Kapitalismus ist der Feind des Populismus
Kapitalismus stoppt Populismus
Von Stephan Lorz, Frankfurt
Der Populismus nährt sich an Verteilungskonflikten und schlechter Regierungsarbeit. Wachstum kann diesem den Boden entziehen. Die Demokratie braucht daher den Kapitalismus – und umgekehrt.
Wenn die Vernunft regieren würde, hätte der Populismus längst abgewirtschaftet und käme nirgendwo mehr zum Zug oder an die Regierung. Denn: „Populismus gefährdet Ihren Wohlstand!“, resümieren die Volkswirte von Allianz Global Investors. Sie verweisen auf eigene Untersuchungen, wonach populistische Regimes über die Zeit letztendlich das Wachstum dämpfen und die Verteilungskonflikte weiter anheizen, die Staatsschulden nach oben treiben, auf Aktien- und Währungskurse lasten, und die Freiheitsrechte in der Wirtschaft immer weiter beschneiden. Das lähmt die Innovationskraft und mindert die Effizienz auf allen Ebenen und wendet sich damit meist gegen jene, die Populisten unterstützen.
Eigentlich sollten Finanzmarktakteure also alles tun, um nicht auf kurzlebige Versprechen hereinzufallen, oder ihnen mittelbar die Mittel in die Hand zu geben, um sich längere Zeit an der Macht zu halten. Denn das ist weder in ihrem Interesse, noch in dem von Wirtschaft und Finanzen.
Doch die Vernunft regiert nicht. Die Verteilungskonflikte bringen oftmals unheilige Allianzen hervor, manche Konzernbosse machen gemeinsame Sache mit Populisten in der Hoffnung auf Macht- und Erfolgsbeteiligung; und viele Unternehmen kuschen, weil Populisten den Rechtsstaat aushöhlen und aggressiv für ihre Zwecke gegen unliebsame Akteure einsetzen. Ein Blick in die USA zeigt die ganze Palette der populistischen Spielarten.

AGI
Insofern ist die Ausarbeitung der beiden Allianz-Volkswirte Hans-Jörg Naumer und Stefan Hofrichter von hohem Wert, um sich des Potenzials von Demokratie und Marktwirtschaft wieder bewusst zu werden. Beide zusammen sind in der Lage, Verteilungskonflikte zu entschärfen und den Wohlstand zu vergrößern – wenn man sie wirken lässt. Auf der Basis von Daten zahlreicher Volkswirtschaften, mit und ohne populistisch agierenden Regierungen, kommen sie zum Schluss: Je freier ein Land ist, desto höher ist das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, desto größer die Innovationskraft und desto umfassender die Nachhaltigkeit einer Volkswirtschaft. Gleichzeitig ist die Vermögenskonzentration geringer und der Finanzmarkt entwickelt sich besser.
Naumer bringt es auf den Punkt: „MEGA statt MAGA! Es geht um ,Make the Economy Great Again' statt einer Politik des ,Make America Great Again', welche auf Abschottung setzt.“
Im Hinblick auf Deutschland sieht er hier durchaus wieder positive Ansätze: Endlich gebe es wieder eine Politikphase, in der sich die Regierung „wieder ernsthaft um die Wirtschaft kümmert“. Allerdings müsse mehr kommen, um der populistischen Versuchung nicht zu erliegen: soziale Teilhabe fördern, weniger Frust durch Bürokratie, mehr Bildung zusammen mit dem glaubwürdigen Versprechen des sozialen Aufstiegs, die Vermittlung eines positiven Bildes von Marktwirtschaft und Märkten. Hier gebe es in Deutschland noch viel Nachholbedarf. Und das habe nicht unbedingt etwas mit mehr Staatsausgaben und politischer Anbiederung an einzelne Gruppieren zu tun.