ZEW-Studie

Mindest­steuer trifft viele Familien­­unter­nehmen

Die globale Mindeststeuer trifft viele Familienunternehmen. Eine Studie des ZEW für die Stiftung Familienunternehmen deutet auf die Verlagerung realer Aktivitäten durch den Steuerwettbewerb hin.

Mindest­steuer trifft viele Familien­­unter­nehmen

wf Berlin

„Vor allem steuerlich bleibt der Standort Deutschland teuer“, erklärte Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, zur Studie des Wirtschaftsforschungsinstitutes ZEW Mannheim. „Sollte sich der Steuerwettbewerb auf die Einkommensteuer der Mitarbeiter verlagern, haben wir es im Ringen um hoch qualifizierte Fachkräfte künftig noch schwerer“, mahnte Kirchdörfer.

Die Forscher des ZEW um den Steuerexperten Christoph Spengel haben in der 86-seitigen Studie die jüngere Entwicklung im Steuerwettbewerb untersucht. Demnach hat der internationale Steuerwettbewerb in der jüngeren Vergangenheit deutlich an Geschwindigkeit verloren, nachdem er in den 2000er Jahren noch an Fahrt aufgenommen hatte. Dies sei auf internationale Gegenmaßnahmen zurückzuführen. Steuern seien in der Folge aber in der Breite dennoch nicht gesenkt worden. Vielmehr gebe es Tendenzen zu steuerlichen Präferenzregimen, die gezielt auf hochprofitable und hochmobile Aktivitäten zielten, etwa durch Anreize für Forschung & Entwicklung (F&E). Familienunternehmen könnten anders als multinationale Unternehmen wenig von diesen gezielten Instrumenten profitieren. Durch die starke lokale Verwurzelung und den Fokus auf regionale Forschungskooperationen sei der Zugang zu ausländischen Anreizregimen deutlich eingeschränkt. Immerhin begünstige die Forschungszulage hierzulande seit 2020 F&E-Aufwendungen. Einige europäische Nachbarn zeigten sich jedoch deutlich großzügiger.

Gegen Steuergestaltung

Zu den steuerlichen Gegenmaßnahmen zählen die europäische Anti Tax Avoidance Directive (ATAD) zur Eindämmung von Gewinnverlagerung, die neuen Transparenzpflichten aus dem Country-by-Country-Reporting (CbCR) sowie das Zwei-Säulen-Modell der OECD zur Anpassung der Besteuerung an digitale Geschäftsmodelle über eine Neuverteilung der Besteuerungsrechte (Säule1) und die Einführung einer globalen Mindeststeuer (Säule2). Während die Säule1 wegen der hohen Umsatz- und Profitabilitätsschwelle der Studie zufolge nur vier Unternehmen in Deutschland einbezieht, davon zwei Familienunternehmen, trifft die Einführung einer globalen Mindeststeuer – für Unternehmen mit mehr als 750 Mill. Euro konsolidiertem Jahresumsatz – auch zahlreiche Familienunternehmen.

Laut der Studie fallen 307 der 500 größten Familienunternehmen unter diese Regelung. Dies sind 61,4%. Diese Familienunternehmen setzten den Forschern zufolge 2020 durchschnittlich knapp 4,2 Mrd. Euro um. Bei den übrigen Familienunternehmen aus der Liste der Top 500 lag der durchschnittliche Konzernumsatz bei 612 Mill. Euro. Betroffen sind von der globalen Mindeststeuer mit einem Anteil von 52,8% nicht nur Kapitalgesellschaften mit Familieneigentümern, sondern zu 43,6% auch Personengesellschaften (siehe Grafik). Gut die Hälfte der Unternehmen sind im verarbeitenden Gewerbe tätig, fast 30% im Handel.

Mit dem Zwei-Säulen-Modell werde ein Sonderregime für wenige Unternehmen geschaffen, das aber enorm komplex sei, konstatiert das ZEW. Für Thomas Lindner, Gesellschafter und Aufsichtsratsvorsitzender des Familienunternehmens Groz-Beckert KG, trägt das Zwei-Säulen Modell dazu bei, den Steuerwettbewerb einzudämmen. „Doch für die Unternehmen ist damit eine zunehmende Steuerbürokratie verbunden“, beklagt er. Seit Jahren steige die Belastung. „Das Höchststeuerland Deutschland muss die Belastung der Unternehmen durch Steuern und Bürokratie dringend senken – gemäß dem internationalen Trend“, verlangt Lindner. „Sonst werden wir nicht nur als Standort für Investitionen verlieren, sondern auch im Kampf um internationale Fachkräfte.“ Die Studie legt nahe, dass sich der Steuerwettbewerb zur Einkommensteuer hin wandelt. Dies betreffe hochvermögende und hoch qualifizierte Individuen. Um sich steueroptimal aufzustellen, würden Unternehmen Produktionsfaktoren verlagern – neben Kapital auch den immer mobileren Faktor Arbeit. Hochbesteuerte Staaten wie Deutschland könnten sich mit abwandernder Industrie und erhöhtem Fachkräftemangel konfrontiert sehen.

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