Geldpolitik

Lagarde stellt weitere Zinserhöhungen in Aussicht

Die deutlich gesunkene Inflation im Euroraum heizt bei manchem Finanzmarktteilnehmer Spekulationen über ein früheres Ende des EZB-Zinszyklus an. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat jedoch andere Ansichten.

Lagarde stellt weitere Zinserhöhungen in Aussicht

Lagarde stellt weitere Zinserhöhungen in Aussicht

„Inflation zu hoch“ – Teuerung geht indes im Mai unerwartet deutlich zurück

ms/wf Frankfurt/Hannover
Nebenstehender Kommentar Berichte Seiten 6 und 7

Wir müssen unseren Erhöhungszyklus fortsetzen.

Trotz der deutlich nachlassenden Inflation im Euroraum hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde mehrere weitere Zinserhöhungen in Aussicht gestellt. „Heute ist die Inflation zu hoch und dürfte es noch zu lange bleiben. Wir sind entschlossen, sie zeitnah auf unser mittelfristiges Ziel von 2% zurückzuführen“, sagte Lagarde am Donnerstag auf dem Sparkassentag in Hannover. Die EZB wisse, dass trotz der „starken und raschen Zinserhöhungen“ noch eine erhebliche Straffung der Geldpolitik anstehe. Rückendeckung erhielt sie von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Am Donnerstag war bekannt geworden, dass die Inflation im Mai von 7,0% auf 6,1% zurückgegangen ist – deutlicher als erwartet.

Angesichts der zeitweise zweistelligen Inflation im Jahr 2022 hat die EZB ihre Leitzinsen so aggressiv erhöht wie nie. Seit Juli sind die Schlüsselsätze um insgesamt 375 Basispunkte angehoben worden. Der weitere Kurs ist aber zunehmend umstritten. Die Hardliner im EZB-Rat („Falken“) dringen angesichts der weiter viel zu hohen Inflation auf weitere Zinserhöhungen. Die „Tauben“ mahnen zur Vorsicht, weil sich die Euro-Wirtschaft bereits deutlich abschwächt. Sie verweisen zudem auf die zuletzt deutlich gesunkene Inflation.

Lagarde machte nun deutlich, dass der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen sei. „Daher müssen wir unseren Erhöhungszyklus fortsetzen, bis wir genug Zuversicht haben, dass sich die Inflation auf einem guten Weg befindet, zeitnah auf unseren Zielwert zurückzukehren.“ An den Märkten werden derzeit zwei weitere Zinserhöhungen um 25 Basispunkte im Juni und Juli erwartet. Die „Falken“ liebäugeln dagegen mit mehr. Dagegen schürte der unerwartet starke Rückgang der Inflation im Mai vereinzelt sogar Spekulationen, dass es im Juni die letzte Zinserhöhung im aktuellen Zyklus gibt.

Volkswirte hatten im Mittel nur einen Rückgang auf 6,3% erwartet. Auch die Kerninflation (ohne Energie und Lebensmittel) ging deutlicher als gedacht zurück – von 5,6% auf 5,3%. Ökonomen hatten mit 5,5% gerechnet. Die Kernrate steht aktuell im besonderen Fokus, weil sie als besserer Gradmesser für den zugrundeliegenden Preisdruck gilt. Beide Werte liegen aber weiter deutlich oberhalb des EZB-Inflationsziels von 2,0%.

Lindner bestärkte die EZB in ihrem Kampf gegen die Inflation. Die EZB habe sich auf „eine Reise“ begeben, sagte er beim Sparkassentag. Es sei gut und richtig, dass die EZB deutlich mache, dass im Zentrum ihres Mandats die Preisstabilität stehe: „Und daran müssen sich ihre Entscheidungen messen lassen und das tun sie.“

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