OECD rügt Untätigkeit der Politik gegen Demografiefolgen
OECD rügt Untätigkeit der Politik gegen Demografiefolgen
Erheblicher Arbeitskräftemangel und Druck auf die Staatsfinanzen erwartet – Beschäftigungsausblick 2025
lz Frankfurt
Die Arbeitsmärkte im OECD-Raum zeigen sich zwar aktuell in einem recht robusten Zustand, doch in wenigen Jahren werden sie durch die Demografie einem enormen Stresstest unterzogen. Die Bevölkerungsalterung wird „zu einem erheblichen Arbeitskräftemangel und insgesamt zu Druck auf die Staatsfinanzen führen“, warnt OECD-Generalsekretär Mathias Cormann bei der Vorstellung des neuen Beschäftigungsausblicks der Industrieländerorganisation. „Unseren Schätzungen zufolge wird die Bevölkerung im Erwerbsalter im OECD-Raum bis 2060 um 8% zurückgehen und die jährlichen öffentlichen Renten- und Gesundheitsausgaben werden um 3% des BIP steigen.“

Niedrige Arbeitslosenquote
Das ist ein großer Kontrast gegenüber der jüngsten Entwicklung. Seit 2005 sind die Beschäftigungsquoten gestiegen, auf inzwischen 72,1%. Die OECD-weite Arbeitslosenquote, die seit mehr als drei Jahren bei oder unter 5,0% liegt, steht aktuell bei 4,9% und wird sich den Projektionen zufolge auch 2026 auf diesem niedrigen Niveau bewegen. Zugleich stiegen die Reallöhne. Sie sind nach OECD-Angaben aber in etwa der Hälfte der Länder immer noch niedriger als Anfang 2021, unmittelbar vor dem drastischen Inflationsanstieg nach der Pandemie. Gut behauptet hätten sich hierbei vor allem die Löhne von Geringverdienenden, da sich der reale gesetzliche Mindestlohn in fast allen der 30 OECD-Länder, in denen es einen solchen gibt, seither erhöht habe.
30 Prozent weniger Erwerbstätige
Die OECD-Studie geht aber davon aus, dass die Erwerbsbevölkerung bis 2060 in einem Viertel der OECD-Länder um mehr als 30% zurückgehen wird. Der Altenquotient – das Verhältnis der Bevölkerung ab 65 Jahren zur Bevölkerung im Erwerbsalter – hat sich bereits von 19% im Jahr 1980 auf 31% im Jahr 2023 stark erhöht – und dürfte bis 2060 sogar auf 52% steigen.
Ohne entschlossenes politisches Handeln, mahnt die OECD, würde sich das Wachstum pro Kopf im OECD-Raum um rund 40% verlangsamen – von durchschnittlich 1% pro Jahr im Zeitraum 2006 bis 2019 auf 0,6% pro Jahr zwischen 2024 und 2060. In allen außer zwei Ländern würde sich das BIP-Wachstum pro Kopf verringern. Die bisherigen Aktivitäten der Länder, um sich gegen diese Entwicklung zu stellen, hält die OECD für ungenügend und fordert diesbezüglich mehr Engagement vor allem in Italien und Polen.
Anreize für Ältere
Um die Beschäftigungschancen älterer Arbeitskräfte zu verbessern, müsse das nicht ausgeschöpfte Arbeitsmarktpotenzial von Frauen und jungen Menschen besser genutzt und das Produktivitätswachstum gestärkt werden. Zu letzterem verhilft womöglich auch die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz, die bisher eher als Jobvernichtungsmaschine angesehen wird. In sie setzt man nun große Hoffnungen, die Fachkräfteknappheit zu lindern, schreibt die OECD. Außerdem müssten ältere Arbeitnehmer durch Weiterbildung zur Adaption neuer Technologien befähigt und durch Anreize zu einem späteren Rentenbeginn animiert werden.