Streit über US-Zinspolitik

Powell hat im Clinch mit Trump die besseren Karten

US-Präsident Donald Trump will Fed-Chef Jerome Powell vorzeitig ablösen. Doch juristisch fehlt Trump die Grundlage dafür, und freiwillig gehen will Powell nicht.

Powell hat im Clinch mit Trump die besseren Karten

Trump und Powell im Clinch

Weißes Haus ohne juristisches Fundament für Entlassung des Fed-Chefs

Wird US-Präsident Donald Trump versuchen, den weltmächtigsten Notenbanker Jerome Powell zu entlassen? Entsprechende Drohungen werden weiter zunehmen, davon ist auszugehen. Doch juristisch fehlt Trump die Grundlage dafür, und freiwillig gehen – das hat er wiederholt betont – will Powell nicht.

Von Peter De Thier, Washington

Schon während seiner ersten Amtszeit kokettierte US-Präsident Donald Trump mit der Möglichkeit, Notenbankchef Jerome Powell vor Ablauf seiner Amtszeit nach Hause zu schicken. Zwar hielten die jüngsten Drohgebärden die Märkte in Atem, bis Trump dann am Mittwochabend seine Drohung abermals zurücknahm. Unterdessen erscheint sicher, dass die verbalen Attacken gegen den obersten Währungshüter nicht nachlassen werden. Im Gegenteil. Denn Trump drängt den Fed-Vorsitzenden unermüdlich, die Zinsen zu senken. Powell aber stellt sich quer.

Zum einen wegen des hohen Maßes an Ungewissheit, mit dem der weitere Konjunkturverlauf behaftet ist. Konkret macht er sich aber Sorgen um die Teuerung, die im Juni an den Verbraucherpreisen gemessen wieder zugelegt hat. Folglich dürfte eine Zinssenkung Ende des Monats – dann tritt der Offenmarktausschuss (FOMC) der Fed wieder zusammen – jetzt schon vom Tisch sein. Nach aktuellem Stand könnte das FOMC im September die erste Leitzinssenkung seit 9 Monaten beschließen.

Dass Trump wiederholt jenem Notenbankchef, den er selbst ernannt hat, die Pistole auf die Brust setzt und seine Drohungen dann wieder zurücknimmt, hat mehrere Gründe. Zum einen weiß der Präsident, dass Powells zweite Amtsperiode in 10 Monaten ohnehin ablaufen wird. Die Nominierung für eine dritte Amtszeit ist wohl ausgeschlossen. Viel wahrscheinlicher ist, dass Trump einen loyalen Berater, etwa Chefökonom Kevin Hassett, in den Chefsessel an der Constitution Avenue hieven wird.

Unabhängigkeit der Fed im Fokus

Trump lässt seinen Drohungen gegenüber Powell auch deswegen keine Taten folgen, weil er weiß, dass die Position des Notenbankvorsitzenden politisch unabhängig und praktisch unantastbar ist. Sinn des Federal Reserve Act aus dem Gründungsjahr 1913 war es nämlich, deren politische Unabhängigkeit zu kodifizieren. Demnach wären eine grobe Amtsverletzung oder krasses Fehlverhalten seitens Powells notwendig, damit der Präsident ihn entlassen kann. In divergierenden Meinungen über den weiteren Kurs der Zinspolitik kann eine Pflichtverletzung natürlich nicht bestehen.

Folglich haben der Präsident und republikanische Kritiker des Fed-Chefs Einfallsreichtum bewiesen. Sie werfen Powell nun Misswirtschaft bei der 2,5 Mrd. teuren Renovierung der Fed-Zentrale in Washington vor. Die Kosten des Projekts haben den Voranschlag bereit um 700 Mill. Dollar überschritten. Das nahm ausgerechnet der Präsident, dem Luxus nicht gerade fremd ist, zum Anlass, um den obersten Währungshüter zu geißeln. Das Projekt enthalte zu viel luxuriöse Ausstattung, meinen er und die Republikaner. Unter anderem aus Italien eingeflogenen Marmor und einen privaten Fahrstuhl für die ranghöchsten Fed-Offiziellen. Die Fed weist aber alle Vorwürfe zurück. Powell hat sogar den Generalinspektor der Notenbank gebeten, über die Kosten des Projekts einen unabhängigen Bericht zu erstellen.

So oder so ist der Kurs vorgezeichnet. Mit jedem verstreichenden Monat, in dem Powell und das FOMC am bestehenden Leitzins festhalten, wird Trump seine Drohungen wiederholen und sogar verschärfen. Bei dem Muskelspiel wird es aber bleiben. Denn Powell hat klargemacht, dass er an einen vorzeitigen Rücktritt gar nicht denkt. Und wie der Rechtsexperte Lev Menand von der Columbia Universität sagt, „fehlt Trump das juristische Fundament, um den Fed-Chef zu feuern“.

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