ZEW-Index springt unerwartet kräftig nach oben
ZEW-Index springt kräftig nach oben
Guter Jahresstart, Investitionsbooster und Niedrigzinsen schüren Zuversicht der Finanzmarktexperten
Die jüngsten positiven Konjunktursignale für die Wirtschaft in Deutschland und im Euroraum heizen die Stimmung der Finanzmarktexperten kräftig an. Die ZEW-Umfrage zeigt Zuversicht in allen Belangen. Allerdings, so mahnen Ökonomen, gibt es Rückschlagpotential, allen voran durch den Israel-Iran-Konflikt.
ba Frankfurt
Der Optimismus kehrt mit den positiv ausfallenden Konjunkturdaten und sinkenden Zinsen zurück: Im Juni blicken Finanzmarktexperten unerwartet entspannt auf die Wirtschaft in Deutschland und im Euroraum. Selbst die Vereinigten Staaten und China erscheinen ihnen in positiverem Licht, wie die monatliche Umfrage des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigt. Volkswirte warnen allerdings vor einer gewissen Rückschlaggefahr, da die militärische Eskalation im Nahen Osten noch nicht in Gänze in der Umfrage abgebildet ist.
Deutlicher Sprung
Das ZEW-Barometer für die Konjunkturaussichten in den kommenden sechs Monaten sprang im Juni um 22,3 auf 47,5 Punkte. Ökonomen hatten zwar einen weiteren deutlichen Zuwachs erwartet, aber nur einen Zählerstand von 35,0 prognostiziert. „Das Stimmungsbild hellt sich weiter auf“, kommentiert ZEW-Präsident Achim Wambach, die Einschätzung der 200 Analysten und institutionellen Anleger. Ursächlich für die „erneut spürbare Verbesserung“ seien die zuletzt gestiegenen Investitionen und die Konsumnachfrage. Diese hatten dafür gesorgt, dass das BIP mit 0,4% zu Jahresbeginn unerwartet kräftig zugelegt hatte. Allerdings beruht das Quartalsergebnis auch auf einem Vorzieheffekt, denn US-Firmen haben sich in Erwartung steigender Importzölle noch mit Waren eingedeckt. Dieser Effekt läuft aber aus.

Zudem, so Wambach weiter, „scheint sich die Einschätzung zu bekräftigen, dass die angekündigten finanzpolitischen Maßnahmen der neuen Bundesregierung der Wirtschaft positive Impulse geben“. Dies könnte zusammen mit den jüngsten Zinssenkungen der EZB die knapp dreijährige wirtschaftliche Stagnation in der Bundesrepublik zu Ende bringen. Der „Investitionsbooster“ der Bundesregierung dürfte sich allerdings erst ab dem kommenden Jahr bemerkbar machen.
Stärkstes Plus seit April 2023
„Die Stimmung geht durch die Decke, endlich mal richtig gute Konjunkturnachrichten“, so das Resümee von Alexander Krüger, Chefvolkswirt bei der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Der Erwartungsanstieg zeige, dass mit Deals statt eines Handelskrieges gerechnet wird. Positiv sei auch, dass die aktuelle Lagebeurteilung endlich beginnt, das tiefe Tal zu verlassen. Der Indikator kletterte um 10,0 auf minus 72,0 Punkte. Ökonomen wurden von dem stärksten Anstieg seit April 2023 überrascht − sie hatten einen Zuwachs auf minus 75,0 Zähler vorausgesagt. „Jedoch ist dies nach wie vor der niedrigste Wert unter den analysierten Ländern und der Eurozone“, betonten die Mannheimer Forscher.
Israel-Iran-Konflikt schürt Sorgen
„In Anbetracht der vielfältigen Krisenherde ist gewisse Skepsis natürlich angebracht“, mahnt auch Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Der Konflikt in Nahost lasse den Ölpreis steigen und Damoklesschwert bleibe eine Blockade der Straße von Hormus. Zudem bereite die vorzeitige Abreise von US-Präsident Donald Trump vom G7-Gipfel an den Finanzmärkten noch Sorgen. „Und die Handelskonflikte mit den USA sind ebenfalls noch ein potenzielles konjunkturelles Störfeuer.“
„Der Israel-Iran-Konflikt dürfte aber noch eher unzureichend in der Befragung enthalten sein“, erklärt Krüger. Das Stimmungsbild dürfte der Israel-Iran-Konflikt nur dann ändern, wenn er nicht regional begrenzt bliebe. Bis jetzt hätten die Finanzmärkte sehr moderat auf die erneute geopolitische Zuspitzung reagiert, ergänzt Christian Lips von der NordLB. Denn der Angriff Israels sei angesichts der stockenden Verhandlungen um das iranische Atomprogramm wenig überraschend gewesen und bislang regional sowie hinsichtlich des Ausmaßes der Aktionen begrenzt. „Die Zeichen für einen konjunkturellen Wendepunkt verdichten sich.“
Zuversicht zeigt sich in den Prognosen
Diese Ansicht verbreitet sich: In der vergangenen Woche haben etliche Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognosen kräftig angehoben. Im Mittel erwarten sie für das laufende Jahr ein Wachstum von 0,3%. Kommendes Jahr soll es sich beschleunigen − die Bandbreite der Voraussagen liegt hier zwischen 1,1% und 1,7%. Damit wird sich Deutschland nicht mehr unbedingt als Bremsklotz im Euroraum erweisen: Die EU-Kommission erwartet für den gemeinsamen Währungsraum Raten von 0,9% und 1,4% für dieses und kommendes Jahr.
Die Konjunkturerwartungen für die Euro-Wirtschaft haben sich laut ZEW gleichfalls „substanziell verbessert“. Das Barometer kletterte um 23,7 auf 35,3 Punkte. Die Lagekomponente stieg um 11,7 auf minus 30,7 Punkte.