Globale Konjunktur

Sorgen um Chinas Wirtschaft nehmen weiter zu

Nach einer ersten positiven Wachstumsüberraschung macht sich inzwischen große Enttäuschung wegen Chinas Wirtschaftsperspektiven breit. Die Aussichten trüben sich weiter ein und der Aktienmarkt geht in die Knie.

Sorgen um Chinas Wirtschaft nehmen weiter zu

Einen Tag nach Beendigung des großen chinesischen Parteitages mit weiterer Machtstärkung des Präsidenten Xi Jinping kommt es zu einem heftigen Rückschlag an Chinas Aktienmärkten. Grund sind die geringen Aussichten auf eine marktfreundlichere Wirtschaftspolitik und auf eine Lockerung der Corona-Restriktionen. Auch am Montag verspätet nachgereichte Wirtschaftsdaten, darunter ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von 3,9% im dritten Quartal, geben den Marktteilnehmern wenig Anlass für Optimismus.

Chinas politische Weichenstellungen nach dem großen Parteikongress treffen im Verbund mit neuen Wirtschaftsdaten zur Wachstumsentwicklung im dritten Quartal sowie zu Industrieproduktion, Einzelhandelskonsum und Außenhandel im September auf ein vernichtendes Urteil an den Märkten. Am Montag brach Leitindex an der Hongkonger Börse um 6,4 % ein, der größte Tagesverlust seit 14 Jahren. Er steht nun auf dem niedrigsten Niveau seit der globalen Finanzkrise von 2008. Auf dem Festland verlor der Blue-Chip-Index CSI 300 fast 3% während der seit Wochen stark unter Druck stehende chinesische Währung ein neues Tief bei 7,26 Yuan je Dollar auslotet.

Am Montag hat das Pekinger Statistikbüro die für vergangene Woche vorgesehen aber aus politischen Gründen während der Dauer des Parteikongresses zurückgehaltenen Wirtschaftsdaten veröffentlicht und die Sorgen der Marktteilnehmer über zunehmend trübe Wirtschaftsperspektiven der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft damit weiter geschürt.

Wirtschaftsvertrauen stark beschädigt

Zwar ist Chinas Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal mit einem Anstieg von 3,9% gegenüber der Vorjahresperiode sogar etwas stärker gewachsen, als von den Analysten erwartet, aber dennoch sieht man deutlich, dass sich Chinas Wirtschaft von der Bremswirkung durch immer wieder neue Corona-Restriktionen nicht zu lösen vermag, und das Konsum- und Investitionsvertrauen schweren Schaden nimmt.

Sorgenkind Konsum

Wie die neuen Wirtschaftsleistungsdaten für September zeigen, wird der Konsum immer mehr zum Sorgenkind. Zuletzt sind die sind die Umsätze im Einzelhandel nur noch um 2,5% gegenüber Vorjahresmonat gewachsen. Davor im August hatte man noch bei 5,4% gelegen. Damit schwinden auch wieder die Hoffnungen, dass Chinas Verbraucher die von Lockdown-Maßnahmen und einem schwächeren Arbeitsmarkt herrührende allgemeine Zurückhaltung überwunden haben und die Konsumnachfrage wieder zu gewohnten Wachstumsraten jenseits von 6% zurückzukehren vermag.

Industrie steht besser da

Besser sieht es auf Ebene der Industrieproduktion aus. So ist der Output im Verarbeitenden Gewerbe im September mit +6,3% stärker angezogen als zuvor im August mit 4,2%, wobei vor allem der Automobilsektor kräftig zur Belebung beigetragen hat. Allerdings ist zu befürchten, dass Chinas Exportindustrie von einer manifesten globalen Nachfrageschwäche sukzessive stärker in Mitleidenschaft gezogen wird und ihre Zugkraft als wesentlicher Wachstumstreiber einbüßt.

Exporte bröckeln an

Die am Montag um zehn Tage verspätet nachgereichten Außenhandelsdaten zeigen, dass Chinas Exportstärke abzubröckeln beginnt. Im September steigen die Ausfuhren gegenüber Vorjahresmonat in Dollar gerechnet zwar noch um 5,7%, dennoch sieht man eine starke Entschleunigung nach den kräftigen zweistelligen Zuwachsraten in den ersten sieben Monaten des Jahres. Als besorgniserregend gilt dabei vor allem die starke Eintrübung des Warenverkehrs mit den USA, Großbritannien sowie führenden EU-Ländern. Dies dürfte in den kommenden Monaten die noch intakte Wachstumsstory im chinesischen Handel mit südostasiatischen Ländern und den stark gesteigerten Handel mit Russland überlagern. Auf der Einfuhrseite wiederum macht sich die insgesamt schwache Konjunktur und gedrosselte Binnennachfrage bemerkbar und lässt die Importe nur noch geringfügig vorankommen, zuletzt im September lag man in Dollar gerechnet bei +0,3%.

Schwachstelle Immobilienmarkt

Auch vom chinesischen Wohnimmobilienmarkt her kommen keine Signale, die eine Überwindung der von einer Verschuldungskrise bei privaten Bauträgern herrührenden Schwächephase anzeigen. Die Durchschnittspreise für neu erstellte Wohnungen in Chinas wichtigsten Ballungsgebieten zeigen zum dreizehnten Monat in Folge leicht nach unten, während die Wohnungsverkäufe gegenüber Vorjahr stark zurück hinken. Nach einem erneut schwachen September landet man für die ersten neun Monate bei einem Rückgang der Verkaufsaktivität um 38% gegenüber Vorjahr.

Wachstumsziel weit entfernt

Analysten sehen aufgrund der jüngsten Daten keine Anzeichen für die von Peking seit Monaten versprochene überzeugende und nachhaltige konjunkturelle Aufschwungsbewegung mit der China auch nur annähernd auf gewohnte Wachstumsraten nahe bei 6% zurückehren könnte. Im Vergleich zum zweiten Quartal, als das chinesische BIP-Wachstum wegen der verheerenden Auswirkung des zweimonatigen harten Lockdown in Schanghai und Restriktionen in zahlreichen anderen Großstädten auf 0,4% zusammengeschrumpft war, ist natürlich eine Erholung gegeben, aber noch lange keine Rückkehr zu einem „Normalwachstum“ auf Höhe des offiziellen diesjährigen Wachstumsziels bei 5,5% gegeben. In den ersten neun Monaten ist Chinas Wirtschaft nun um 3% gegenüber Vorjahr gewachsen. Bei den Analysten rechnet man auch für das Schlussquartal nur mit einer Drei vor dem Komma, allein schon weil die die Aussichten auf eine wirtschaftsschonende Aufweichung der rigiden „Corona-Nulltoleranzpolitik“ als gering eingeschätzt werden.