Arbeitslosigkeit sinkt im Juni nur leicht

Nahles erwartet Wende am Jobmarkt erst 2026

Die Konjunkturschwäche hält den deutschen Jobmarkt noch länger gefangen: Vor Sommer 2026 wird es nichts mit der Trendwende, heißt es bei der Bundesagentur für Arbeit. Die Maßnahmen der Bundesregierung treffen in Nürnberg auf Wohlwollen.

Nahles erwartet Wende am Jobmarkt erst 2026

Wende am Jobmarkt erst 2026 erwartet

Arbeitslosigkeit in Deutschland hält sich hartnäckig – Bundesagentur benötigt Finanzspritze

ba Frankfurt

Die Trendwende zum Besseren am deutschen Jobmarkt lässt noch mindestens ein Jahr auf sich warten. Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit (BA) rechnet nicht vor Sommer 2026 mit einer Besserung – eher erst im Herbst. „Das ist meine Prognose“, betonte Nahles, vorausgesetzt, die Straße von Hormus werde nicht wegen der internationalen Spannungen gesperrt. Das ganze Maßnahmenpaket der Bundesregierung hätte „wirklich Potenzial, die Konjunktur anzukurbeln“ und würde schon früher greifen, der Arbeitsmarkt laufe aber hinterher.

Konjunkturschwäche zeigt sich

Die Konjunkturschwäche zeigte auch im Juni ihre Spuren: Die Zahl der Arbeitslosen sank um 5.000 auf 2,914 Millionen. Das sind aber 188.000 mehr als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote verharrte bei 6,2%. Experten erwarten, dass in diesem Sommer die 3-Millionen-Schwelle überschritten wird. Vor der Sommerpause sinken die Arbeitslosenzahlen normalerweise im Juni deutlich. Saisonbereinigt ergibt sich in diesem Jahr aber ein Anstieg um 11.000 Personen, die entsprechende Arbeitslosenquote blieb unverändert bei 6,3%.

Finanzspritze des Bundes erwartet

„Wir sehen seit Ende 2022 eine langsam ansteigende Arbeitslosigkeit“, erklärte Nahles. „Das ist nicht durchbrochen. Und wir gehen auch davon aus, dass sich das in den nächsten Monaten noch fortsetzt.“ Die BA werde daher nächstes Jahr erneut ein Darlehen des Bundes benötigen. „Wir rechnen auch für 2026 mit einer Liquiditätshilfe“, so Nahles. Im Etatentwurf der Bundesregierung ist für 2025 ein Darlehen von 2,35 Mrd. Euro eingeplant. Zum Ende des Jahres hätte die BA „wahrscheinlich keine Rücklagen mehr“, für die Jahre 2027/2028 schätzt die Behördenchefin die Lage aber wieder positiv ein.

Äußerst geringe Jobchancen

Mit Blick auf die Hoffnung der Bundesregierung, dass die Kosten für Bürgergeld kurz- bzw. mittelfristig stark zurückgehen, plädiert Nahles „für realistischere Erwartungen“. Nur 13% der Arbeitslosen hätten den Status, sofort vermittlungsfähig zu sein, alle anderen mindestens ein Vermittlungshemmnis. Und derzeit seien die Jobchancen „so gering, wie noch nicht einmal während der Corona-Pandemie“.  In den Haushaltsplanungen des Bundes sind für die Jahre 2026 und 2027 Einsparungen von jährlich 1,5 und 3 Mrd. Euro berücksichtigt. Die geplanten Reformen beim Bürgergeld – etwa schärfere Leistungskürzungen, wenn Termine nicht eingehalten werden – begrüßt die Behördenchefin. Es müsse aber die Entwicklung der Arbeitslosigkeit, die sinkende Zahl offener Stellen und die zurückhaltende Einstellungsbereitschaft berücksichtigt werden.

Vor allem Teilzeitbeschäftigung

Die Arbeitskräftenachfrage war schwach – dies zeigt der Stellenindex BA-X der BA, der bei 100 Punkten stagnierte, sowie der Rückgang der offenen Stellen um 69.000 zum Vorjahr auf 632.000. Frühindikatoren deuteten auf „eine weiter ungünstige Entwicklung hin“, mahnte Nahles. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wachse praktisch nicht mehr. Das Plus von März auf April um saisonbereinigt 1.000 auf 34,91 Millionen beruhte allein auf Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Zwischen den Branchen zeigten sich große Unterschiede, so Nahles. In den meisten Dienstleistungsbranchen wachse die Beschäftigung – aber vor allem in Teilzeit.

„Es ist offensichtlich so, dass Familienpflichten Frauen nach wie vor in Teilzeit binden“, sagt Nahles mit Blick auf die 31% in Teilzeit arbeitenden Frauen, die wegen Betreuungspflichten nicht mehr voll arbeiten können. Nur 5% der Männer hätten diese Hürde. Hier sieht sie großes Potenzial im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Daher brauche es insgesamt eine „gute, stabile, verlässliche Kinderbetreuung – auch über den Kindergarten hinaus“. In der Grundschulzeit breche diese oft ab.

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