Brücke oder KrückeMade for Germany

Amerika macht Schule

Die Initiative „Made for Germany“ folgt in befremdlicher Weise dem Beispiel Amerikas, vor allem in der Kunst der fortgeschrittenen Augenwischerei.

Amerika macht Schule

America First
macht Schule

Bei dem Ausmaß von Abscheu und Empörung, die Trumps „America First“-Doktrin rund um den Globus ausgelöst hat, möchte man sich die Augen reiben, wenn man sieht, wie ihr Beispiel mitunter Schule macht. Aufbruchstimmung entsteht demnach vorzugsweise, indem eine nationale Managerelite den Staats- und Regierungschef umkreist wie die Motten das Licht und dabei ein paar 100 Fantastillarden auf den Tisch legt, die der eigenen Wirtschaft jenen Schwung verleihen sollen, der ihr bisher noch fehlte.

PR-Drehbuch kopiert

Nachdem die US-Tech-Avantgarde zu Trumps Amtsantritt ein 500 Mrd.-Dollar-Wahlgeschenk mit geplanten Infrastrukturinvestitionen für den amerikanischen KI-Traum mitgebracht hatte, folgte kurz danach ein Defilee von Unternehmern und Investoren im Elysée-Palast. Ebenfalls mit ein paar Milliardenschecks im Gepäck. Mit einiger Verzögerung kopiert nun auch das deutsche Top-Management das PR-Drehbuch der anderen. Die Initiative „Made for Germany“ von Sewing, Busch und Co verspricht Milliarden, die dem Kanzler schmeicheln und den Standort stärken sollen.

Besser eine Lehre ziehen

Die „Investitionsallianz“, die ihre Zusagen als Vertrauensvorschuss an die neue Bundesregierung mit Blick auf den Reformeifer verstanden wissen will, zählt allerdings zunächst kaum mehr als ohnehin geplante Ausgaben zusammen. Das ist auch besser so. Denn hier sollte Amerika eine Lehre sein. Schließlich hat der US-Präsident unbeeindruckt von Big Techs Charmeoffensive mit seiner Zollorgie Lieferketten und Absatzmärkte von Apple und Nvidia aufgemischt und die Geschäftsbasis der führenden Hyperscaler Amazon, Microsoft und Google einer globalen Misstrauenswelle ausgesetzt. Unterdessen warten die Unternehmen auf die Erfüllung von Deregulierungsversprechen, die Trump in Summe kaum halten kann, weil zumindest an dieser Stelle nicht die ganze Welt seinem Einfluss unterliegt.

Nur Reförmchen

Auch hierzulande wird nicht klar, wohin die Charmeoffensive der Unternehmer eigentlich führen soll. Viele der geforderten Reformen wie die Neuausrichtung der Sozialsysteme, ein umfassender Bürokratieabbau und eine spürbare Steuerentlastung haben den Charakter von Jahrhundertprojekten, bei denen die Politik in der laufenden Legislaturperiode bisher allenfalls Reförmchen auf den Weg gebracht hat.

Wenn Amerika derzeit mit etwas Schule macht, dann mit der Kunst der fortgeschrittenen Augenwischerei.

Von Heidi Rohde

Made for Germany

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