein temporäres Phänomen handelt. Unklar ist aber, wie stark dieser Preisdruck letztlich auf die Verbraucherpreise durchschlagen wird. In den nächsten Monaten wird in Deutschland aber in jedem Fall mit noch mehr Inflation gerechnet – womöglich in Richtung 5%.

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