Umfragetief

Suga-Abschied schürt Hoffnung auf Konjunkturhilfe

Der Rückhalt für Suga in der Bevölkerung schwindet seit einiger Zeit. Nun will der 72-Jährige nicht weitermachen. Die Börse erwartet vom Nachfolger ein großes Konjunkturpaket um die Parlamentswahl im November zu gewinnen.

Suga-Abschied schürt Hoffnung auf Konjunkturhilfe

mf Tokio

In Japan wechselt Ende September der Premierminister. Der 72-jährige Amtsinhaber Yoshihide Suga verzichtet überraschend auf eine Wiederwahl als Vorsitzender der regierenden Liberaldemokraten (LDP) und verliert in der Folge auch das Amt des Regierungschefs. Denn der LDP-Vorsitzende wird in Japan quasi automatisch auch Premierminister, da die Partei das Parlament kontrolliert. Die LDP will ihren neuen Chef am 29. September wählen. Ein klarer Favorit zeichnet sich noch nicht ab.

Die japanische Börse reagierte auf die Nachricht positiv. Der marktbreite Topix kletterte auf ein 30-Jahres-Hoch, der Nikkei 225 legte um 2,0% zu. Viele Anleger ignorierten die Gefahr, dass Japan droht, zu der instabilen Zeit zwischen 2006 und 2012 zurückkehrt, als der Regierungschef fast jährlich wechselte. Stattdessen setzen sie darauf, dass der Nachfolger von Suga ein großes Konjunkturpaket gegen die Folgen der Pandemie schnüren wird. Ex-Außenminister Fumio Kishida hatte diesen Vorschlag bereits vergangene Woche gemacht, als er seine Kandidatur für den LDP-Vorsitz ankündigte. Aber egal wer neuer Chef der Regierungspartei und damit Premier wird – dieser Politiker wird vor der Parlamentswahl, die dem Wahlgesetz entsprechend bis 30. November stattfinden muss, einen Aufschwung versprechen und dafür eine dicke Stimulus-Spritze setzen.

Yoshihide Suga begründete seinen De-facto-Rücktritt vom Parteivorsitz damit, dass die Eindämmung der Pandemie ihm wichtiger sei als der Kampf um die Parteiführung. Die wahren Gründe dürften aber woanders liegen: Laut Umfragen stehen weniger als 30% der Wähler hinter ihm. Solche Werte bedeuten in Japan meist das Aus für einen Regierungschef. Doch im Fall von Suga verschärfte die anstehende Parlamentswahl die Dringlichkeit eines Wechsels. Die LDP dürfte die Parlamentswahl wegen der schwachen Opposition zwar gewinnen, aber bei einem unpopulären Parteichef drohen ihr größere Stimmenverluste. Daher fürchteten viele LDP-Abgeordnete um ihren Parlamentssitz.

Suga hatte die Austragung der Olympischen Sommerspiele gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit durchgesetzt. Doch sein Kalkül, dass der Medaillenregen für japanische Athleten ihm einen Popularitätsschub verleihen und das Weiterregieren ermöglichen würde, ging nicht auf. Denn parallel zu den Sommerspielen erzeugte die Delta-Variante des Coronavirus die bisher stärkste Infektionswelle. Darauf hatte seine Regierung das Gesundheitswesen jedoch nicht vorbereitet. Viele Patienten bekamen kein Bett mehr, was bei den Japanern Ängste schürte. Die Geschichte einer hochschwangeren Corona-Patientin die ihr Baby verlor, weil kein Krankenhaus sie aufnehmen konnte, sorgte für viel Aufregung. Zudem begann Japans Impfkampagne viel später als in westlichen Ländern. Insgesamt machte Suga, der seinem Vorgänger Shinzo Abe als Kabinettssekretär diente, auf viele keinen kompetenten Eindruck.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.