Unternehmensinsolvenzen

Insolvenzzahlen steigen im August

Vermehrte Anträge auf Regelinsolvenz lassen auf steigende Zahlen bei Firmenpleiten schließen – zumal die hohen Energie- und Rohstoffpreise sowie Logistikkosten die Unternehmensbilanzen künftig noch stärker belasten.

Insolvenzzahlen steigen im August

ba Frankfurt

Der Frühindikator für Insolvenzen des Statistischen Bundesamtes lässt auf steigende Zahlen von Firmenpleiten schließen. Experten hatten wegen der ukrainischen Kriegsfolgen bereits vor geraumer Zeit davor gewarnt. Bundesjustizminister Marco Buschmann will daher auch in der Energiekrise überschuldeten Unternehmen entgegenkommen. Firmen, die zwar angeschlagen, aber nicht zahlungsunfähig sind, sollen nur noch auf Sicht von vier Monaten nachweisen müssen, dass sie eine wirtschaftliche Zukunft haben. Bisher muss die „positive Fortführungsprognose“ für zwölf Monate gegeben sein, um eine Insolvenz zu vermeiden. Das Insolvenzrecht will Buschmann nicht wie in der Corona-Pandemie aushebeln, um das im Wirtschaftskreislauf so wichtige Vertrauen nicht zu untergraben.

Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) stieg im August die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen um 6,6% zum Vormonat. Im Juli war sie um 4,2% gegenüber Juni zurückgegangen. „Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verfahren erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen“, betonten die Wiesbadener Statistiker. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liege in vielen Fällen annähernd drei Monate davor. Außerdem bilde die Insolvenzstatistik nicht alle Geschäftsaufgaben ab, „da Geschäftsaufgaben auch aus anderen Gründen beziehungsweise vor Eintritt akuter Zahlungsschwierigkeiten erfolgen können“, hieß es bei Destatis.

Der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) schätzt, dass die Zahl der Firmenpleiten in den kommenden zwölf Monaten um bis zu 40% infolge der anziehenden Energie- und Rohstoffpreise sowie Logistikkosten steigen könnte. „Dies wäre allerdings auf der historisch niedrigen Basis keine Insolvenzwelle, sondern eine Normalisierung der Zahlen“, sagte VID-Vorständin Jutta Rüdlin zu Reuters. Insolvenzexperten spürten derzeit einen deutlich gestiegenen Beratungsbedarf vor allem energieintensiver Unternehmen.

Im ersten Halbjahr 2022 haben die deutschen Amtsgerichte nach endgültigen Ergebnissen 7113 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet – 4,0% weniger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Daraus resultieren voraussichtliche Forderungen der Gläubiger von knapp 8,2 Mrd. Euro. In den ersten sechs Monaten 2021 lagen die Forderungen laut den Amtsgerichten bei rund 31,8 Mrd. Euro, „da mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen insolvent wurden als im ersten Halbjahr 2022“.

Bau am stärksten betroffen

Die meisten Unternehmensinsolvenzen im ersten Halbjahr gab es im Baugewerbe mit 1330 Fällen (+9,1% im Jahresvergleich), gefolgt vom Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) mit 1058 Verfahren (−5,5%). Bei den Verbraucherinsolvenzen ist die Zahl um 20,2% zum Vorjahr zurückgegangen. Hier kam es aber seit Mitte 2020 durch das Gesetz zur schrittweisen Verkürzung von Restschuldbefreiungsverfahren von sechs auf drei Jahre zu Verschiebungen, erklärten die Statistiker: Viele überschuldete Privatpersonen hatten ihren Insolvenzantrag zunächst zurückgehalten, um von der Neuregelung zu profitieren. „Dieser Nachholeffekt sorgte ab Anfang 2021 für einen starken Anstieg der Verbraucherinsolvenzen und scheint inzwischen beendet“, hieß es bei Destatis.

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