KommentarNovo Nordisk

Aus Schaden wird man klug

Abnehmspritzen sind ein absoluter Wachstumsmarkt. Der dänische Pionier Novo Nordisk muss an der Börse derzeit trotzdem kräftig Federn lassen. Grund sind Fehlannahmen zu Beginn des Booms. Und neue Konkurrenten, die daraus gelernt haben.

Aus Schaden wird man klug

Novo Nordisk

Aus Schaden
wird man klug

Von Karolin Rothbart

Der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk hat die Mechanismen auf dem wichtigsten Markt für Abnehmmedikamente falsch eingeschätzt – und zahlt dafür einen hohen Preis. An einem einzigen Tag wurden 60 Mrd. Euro Börsenwert ausradiert, nachdem das Unternehmen seinen Ausblick zum zweiten Mal in diesem Jahr senken musste. Grund ist nicht etwa eine sinkende Nachfrage nach Mitteln gegen Diabetes oder Fettleibigkeit. Dieser Markt wächst unter anderem wegen Überernährung, Bewegungsmangel und genetischen Ursachen von ganz allein. Bei Morgan Stanley rechnet man für 2035 mit einem weltweiten Volumen von 150 Mrd. Dollar. 2024 waren es noch rund 15 Mrd. Dollar.

Nein, Grund ist, dass Novo Nordisk als First Mover in den USA – die zuletzt 80% zur globalen Nachfrage beigesteuert haben – Fehler gemacht hat, aus denen andere jetzt lernen. 2017 hatten die Dänen als erstes von der US-Arzneimittelbehörde eine Zulassung für ihr Diabetes-Mittel Ozempic erhalten. Vier Jahre später folgte die Abnehm-Spritze Wegovy. Der Ansturm auf die Mittel war gewaltig und bescherte Novo Nordisk einen Kursanstieg, der den Konzern zeitweise an die Spitze der wertvollsten Unternehmen Europas beförderte. 615 Mrd. Dollar brachte er im Sommer vergangenen Jahres auf die Waage.

US-Nachfrage unterschätzt

Zu dem Zeitpunkt dürfte klar gewesen sein, dass der Höhenflug nicht ewig anhält. Das Konkurrenzprodukt Zepbound von Eli Lilly war bereits auf dem Markt, genauso wie günstigere Nachahmer-Medikamente, die die FDA wegen anfänglicher Lieferprobleme ebenfalls genehmigt hatte. Unter anderem Novo hatte nämlich die US-Nachfrage – speziell durch Selbstzahler – schlicht unterschätzt. Noch dazu haben sich die Dänen aus Sicht von Analysten mit dem American Way of Marketing schwer getan.

Der Konkurrenz ist das nicht entgangen. Unter anderem Roche und AstraZeneca, die mittlerweile auch im Geschäft mit Abnehm-Medikamenten aktiv sind, haben jüngst Milliardeninvestitionen für den Ausbau ihrer US-Kapazitäten angekündigt. Keineswegs folgten diese Entscheidungen aus bloßer Angst vor Donald Trump.