Welthandelsorganisation

Und die WTO liefert doch

Ihr Gipfeltreffen musste die Welthandelsorganisation kurzfristig verschieben. Ein Vertrag für die einfachere Zulassung ausländischer Dienstleister kommt dennoch zum Abschluss. Das freut nicht nur die WTO-Chefin.

Und die WTO liefert doch

rec Frankfurt

WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala erfreute sich an einem „aufregenden und fantastischen Moment“. Der Chef der Internationalen Handelskammer (ICC), Crispin Conroy, lobte ein „bedeutsames und positives Ergebnis für die Wirtschaft“. Und der führende Handelspolitiker des EU-Parlaments, der SPD-Abgeordnete Bernd Lange, zeigte sich erfreut, dass Fortschritte bisweilen auch ohne den Konsens sämtlicher 164 WTO-Mitglieder möglich sind: Die Europäische Union und 66 weitere Staaten haben sich am Donnerstag auf umfassende Regeln über die Zulassung ausländischer Dienstleister geeinigt.

Die Übereinkunft, die gut 90% des Welthandels mit Dienstleistungen abdeckt, wird Unternehmen ge­schätzt 150 Mrd. Dollar Kosten pro Jahr sparen. Vor allem kleinere und mittelgroße Firmen profitieren, weil die Reform die häufig komplexen Verwaltungsverfahren strafft. Mit der Vereinbarung verpflichten sich die Länder zu transparenten Vorschriften und zügiger Bearbeitung von Zulassungsanträgen von Dienstleistern aus dem Ausland. Sie solle vor allem Anbietern in den Bereichen Transport, Finanz und Kommunikation zugutekommen, sagte WTO-Chefin Okonjo-Iweala.

Die Nigerianerin sieht in dem Abschluss des Dienstleistungspaktes ein Zeichen für die Funktionsfähigkeit der WTO, die seit Jahren in einer tiefen Krise steckt: „Die WTO liefert.“ Das Abkommen sollte eigentlich auf der für die abgelaufene Woche anberaumten Ministerkonferenz besiegelt werden. Die Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus zwang die WTO allerdings, ihr Gipfeltreffen kurzfristig zu verschieben. Ein neues Datum steht noch nicht. Das WTO-Sekretariat hat die erste Märzwoche vorgeschlagen. Über den Termin gehen die Meinungen unter den Mitgliedern auseinander.

Trotz der Absage laufen die Arbeiten an etlichen wichtigen Vorhaben weiter – mit unterschiedlichen Er­folgsaussichten. WTO-Chefin Okonjo-Iweala nahm die Mitgliedstaaten in die Pflicht, bis Ende Februar Verhandlungsergebnisse für eine bessere Verteilung von Impfstoffen gegen das Coronavirus und für ein Fischerei-Abkommen vorzulegen. Die Handelsminister der einzelnen Regierungen sollen dann jeweils nur noch Details klären und abstimmen.

Im Bestreben, Subventionen in der Fischerei-Industrie abzubauen, um die Bestände in den stark überfischten Weltmeeren zu schützen, hat es in den letzten Monaten entscheidende Fortschritte gegeben. Anders stellt sich die Situation beim Thema Impfstoffe dar: Während beim Abbau von Handelsschranken, Zöllen und anderen Exportbarrieren für medizinische Produkte grundsätzlich Einigkeit besteht, ist der Umgang mit dem Schutz des geistigen Eigentums für Impfstoffe nach wie vor umstritten. Eine von Indien und Südafrika angeführte und von den USA unterstützte Gruppe von Schwellen- und Entwicklungsländern fordert eine mehrjährige Patentfreigabe. Geht es nach der EU-Kommission, sollen Impfstoffhersteller hingegen mehr Produktionslizenzen vergeben. Sie müssten dann entschädigt werden.