LeitartikelBank-Dividenden

Banken brauchen Spielraum

Die europäischen Banken lassen ihre Aktionäre an den steigenden Zinseinnahmen teilhaben. Dafür gibt es gute Argumente. Das Versprechen dauerhaft hoher Ausschüttungsquoten ist jedoch riskant.

Banken brauchen Spielraum

Bank-Dividenden

Keine Automatismen, bitte!

Banken haben gute Argumente, ihre Schatullen zu öffnen. Fixe Ausschüttungsquoten versprechen sollten sie nicht.

Von Anna Sleegers

Unsichere Konjunkturaussichten, Preisverfall an den Immobilienmärkten und undeutliche geldpolitische Signale – die Aussichten für die europäischen Großbanken sind durchwachsen. Trotzdem überbieten sie sich von Barclays über Unicredit bis zum Banco Santander derzeit mit umfangreichen Kapitalrückgabeplänen. Auch die hiesigen Institute machen mit: Sowohl die Deutsche Bank als auch die Commerzbank wollen ihre Aktionäre in den kommenden Jahren mit üppigen Dividenden und Rückkaufprogrammen verwöhnen.

In der größtenteils noch immer wenig aktienaffinen Bevölkerung dürfte das nur mäßig gut ankommen. Ausschüttungen von Kreditinstituten werden hierzulande besonders kritisch beäugt. Und das aus gutem Grund: Die große Finanzkrise von 2008 hat deutlich gemacht, dass Banken keine Unternehmen wie alle anderen sind. Werden sie von ihrem Management gegen die Wand gefahren, kann man sie nicht einfach pleitegehen lassen, ohne tiefgreifende volkswirtschaftliche Schäden zu riskieren. Diese Erkenntnis hat die Steuerzahler Milliarden gekostet.

Immobilienkrisen sind zäh wie Kaugummi

Vor dem Hintergrund des Bankenbebens im vergangenen Jahr, des Benko-Schocks und der Ansteckungsgefahr durch die Krise der US-Gewerbeimmobilien für die hiesigen Institute ist das Misstrauen nachvollziehbar. Immobilienkrisen sind immer auch Bankenkrisen – und sie haben die unangenehme Eigenschaft, sich wie Kaugummi zu ziehen.

Aber wir leben nicht mehr im Jahr 2008. Die Banken sind heute weit besser kapitalisiert als vor der Finanzkrise. Die Zeiten, in denen ein Josef Ackermann laut über eine nur mit dem ganz großen Hebel zu erreichende Eigenkapitalrendite von 25% nachdachte und damit den Druck auf die Kollegen in den benachbarten Banktürmen erhöhte, sind lange vorbei.

Beispiellos strenge Regulierung

Denn damit Regierungen am besten nie wieder ihre Banken retten müssen, um die finanzielle Kernschmelze zu verhindern, ist die Branche so streng reguliert worden wie kaum eine andere. Banken sind heute nicht nur viel besser kapitalisiert, sondern können bestimmte Geschäfte gar nicht mehr betreiben, weil die Kapitalanforderungen schlicht zu hoch sind. Ob dies ausreicht, um die Welt vor neuen Finanzkrisen zu schützen, steht auf einem anderen Blatt. Vielleicht sind die riskanteren Geschäfte auch schlicht in weniger regulierte Segmente der Finanzbranche abgewandert, die irgendwann die nächste Krise generieren.

Die Banken hingegen haben aufgrund der regulatorischen Eingriffe nicht nur ihre Geschäftsmodelle umbauen müssen. Der Versuch, sie zu zähmen, hat auch ihre Attraktivität für Investoren in Mitleidenschaft gezogen. Das ist nur folgerichtig, denn Rendite korreliert nun mal mit Risiko. Der Markt scheint sich daran gewöhnt zu haben, dass selbst hochprofitable Banken ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von unter 1 aufweisen. In anderen Branchen gilt dies als handfester Misstrauensbeweis gegen das Management.

Aktionäre müssen am Erfolg teilhaben

Die Banken haben sehr wenig dagegen in der Hand. Natürlich können und sollen sie Kosten sparen, was gerade die europäischen Banken in den vergangenen Jahren auch mit einigem Erfolg getan haben. Sie können versuchen, neue Geschäftsfelder zu entwickeln, um eine bessere Balance zwischen Zins- und Provisionseinnahmen zu finden. Um sich die Gunst der Investoren zu sichern, werden sie ihre Aktionäre aber auch an ihrem Geschäftserfolg teilhaben lassen müssen.

Nachdem die steigenden Zinsen den meisten hiesigen Banken Rekordergebnisse beschert haben, sind höhere Kapitalrückgabequoten daher völlig in Ordnung – vorausgesetzt, die Institute schätzen ihre eigene Situation realistisch ein. Kritisch zu sehen sind dagegen allzu fixe Festlegungen für die Zukunft. Diese mögen den Investoren schmecken. Indem sie mit Ausschüttungsverpflichtungen Automatismen kreieren, riskieren die Banken jedoch die Einmischung der Aufsicht. Taucht der nächste schwarze Schwan auf, droht womöglich ein Ausschüttungsverbot wie in der Pandemie.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.